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Margos Spuren

Margos Spuren

Titel: Margos Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Green
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anbriet. Mein Vater zog mich damit auf, dass ich so lange über einem so dünnen Büchlein saß, und da sagte ich : »Ich lese es gar nicht für Englisch. Margo hat es mir hinterlassen.« Da wurden sie still, und ich erzählte ihnen von Woody Guthrie und Walt Whitman.
    »Offensichtlich spielt sie gerne mit lückenhafter Information«, sagte mein Vater.
    »Ich kann verstehen, dass sie mehr Aufmerksamkeit braucht«, sagte meine Mutter, »aber das heißt nicht, dass du dafür verantwortlich bist.«
    Mein Vater warf Karotten und Zwiebeln in die Pfanne. »Ja, das stimmt. Wir wollen keine Ferndiagnose stellen, aber ich habe das Gefühl, sie kommt bald wieder nach Hause.«
    »Es hat keinen Sinn zu spekulieren«, widersprach meine Mutter leise, beinahe als wollte sie nicht, dass ich es hörte, oder so was. Mein Vater wollte antworten, doch ich unterbrach ihn.
    »Was soll ich denn tun?«
    »Deinen Schulabschluss machen«, sagte meine Mutter. »Und Margo vertrauen, dass sie ganz gut selbst auf sich aufpassen kann, denn das hat sie bisher hinreichend bewiesen.«
    »Ganz meine Meinung«, sagte mein Vater. Aber nach dem Abendessen, als ich in mein Zimmer ging und ohne Ton Dark Resurrection spielte, hörte ich, wie sie leise diskutierten. Ich verstand zwar nicht, was sie sagten, doch ich hörte ihren Stimmen an, dass sie sich Sorgen machten.
     
    Später am Abend rief Ben auf dem Handy an.
    »Hey«, sagte ich.
    »Alter«, sagte er.
    »Ja«, antwortete ich.
    »Ich gehe mit Lacey Schuhe einkaufen.«
    » Schuhe einkaufen?«
    »Ja. Heute haben sie zwischen zehn und Mitternacht alles um dreißig Prozent runtergesetzt. Ich helfe ihr, Schuhe für den Ball auszusuchen. Eigentlich hatte sie schon welche, aber als ich gestern bei ihr war, fanden wir, dass sie nicht ganz … Na ja, du weißt schon, zum Schulball will man die perfekten Schuhe. Jetzt bringt sie die anderen zurück, und dann gehen wir zu Macy’s und suchen …«
    »Ben«, sagte ich.
    »Ja?«
    »Alter, ich habe echt keine Lust, Laceys Ballschuhe zu erörtern. Ich sage dir auch, warum : Ich habe was, das mich völlig immun gegen Schuhgespräche macht. Das Ding heißt Penis.«
    »Ich bin so nervös und ich muss dauernd daran denken, dass ich total in sie verknallt bin, und zwar nicht nur auf die Sie-ist-ne-scharfe-Nummer-Art. Und, keine Ahnung, vielleicht gehen wir zum Ball, und vielleicht, keine Ahnung, küssen wir uns mitten auf der Tanzfläche, vor allen Leuten, und die Leute trauen ihren Augen nicht, und plötzlich ändert sich alles, weil alles, was die Leute von mir gedacht haben …«
    »Ben«, sagte ich. »Hör einfach mit dem Idiotengequatsche auf, und alles wird gut.« Er quatschte noch eine Weile weiter, aber irgendwann schaffte ich es, das Gespräch zu beenden.
     
    Als ich mich hinlegte, zog mich der Gedanke an den Schulball doch irgendwie runter. Ich weigerte mich, irgendeine Art von Reue zu empfinden, dass ich nicht hinging, aber ich hatte trotzdem – dummerweise, peinlicherweise – gehofft, dass ich Margo finden würde und überreden könnte, nach Hause zu kommen, und zufälligerweise wäre Samstagabend, und der Schulball war noch in vollem Gange, und wir würden in Jeans und alten T-Shirts im Ballsaal auflaufen, gerade rechtzeitig zum letzten Tanz, und wir würden tanzen, während alle mit dem Finger auf uns zeigten und über Margos Rückkehr staunten, und dann würden wir im Foxtrott zur Tür hinausschweben und bei Friendley’s Eis essen gehen. Ja, genau wie Ben schwelgte auch ich in vollkommen lächerlichen Fantasien. Doch wenigstens behielt ich meine für mich.
    Manchmal war Ben so ein selbstsüchtiger Idiot, dass ich mir erst in Erinnerung rufen musste, was ich eigentlich an ihm mochte. Wenn sonst nichts, hatte er zuweilen überraschend gute Ideen. Das mit der Tür zum Beispiel. Es hatte zwar nicht funktioniert, aber die Idee war gut. Nur hatte mir Margo offensichtlich etwas anderes sagen wollen.
    Mir.
    Der Hinweis war für mich. Die Türen waren meine!
     
    Auf dem Weg in die Garage musste ich am Wohnzimmer vorbei, wo meine Eltern vor dem Fernseher saßen. »Willst du mit uns fernsehen?«, fragte meine Mutter. »Sie sind kurz vor dem Showdown.« Es lief eine dieser Krimiserien.
    »Nein danke«, sagte ich und schlenderte an ihnen vorbei, durch die Küche in die Garage. Dort suchte ich den breitesten Schlitzschraubenzieher heraus, den es gab, steckte ihn mir in den Hosenbund und zog den Gürtel enger. Dann ging ich in die Küche und holte mir einen

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