Margos Spuren
Keks, bevor ich leicht hinkend durchs Wohnzimmer zurückschlenderte. Während meine Eltern gespannt die Auflösung des Verbrechens verfolgten, stemmte ich die drei Zapfen aus den drei Angeln meiner Zimmertür. Als der letzte draußen war, ächzte die Tür und drohte aus der Verankerung zu kippen. Ich schwang sie gerade noch gegen die Wand, und dabei sah ich, wie aus dem obersten Scharnier ein klitzekleiner Papierschnipsel herabflatterte, nicht größer als mein Daumennagel. Typisch Margo. Warum sollte sie etwas bei sich verstecken, wenn sie es auch bei mir verstecken konnte? Ich überlegte, wann sie hier gewesen und wie sie reingekommen war. Unwillkürlich musste ich lächeln.
Es war ein Schnipsel aus dem Orlando Sentinel , an einer Seite glatt, an der anderen ausgerissen. Dass er aus dem Sentinel stammte, sah ich, weil an der abgerissenen Seite »– do Sentine l, 6. Mai 2 –« stand. Der Tag, an dem sie verschwunden war. Die Botschaft stammte eindeutig von ihr. Und dann erkannte ich ihre Handschrift :
8328 bartlesville Avenue
Ich konnte die Tür nicht wieder einhängen, ohne die Zapfen festzuhämmern, was meine Eltern gehört hätten, und deshalb lehnte ich die Tür in den Rahmen und ließ sie offen stehen. Die Zapfen steckte ich ein, bevor ich mich an den Computer setzte, um Bartlesville Avenue nachzuschlagen. Ich hatte noch nie von dieser Straße gehört.
Sie lag 55,7 Kilometer entfernt, den Colonial Drive hinaus, kurz vor dem Städtchen Christmas. Als ich auf dem Satellitenbild das Gebäude heranzoomte, sah es aus wie ein schwarzes Rechteck mit mattsilberner Fassade und Gras dahinter. Ein Wohnwagen? Es war schwierig, die Größenverhältnisse zu beurteilen, da alles im Umkreis grün war.
Ich rief Ben an.
»Ich hatte recht!«, sagte er, als ich ihm alles berichtet hatte. »Das muss ich unbedingt Lacey erzählen. Sie fand auch, dass meine Idee spitze war!«
Ich ignorierte ihn. »Ich glaube, ich werde da mal rausfahren«, sagte ich.
»Ja, klar musst du da hin. Ich komme mit. Lass uns Sonntagmorgen fahren. Ich bin zwar wahrscheinlich hundemüde, weil ich die Nacht durchgetanzt habe, aber egal.«
»Nein, ich meine, ich fahre heute Nacht noch hin«, sagte ich.
»Hey, Alter, es ist stockdunkel . Du kannst nicht im Dunkeln zu einem fremden Haus mit einer geheimnisvollen Adresse fahren. Hast du nie einen Horrorfilm gesehen?«
»Vielleicht ist sie da«, sagte ich.
»Ja, und vielleicht ist auch ein Dämon da, der sich von der Milz männlicher Jungfrauen ernährt«, sagte Ben. »Verdammt, warte wenigstens bis morgen, obwohl ich nach der Probe Laceys Blumenstrauß bestellen muss, und dann wollte ich nach Hause, für den Fall, dass Lacey online geht, denn in letzter Zeit chatten wir ziemlich viel …«
Ich schnitt ihm das Wort ab. »Nein, heute Nacht. Ich will sie sehen.« Der Kreis zog sich zusammen. Wenn ich mich beeilte, würde ich sie vielleicht schon in einer Stunde sehen.
»Alter, du fährst nicht mitten in der Nacht zu irgendeiner halbseidenen Adresse. Ich versohl dir deinen dürren Arsch, wenn’s sein muss.«
»Na gut, morgen früh«, sagte ich, hauptsächlich zu mir selbst. »Ich fahre morgen früh.« Ich hatte es satt, keine Fehlzeiten zu haben.
Ben schwieg. Ich hörte, wie er die Luft durch die Zähne blies. »Ich merke auch, dass ich was erwischt hab«, erklärte er dann. »Fieber. Husten. Gliederschmerzen. Kopfweh.«
Ich grinste. Als wir aufgelegt hatten, rief ich Radar an.
»Ich bin mit Ben auf der anderen Leitung«, sagte er. »Ich ruf dich zurück.«
Eine Minute später rief Radar zurück. Bevor ich Hallo sagen konnte, erklärte er : »Q, ich habe diese schreckliche Migräne. Ich kann auf keinen Fall morgen in die Schule gehen.« Ich lachte.
Nach den Telefonaten zog ich mich aus, leerte den Mülleimer in eine Schublade und stellte den Eimer neben mein Bett. Dann stellte ich meinen Wecker auf unchristliche sechs Uhr früh und versuchte lange Zeit vergeblich einzuschlafen.
8
Am nächsten Morgen kam meine Mutter ins Zimmer und sagte : »Du hast gestern Abend nicht mal die Tür zugemacht, Schlafmütze«, und ich schlug die Augen auf und sagte : »Ich glaube, ich habe mir den Magen verdorben.« Und dann zeigte ich auf den Mülleimer, der Erbrochenes enthielt.
»Ach, du liebe Zeit, Quentin! Wann ist das denn passiert?«
»Gegen sechs«, sagte ich, was stimmte.
»Warum hast du uns nicht aufgeweckt?«
»Zu müde«, sagte ich, was ebenfalls stimmte.
»Du bist einfach
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