Maria, ihm schmeckts nicht!
erklärte, dass sie die Zankerei der Dummköpfe aus beiden Lagern leid sei, und
forderte Konsequenzen. Und zwar für alle.
Schließlich wurden sämtliche Jungen zwischen
dreizehn und achtzehn Jahren aus San Antonio
Ataad und Porta Mancina zur Präfektur bestellt.
Francesco Pozzi kam wegen der Messerstecherei für
ein halbes Jahr in ein Erziehungsheim nach Rom. Die Jungen aus San Antonio Abad wurden dazu
verdonnert, ein Jahr lang den Marktplatz zu säubern, was eine Arbeit für Kretins war und eine riesige
Sauerei dazu. Die Gegner von der Porta Mancina traf es indes noch härter. Sie mussten die Reinigung der Straßen im verhassten Abad aufnehmen und den
Schmutz seiner Bewohner vor deren Augen beseiti-
gen. Piselli wurde als Drahtzieher des Planes ausfindig gemacht, den er weder bestritt noch bereute, und verwarnt. Noch eine solche Sache, hieß es, und die
Erbse könne wie Pozzi ins Erziehungsheim einrü-
cken, was einer Gefängnisstrafe gleichkam. Die
Kämpfe hörten auf, aber der Schock der Niederlage
vor den Behörden saß tief.
»Es war ungerecht!«, ruft Daniele und knallt sein
Aperolglas auf den Tisch. »Ungerecht«, wiederholt er und hastet hinter den Tresen, weil das Telefon klingelt.
»Ungerechte, aber wieder auch gerechte«, sagt An-
tonio. »Weil musste aufhören der Unnesinn. Ware zu
gefährlich. Aber vielleichte hätte wir nicht die Sach mit Banane gemachte, wenn nicht die Frieden mit
Abad gekommen wäre.«
Der Frieden mit San Antonio Abad führte zu einer
gewissen Langeweile. Die Jungs spielten nun wieder
Fußball und blieben in den Straßen rund um den Vico Vaglia, wo sie hingehörten. Manchmal flog der Ball, ein schweres Lederding, das der Schuster Navelli für seinen Sohn Carlo angefertigt hatte, ins Gemüse von Signor Nannini, der die Bande zum Teufel wünschte.
Manchmal geriet er in ein Fenster, manchmal holte
man auch Wäsche damit von der Leine.
Die Via Ziccardi war zwar breit genug, aber den-
noch nicht besonders gut geeignet zum Fußball-
spielen, weil sie leicht anstieg, so dass die bergab spielende Mannschaft stets im Vorteil war. Allerdings nur, bis sie ein Tor schoss, denn dann musste der
Torschütze wie zur Strafe hinter dem Ball herrennen und ihn wieder zurückholen, was mitunter dauerte.
Der einzige Nachbar, der sich nie über die Bande
beschwerte, war Signor Banane. Er war Uhrmacher
und saß den ganzen Tag über in seinem winzigen
Geschäft, welches nur so breit war wie die Eingangs-tür und das kleine Schaufenster, auf dem mit
goldener Schrift sein wirklicher Name, Giuseppe Falcone, stand. Das Fenster wurde von einem breiten
braunen Holzrahmen eingefasst. Die Jungs von der
Porta Mancina nannten ihn Banane, weil von ihm
hinter der Scheibe nicht viel mehr zu erkennen war als die nach vorne geneigte Glatze seines schmalen Schä-
dels, der mit Leberflecken übersät war und auf diese Weise aussah wie eine reife Banane.
Falcone arbeitete konzentriert an seinen Uhren und
hob nur selten den Kopf, um dann geistesabwesend
aus leeren Augen für einen Moment auf die Straße
zu glotzen. Alle Versuche, den allein stehenden
Mann zu provozieren, scheiterten. Er ließ sich, wie sich das für einen Uhrmacher gehört, niemals und
durch nichts aus der Ruhe bringen. Gegen 18.00 Uhr
nahm er das Vergrößerungsglas aus dem Auge,
klappte den Kathederdeckel hoch und versenkte da-
rin Schmuck und Uhren, an denen er gearbeitet
hatte, knipste das Licht aus, verließ sein Geschäft, kurbelte ein Gitter vor die Scheibe und ging langsam nach Hause. Er trug den roten Abdruck der Lupe,
der sein rechtes Auge umrahmte, wie einen Häupt-
lingsschmuck und grüßte stets ernst. Dabei hob er
seinen Hut kurz an und nickte den Kindern zu, die
seine Geste feixend erwiderten.
Von seinem Vater wusste Antonio, dass Banane ein
ehrenwerter Mann war, weil er Calogero eine
Anstellung in der Bank besorgt hatte, ohne viel
Aufhebens darum zu machen. Calogero war dort
Hausmeister, denn er konnte alles reparieren, außer Uhren vielleicht. Und das hatte Banane so imponiert, dass er ihn bei der Bank empfohlen hatte. Der Uhrmacher war demnach ein guter, wenn auch intro-
vertierter Mann, der niemandem etwas zuleide tat.
Vielleicht machte gerade diese Tatsache den Plan
so verwerflich, den Piselli eines Tages ausbrütete und den Jungs bei einem geheimen Treffen unterbreitete.
Es war ein krimineller Plan und hatte nichts mehr
von einem Dumme Jungenstreich. Antonio, der der
Bande
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