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Margos Spuren

Margos Spuren

Titel: Margos Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Green
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keine Antwort darauf hat, und so mache ich weiter. Ich bin stinksauer. Weil sie … weil … ich weiß auch nicht. Weil sie nicht die Margo ist, die ich erwartet habe. Weil sie nicht die Margo ist, von der ich dachte, ich hätte sie endlich richtig gesehen. »Ich war mir sicher, dass du einen guten Grund hattest, dich nach der einen Nacht bei niemandem mehr zu melden. Aber das hier … ist das dein guter Grund? Damit du leben kannst wie ein Penner?«
    Sie lässt mein Hemd los und macht einen Schritt weg von mir. »Wer ist jetzt unverschämt? Ich bin abgehauen, und das geht eben nur auf die eine Art. Man lässt sein altes Leben hinter sich – mit einem Ruck, wie ein Pflaster, das man sich abreißt. Nur so kannst du du sein, und Lacey kann Lacey sein, und jeder kann jeder sein, und ich kann ich sein.«
    »Außer dass ich nicht ich sein konnte, Margo, weil ich dachte, dass du tot bist. Die ganze Zeit. Und deswegen war ich gezwungen, jede Menge Mist zu machen, den ich sonst nie machen würde.«
    Jetzt schreit sie mich an und zieht sich dabei an meinem Hemd hoch, um auf Augenhöhe mit mir zu sein. »Ach, so ein Quatsch. Du bist nicht hier, um nachzusehen, ob es mir gut geht. Du bist hier, weil du die arme kleine Margo vor ihrem labilen Selbst retten wolltest, damit ich meinem strahlenden Ritter so dankbar bin, dass ich mir die Kleider vom Leib reiße und dich auf Knien anbettle, über mich herzufallen.«
    »So ein Quatsch!«, schreie ich zurück, denn das meiste davon ist Quatsch. »Du hast dich nur über uns lustig gemacht, oder? Du hast dafür gesorgt, dass du, selbst wenn du weg bist und dich anderweitig amüsierst, in Jefferson Park immer noch der Mittelpunkt bist, um den wir uns alle drehen.«
    Sie schreit, lauter, als ich es für möglich gehalten hätte. »Du bist nicht mal auf mich sauer, Q! Du bist sauer auf das Bild von mir, das du in deinem Hirn hast, seit wir klein waren.«
    Jetzt versucht sie, sich wegzudrehen, aber ich halte sie an den Schultern fest und sage : »Hast du je darüber nachgedacht, was dein Verschwinden auslöst? Hast du je an Ruthie gedacht? An mich oder an Lacey oder die anderen Leute, denen du was bedeutet hast? Nein. Natürlich nicht. Weil alles, was nicht dir passiert, überhaupt nicht passiert. So ist es doch, Margo? Oder?«
    Darauf entgegnet sie nichts. Sie lässt die Schultern hängen, dreht sich um und geht zurück zu ihrem Büro. Dann holt sie aus und tritt gegen die Plexiglasscheiben, die polternd gegen den Tisch und den Stuhl fallen und dann zu Boden rutschen. »HALTS MAUL. HALTS MAUL, DU ARSCHLOCH!«
    »Okay«, sage ich. Etwas daran, dass Margo ausrastet, lässt mich meine Fassung wiederfinden. Ich versuche wie meine Mutter zu reden. »Gut, ich halte das Maul. Wir sind beide überdreht. Ich habe, na ja, viele offene Fragen.«
    Sie setzt sich auf ihren Stuhl, stellt die Füße auf das, was mal ihre Bürowand war, und starrt in die Ecke. Zwischen uns sind mindestens fünf Meter. »Wie habt ihr mich überhaupt gefunden?«
    »Ich dachte, du wolltest, dass wir dich finden«, sage ich. Meine Stimme ist so leise, dass ich überrascht bin, dass sie mich überhaupt hört, aber sie dreht sich im Stuhl um und funkelt mich an.
    »Garantiert nicht.«
    »Die Grashalme«, sage ich. »Woody Guthrie hat mich zu Walt Whitman geführt. Walt Whitman hat mich zu meiner Tür geführt. Die Tür hat mich zu der verlassenen Ladenzeile geführt. Wir haben dein übermaltes Graffiti gefunden. Das mit den ›falschen Städten‹ habe ich erst nicht verstanden; es kann auch für Siedlungen stehen, die nie gebaut wurden, und deswegen dachte ich, du wärst zu einer rausgefahren, um nie zurückzukommen. Ich dachte, du liegst tot in einer dieser Bauruinen, und du willst aus irgendeinem Grund, dass ich dich finde. Also habe ich eine nach der anderen abgeklappert, auf der Suche nach dir. Aber dann habe ich die Landkarte in der Vitrine gefunden und mit den Reißzweckenlöchern in der Wand abgeglichen. Ich habe mir das Gedicht näher angesehen, und irgendwann bin ich dahintergekommen, dass du nicht über alle Berge bist, sondern dich irgendwo eingeigelt hast und Pläne schmiedest. In dein kleines schwarzes Buch schreibst. Ich habe Agloe gefunden, und dann habe ich deinen Kommentar auf der Omnictionary-Seite gesehen, habe die Zeugnisverleihung geschwänzt und bin hierhergefahren.«
    Sie streicht sich die Haare vors Gesicht, aber sie sind nicht mehr lang genug, um es zu verdecken. »Ich hasse diese Frisur«, sagt sie.

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