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MargeritenEngel (German Edition)

MargeritenEngel (German Edition)

Titel: MargeritenEngel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karo Stein
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tut.
    »Was hast du vor?«, fragt er leise.
    »Ich weiß es nicht, aber ich will dich jetzt nicht sehen. Bitte akzeptier das. Wir… wir können morgen darüber reden.« Ich gebe das Telefon an Rik zurück. Es brennt in meinem Inneren, Tränen steigen mir in die Augen. Unwirsch wische ich sie weg. Ich will jetzt nicht heulen.
    Angestrengt sehe ich aus dem Fenster, blende die Welt aus und höre vor allem nicht, was Rik zu Kevin sagt. Erst als er seufzend das Handy in das Fach zwischen den Sitzen legt und dabei mein Bein berührt, erwache ich aus meiner Starre. Ich sehe ihn an. Er erwidert meinen Blick, lächelt. Seine Hand streicht über meine Wange. Ich schließe die Augen und genieße die kurze Berührung.
    Schweigend fahren wir durch die Nacht. Plötzlich bremst Rik scharf und hält am Straßenrand.
    »Hör zu, Bengt«, sagt er und klingt aufgewühlt. »Das…« Er schlägt mit den Händen auf das Lenkrad. Erschrocken drehe ich mich in seine Richtung und starre auf die Hände, die fast krampfhaft das Lenkrad festhalten.
    »Rik?«
    »Ich will nicht, dass du denkst, es gäbe irgendeinen Plan…«
    »Ich weiß«, sage ich leise, auch wenn ich den Gedanken nicht ganz abschütteln kann. Das Unbehagen will sich einfach nicht auflösen. Allerdings frage ich mich, wie viel ich heute noch ertragen kann.
    »Ich hoffe, dass du das weißt. Ich hoffe vor allem, dass du mir auch glaubst. Aber notfalls wiederhole ich mich. Am Anfang war es wirklich nur Kevin, der mich interessiert hat. Er war über so viele Jahre mein Freund, mein bester Kumpel. Wir haben so viel zusammen erlebt. Er war wie ein Bruder für mich. Auch wenn wir in vielen Dingen unterschiedlicher Meinung waren. Aber irgendwie hat es geklappt. Ich hätte niemals gedacht, dass es ihn eines Tages nicht mehr in meinem Leben geben würde. Auch, wenn es immer heißt, dass man manche Freunde ziehen lassen muss. Ich dachte immer, dass Kevin nicht dazugehören würde. Es fühlte sich einfach falsch an. Ich habe unserer Freundschaft nachgetrauert.«
    Rik legt den Kopf in den Nacken. Ich beobachte, wie sich sein Kehlkopf schnell hebt und senkt. Am liebsten würde ich ihn jetzt streicheln. Aber meine Hände bleiben starr in meinem Schoß liegen.
    »Manchmal verändern sich Menschen. Vielleicht hatte ich auf diesen blöden Spruch gehofft, als er sich so plötzlich bei mir gemeldet hat. Aber es hat nicht lange gedauert, bis ich erkannt habe, dass der nicht auf Kevin zutrifft. Ich bin enttäuscht, weil ich mir die ganze Zeit etwas vorgemacht habe. Weil ich einem Phantom hinterherjage, einer Freundschaft, die es gar nicht mehr gibt.
    Der einzige Grund, weshalb ich mich trotzdem nicht zurückgezogen habe, bist du. Und das macht mich richtig fertig. Ich will nicht, dass es so aussieht, als ob ich es Kevin mit gleicher Münze zurückzahlen will. Damals waren die Voraussetzungen anders… Ich war anders, aber ich schwöre dir, wenn du nicht sein Freund gewesen wärst, hätte ich in dieser Nacht nicht mitgemacht. Es hätte diesen Dreier nicht gegeben.«
    »Bereust du es?«, frage ich angespannt. Ich weiß nicht, was für eine Antwort ich erwarte, weil ich über diese Frage selbst noch gar nicht nachgedacht habe. Rik war aber mit Sicherheit ein Grund dafür, dass der Abend so verlaufen ist.
    »Nein«, sagt er ganz dicht an meinem Ohr. Sein Atem verursacht mir eine Gänsehaut. Als ich mich zu ihm drehe, berührt sein Mund für einen Augenblick meinen. Ich bin nicht sicher, ob es wirklich ein Kuss war, auch wenn meine Lippen prickeln.
    »Willst du nicht weiterfahren?«, bitte ich nervös.
    »Nein«, erwidert er lachend. »Ich wohne hier.«
    »Oh.« Ich schaue mich um. Eine Reihe großer alter Backsteinhäuser zieht sich die Straße entlang.
    »Willst du aussteigen?«, fragt Rik hoffnungsvoll.
    »Besser als hier im Auto zu sitzen, oder?« Ich versuche, witzig zu sein, auch wenn mein Herz bis zum Hals schlägt.
    »Auf jeden Fall.« Rik klingt fast ein wenig erleichtert. Er öffnet seine Tür und dreht sich noch einmal zu mir um. »Lass uns nach oben gehen.«
     
    ***
     
    »Hattest du heute schon einen Geburtstagskuchen?«, fragt Rik, kaum dass er die Wohnungstür hinter uns geschlossen hat.
    Kevins klebrig süße Torte fällt mir ein. Er wusste mit Sicherheit, dass ich sie nicht mögen würde. So gut sollte er mich dann doch kennen. Ich mache mir nichts aus Torten, die einem den Mund verkleben und nur aus Zucker bestehen. Daran ändert auch die Schokolade nichts, die war mir auch zu süß.

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