MargeritenEngel (German Edition)
sondern nahm den ganzen Blumeneimer mit. Mein Arm tat weh, als ich zu Hause ankam. So eine große Vase hatten wir gar nicht. Ich nahm den Wischeimer und stellte ihn mitsamt den Blumen neben mein Bett. Es beruhigte mich, mit den Fingern über die Blüten zu streicheln. Es sind die schönsten Blumen der Welt!
Kevin wollte mir nicht glauben, dass ich sie allein gekauft habe. Er hat mich beschimpft. In diesem Moment wurde mir zum ersten Mal so richtig bewusst, dass wir uns nicht vertrauen. Dann flippte er aus, weil ich so viel Geld für Blumen ausgegeben hatte, die seiner Meinung nach weder besonders schön sind, noch eine tiefere Bedeutung haben.
Ich weiß, dass rote Rosen das Symbol der Liebe sind. Ein Symbol, das wahrscheinlich nahezu jeder auf der Welt versteht. Auf so etwas legt Kevin viel wert. Es ist wichtig, was die Leute sagen, wie wir auf sie wirken. Er zeigt gern, was für ein perfektes Paar wir sind. Auch wenn die Realität gar nicht so perfekt ist.
Ich würde mir viel lieber ein persönliches Symbol wünschen. Etwas, das nur uns beiden wichtig ist. Einen Strauß Margeriten, weil ich sie mag, egal, wie andere sie finden.
Der Hund kommt im Film angerannt. Meg Ryan stellt fest, dass da der Mann kommt, den sie sich erhofft hat. Ich spüre einen Kloß im Hals und wünsche mir, dass es auch einmal so ist. Ich wünsche mir diese kitschige Liebe wie im Film. Mit einem Happy End, das erst der Anfang ist. Verstohlen schiebe ich mir einen letzten Keks in den Mund.
***
Der Cappuccino ist ausgetrunken, der Film zu Ende und Kevin ist noch immer nicht da. Ich rolle mich vom Sofa und überlege, welchen Film ich mir als Nächstes angucken könnte. Während meine Augen das Regal absuchen, kann ich es nicht lassen, mit meinen Fingern über die Oberfläche zu wischen. Alles sauber. Ich habe ganze Arbeit geleistet, dabei mag ich Staubwischen gar nicht. Das kommt gleich nach Abwaschen und Fußboden wischen.
Wieso bin ich eigentlich allein für diesen ganzen Haushaltskram zuständig? Wir leben doch zusammen in dieser Wohnung. Gibt es irgendwo eine Regel, die besagt: Wer den Arsch hinhält, muss auch putzen?
Noch ehe ich einen zweiten Film ausgesucht habe, höre ich Geräusche im Flur. Die Tür geht auf, mein Puls erhöht sich. Ich stürme in den Flur und kämpfe mit meiner Wut.
»Wo warst du denn die ganze Zeit…« Jedes weitere Wort bleibt mir im Hals stecken. Kevin ist nicht allein.
»Engelchen!«, ruft Kevin und kommt auf mich zu. Er küsst mich. Nein, er knutscht mich zu Boden. Ich muss mich an ihm festhalten, damit ich nicht das Gleichgewicht verliere.
»Ich habe Besuch mitgebracht«, murmelt er gegen meine Lippen, ohne den Kuss zu unterbrechen.
Ich sollte wütend sein, aber bei dem, was seine Zunge in meinem Mund macht, kann ich das nicht. Er kann so gut küssen. Ich genieße seine weichen Lippen, während seine Hände meinen Po massieren.
Kevins Handeln bleibt nicht ohne Wirkung. Ich spüre, wie es in meiner Hose eng wird, wie mein Penis zum Leben erwacht. Kein guter Moment, wenn ein mir unbekannter Kerl neben uns im Flur steht.
Mit etwas Mühe schiebe ich Kevin ein Stück weg und sehe über seine Schulter in ein fremdes Gesicht. Das erste, was mir auffällt, sind dunkelblaue Augen. Vielleicht wirken sie auch nur so blau, durch die fast schwarzen Haare und das leicht gebräunte Gesicht. Er sieht ein bisschen dicklich aus, mit dem grau-hellblau gestreiften Hoodie und der weiten Jeans.
Ich schaue erneut in sein Gesicht. Er lächelt mich an. Seine Augen strahlen regelrecht. Ein merkwürdiges Kribbeln auf der Haut bringt mich dazu, verschämt wegzusehen.
»Engelchen, das ist mein alter Kumpel Rik!«, sagt Kevin, dreht sich um, legt mir den Arm auf die Schulter und schiebt mich ein Stück nach vorn.
»Rik, das ist er: Der Mann meiner Träume… der süßeste Engel überhaupt…«
Ich werde rot, das Blut rauscht in den Ohren. Ich hasse es, wenn Kevin mich so vorstellt, das ist mir peinlich.
Rik kommt auf mich zu und reicht mir die Hand. »Hey, freut mich, dich kennenzulernen. Kevin hat schon viel von dir erzählt.« Sein Lächeln wird noch ein wenig breiter.
Ich ergreife seine Hand. Rik hat einen festen Druck. Ich spüre erneut dieses Kribbeln und ziehe meine Hand weg.
»Freut mich auch«, erwidere ich und fühle mich seltsam unruhig. »Ich dachte, er sollte erst heute Abend ankommen«, wende ich mich an Kevin. Sein gleichgültiges Schulterzucken erinnert mich daran, dass ich eigentlich wütend auf
Weitere Kostenlose Bücher