MargeritenEngel (German Edition)
meine Lippen noch einmal kurz auf seine.
»Jetzt hast du auch Teig im Gesicht«, sagt er grinsend, nur um kurz darauf mit der Zunge über meine Wange zu fahren. »Lecker«, murmelt er und küsst meinen Mundwinkel.
Glucksend entwinde ich mich ihm und halte ihm die Backform entgegen. »Ich will jetzt Kuchen essen.«
»Dem Geburtstagskind darf man keinen Wunsch abschlagen«, erwidert er ernst und schiebt die Form in den Ofen.
»Ist das so?«
»Zumindest, wenn sich der Wunsch im Rahmen des Möglichen befindet«, schränkt Rik ein.
Ich fange an, zu lachen, und fühle mich seltsam befreit. Seit langem habe ich mich nicht mehr so wohl gefühlt, so… Ich kann es gar nicht beschreiben. Obwohl das alles so fremd ist, kommt es mir doch unglaublich vertraut vor. Rik erscheint mir so vertraut, seine Küche, das Backen... es ist irgendwie perfekt. Aber gerade das erschreckt mich.
***
»Verdammt ist das heiß«, brumme ich, als ich mir das erste, großzügige Stück von meinem Kuchen in den Mund stecke. Dass mir beim Einstechen der Kuchengabel neben der flüssigen Schokolade auch jede Menge heißer Dampf entgegengeströmt ist, hat mich nicht davon abgehalten, mich todesmutig daraufzustürzen. Jetzt bin ich allerdings hin- und hergerissen zwischen Ausspucken und tapfer hinunterschlucken.
»Du musst langsam essen«, erwidert Rik nuschelnd. Sein Mund ist nicht weniger voll als meiner und auch er kämpft mit der Hitze.
»Gott, schmeckt das gut«, hauche ich, als ich endlich den ersten Bissen hinuntergeschluckt habe.
»Habe ich dir doch gesagt. Unglaublich lecker!« Rik lässt genüsslich ein weiteres Stück in seinem Mund verschwinden. »Ach, Mist«, brummt er, stellt seinen Teller auf den kleinen Tisch vor uns und springt vom Sofa auf.
Unsicher sehe ich ihm hinterher. Er hastet aus dem Wohnzimmer und murmelt irgendetwas vor sich hin. Ich stelle meinen Teller neben seinen und warte nervös auf eine Erklärung für seine Flucht.
Wir haben uns mit den Kuchen ins Wohnzimmer verzogen. Auch hier ist er noch nicht fertig mit Einrichten, denn ein paar Kartons stehen ebenfalls an der Wand. Das Sofa ist riesig. Darüber hängt ein weiteres Bild vom Haus seiner Oma. Ebenfalls im Sommer mit den vielen Margeriten. Es ist idiotisch, dieses Bild anzustarren und sich vorzustellen, wie Rik ein Teil davon ist… wie ich vielleicht…
Ich bin wirklich ein Idiot! Anstatt meine Gedanken in eine ferne und unrealistische Zukunft galoppieren zu lassen, sollte ich mich erst einmal mit der Gegenwart beschäftigen. Aber da ist nur dieses dumpfe Gefühl in mir. Egal, wie sehr ich versuche, das hier zu genießen, Kevin ist immer dabei. Ich kann ihn sehen, fühlen und das schlechte Gewissen spüren, wenn ich Rik küsse. Auch wenn ich ihn küssen möchte. Am liebsten die ganze Zeit.
»Hier«, sagt er und holt hinter seinem Rücken einen weiteren Muffin hervor. Eine kleine blau-weiß gestreifte Kerze brennt auf dem Kuchen.
»Ein Geburtstagskuchen ohne Kerze… das geht ja mal gar nicht.«
Verwundert starre ich auf die brennende Kerze. Die kleine Flamme flackert lustig hin und her. Die weiße Blüte, in der sie steckt, sieht fast wie eine Margerite aus.
»Danke«, krächze ich gerührt und schlucke hart.
»Du kennst doch sicherlich das Ritual. Auspusten und sich was wünschen!«, sagt er grinsend und zwinkert mir zu.
Ich bin ein bisschen aufgeregt, als ich mich vorbeuge. Was soll ich mir denn wünschen? Aber noch ehe ich die Frage beantworten kann, tut es mein Herz. Ich sehe in Riks Augen, spüre diese Nähe.
»Ich hoffe, dein Wunsch geht in Erfüllung«, flüstert er. Er stellt den Teller ab, schnappt sich seinen eigenen und macht es sich auf dem Sofa bequem. Ich esse ebenfalls den Rest von meinem Kuchen auf.
Gähnend lehne ich mich nach hinten und reibe mir über die Augen. Nun ist er vorbei, mein Geburtstag. Der seltsamste Tag, den ich je erlebt habe. Eine unglaubliche Traurigkeit überkommt mich.
»Willst du noch fernsehen oder lieber schlafen?«, fragt Rik.
Ich zucke mit den Schultern. Eigentlich bin ich müde, aber vermutlich werde ich die ganze Nacht kein Auge zumachen. Ich komme einfach nicht zur Ruhe, weiß nicht, wie es weitergehen soll. Mit Kevin und mit Rik.
»Komm her.« Er streckt seine Hand nach mir aus.
Zuerst zögere ich, doch dann rutsche ich näher und lege meinen Kopf auf seine Brust. Er streichelt meinen Rücken und verursacht mir damit eine Gänsehaut. Unter meinem Ohr klopft sein Herz laut und schnell.
Seine
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