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Maria, Mord und Mandelplätzchen

Maria, Mord und Mandelplätzchen

Titel: Maria, Mord und Mandelplätzchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stöger
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geboren am 24 .  12 .  1981 . Ich wusste von den Eltern, die gestorben waren und deren gesamtes Vermögen den Zwillingen zufiel. Ich wusste von dem Absturz der einen Schwester, von den Drogen, von der Niere, die sie brauchte, von der zweiten lebensrettenden Organspende, diesmal ein Stück Leber. Ich wusste wieder, dass die Zwillinge dasselbe studiert, dasselbe gearbeitet hatten. Und ich hielt die Todesanzeige von Anna König in der Hand, las die Beileidsbriefe, die man Dora geschickt hatte, weil ihre Schwester gestorben war. Nur war keine der Schwestern gestorben. Aber alle hatten es geglaubt.
    Jetzt gehörte alles ihr. Das Geld. Der Job. Das Leben. Sie hatte mich gehasst, weil sie schwach gewesen war, den Drogen nachgegeben hatte, und weil ich sie retten musste.
    Wie hatte sie es geschafft, dass mein Körper alles aufnahm, was ihrer durchmachte? Meine Haut war voller Narben. Mein Gesicht alterte vor der Zeit. Meine Zähne fielen aus. Meine Leber, meine Niere gingen von ihrem Gift kaputt. Und beide schliefen wir nicht mehr.
    Ich hörte ihre Schritte, spürte ihre Aufregung, als sie die kaputte Glasscheibe entdeckte. Ich ging hinunter, eine aus der Zeitung ausgeschnittene Todesanzeige in der Hand. Sie hielt das Telefon umklammert: »Die Polizei ist unterwegs«. Ich sagte: »Gut, dann kannst du ihnen erklären, warum eine von uns tot ist, obwohl wir beide leben.« Diesmal hatte sie keinen Hammer. Nicht wie damals, vor zwei Jahren, als sie mir den Schädel zertrümmert und mich in St. Margarethen ins Wasser geworfen hatte, das mich wieder zurück ans Ufer spülte. Diesmal war ich schneller als sie. Ich schlug ihr mit der Faust ins Gesicht. Sie fiel mit dem Kopf auf die Kante des Glastisches. Diesmal war es ihr Schädel, der mit einem Knacken brach, ihr Blut, das herausströmte. Und während sie dalag und ihr Leben verlor, konnte ich zusehen, wie ihre Schönheit von ihr wich, wie sich die Spuren ihrer Exzesse, ihrer Taten in ihr Gesicht gruben. Ich wandte mich ab und sah mein Gesicht im Spiegel. Ihr Gesicht. Das meins war.
    31 .  12 .  11
    Ich habe wieder acht Stunden geschlafen.
    Kalle sagt: »Siehst du, ein alter Hase wie ich hat doch ein Auge dafür. Ich habe immer gesagt, du bist noch ein junger Hüpfer.«
    Alle nennen mich jetzt Dora. Ich hatte zwei Jahre lang keinen Namen, jetzt habe ich einen. Es ist mein Name, und es ist schon immer mein Name gewesen. Meine Schwester hatte ihn mir zwei Jahre lang genommen. Am Tag war sie Dora, in der Nacht Anna. Die Staatsanwältin hat sich mehrmals bei mir gemeldet, um mir zu versichern, dass ich alles richtig gemacht habe. »Es war ein Unfall, Sie dürfen sich keine Vorwürfe machen. Sie haben nur Ihr Leben verteidigt gegen eine Einbrecherin und Stadtstreicherin. Sehr bedauerlich, aber es ist nun mal passiert, und Sie trifft wirklich keine Schuld.«
    Kalle murmelt: »Wie hat deine Schwester das gemacht?« Ich sage: »Ist das nicht egal, es ist vorbei.« Kalle holt den Champagner aus dem Kühlfach. Gleich ist es Mitternacht, dann ist das Jahr zu Ende, und alles andere auch. »Wirf endlich diese Klorolle weg«, sagt Kalle. »Du schleppst die schon ewig mit dir rum.« Ich sage: »Drei Wochen erst. Und es ist keine Klorolle.« Das ist ihm egal. »Wirf sie weg. Das ganze Gekritzel darauf, das brauchst du doch nicht mehr.«
    Er hat recht, wie immer.
    Es schneit wieder. Und ich kann schlafen.

Autorenvita
    Zoë Beck, geboren 1975 , wuchs zweisprachig auf und pendelt zwischen Großbritannien und Deutschland.
    Ihre große Liebe neben der Literatur ist die Musik: Mit drei Jahren begann sie, Klavier zu spielen, gewann bald darauf diverse Wettbewerbe und gab zahlreiche Konzerte.
    Heute arbeitet sie als freie Autorin, Redakteurin und Übersetzerin.
    2010 erhielt sie den Friedrich-Glauser-Preis in der Sparte bester Kurzkrimi. 2011 war sie erneut nominiert.

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    Gisa Klönne
    Fröhliche Weihnacht überall
    Region in Mecklenburg
    »Was ist das Schrecklichste, das ihr an Weihnachten je erlebt habt?«, fragt Mette. Unsere Fischerkate ächzt in dem eisigen Wind, der aus Russland kommt und nach Wolfsgeheul klingt. Und wer weiß, vielleicht trägt der Schneesturm wirklich Schatten aus einer anderen Zeit vor unsere Tür. Die Welt scheint stillzustehen in dieser Weihnachtsnacht. Weit und breit gibt es keine Nachbarn. Nur das Licht der Kerzen und des Kaminfeuers tanzt in unseren Sektkelchen, und draußen, im Dunkel der Nacht, spuckt die Ostsee gefrorene Salzkristalle auf den Strand.
    Es ist

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