Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maria, Mord und Mandelplätzchen

Maria, Mord und Mandelplätzchen

Titel: Maria, Mord und Mandelplätzchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stöger
Vom Netzwerk:
ihre Vorderzähne verkeilten sich in dem Zimtstern, die frisch geföhnte Innenrolle wippte, dann entspannte sich ihr Körper.
    Ich machte zwei, drei entschlossene Flügelschläge und ließ mich neben ihr nieder. Auf dem Balkon in der ersten Etage des Nachbarhauses schrie jemand: »Die Möwe! Die Möwe!«
    Aber das ließ mich kalt. Ich wollte den Zimtstern! Und zwar sofort! Ehe die Frau wieder aufwachte und ehe der Mann kam, um ihr zu helfen.
    Doch beides blieb aus. Die Frau rührte sich nicht, und hinter der Terrassentür war alles ruhig. Nur im Nachbarhaus wurde noch immer gerufen: »Die Möwe! Die Möwe!«
    Ich hatte Mühe, der Frau den Zimtstern abzunehmen, der immer noch zwischen ihren verkrampften Schneidezähnen steckte. Eilig hackte ich auf ihre Jacketkronen ein, pickte in ihre Mundwinkel, schlug meinen Schnabel in ihre Lippen, bis ich endlich den dicken Zimtstern mit der doppelten Glasur ergattert hatte. Die Stimmen aus dem Nachbarhaus waren noch immer weit entfernt, ich konnte es mir also sparen, meine Beute in Sicherheit zu bringen, bevor ich sie verschlang.
     
    Sylter Rundschau, 20 . 12 .
    Die Forderung, das Füttern von Möwen nicht nur zu verbieten, sondern sogar unter Strafe zu stellen, hat neue Nahrung erhalten. Gestern geschah in der Nähe der alten Dorfkirche St. Niels ein schreckliches Unglück: Ein weiblicher Feriengast wurde von einer Möwe angegriffen, die ihr böse Gesichtsverletzungen beibrachte. Zeugen haben beobachtet, wie das Tier auf die Frau einhackte, die bereits am Boden lag. Warum diese Attacke zum Tod der Frau führte, konnte bisher nicht geklärt werden. Möglicherweise erlitt sie aufgrund des Schreckens einen Herzstillstand. Ebenfalls ist unklar, warum auch die Möwe ihren Angriff mit dem Leben bezahlte. Der leblose Tierkörper wurde kurz nach dem Auffinden der weiblichen Leiche in einem Blumenbeet entdeckt.
     
    Sylter Rundschau, Weihnachtsausgabe.
    Die Obduktion sowohl der weiblichen Leiche als auch der Silbermöwe hat nun ergeben, dass die Frau nicht an den Verletzungen gestorben ist, die ihr von der Möwe zugefügt wurden. Beide, die Frau und die Möwe, starben eindeutig an dem Gift des Blauen Eisenhuts. Offenbar hat das Tier das Gift irgendwo aufgenommen und es bei seiner Attacke auf die Frau übertragen.
    Es sieht so aus, als hätte die Gemeinde Westerland zu lange gezögert, das Füttern der Möwen unter Strafe zu stellen und die Tiere wieder zu artgerechtem Verhalten zu führen. Um dem Ehemann der Verstorbenen ihre Anteilnahme auszudrücken, hat die Stadtverwaltung ihm angeboten, die Weihnachtsfeiertage auf Kosten der Insel Sylt im Hotel Stadt Hamburg zu verleben, um sich dort von dem schweren Schicksalsschlag zu erholen. Wie man hört, hat der Witwer daraufhin verlauten lassen, er wolle auf eine Klage gegen die Stadt Westerland verzichten.

Autorenvita
    Gisa Pauly war Lehrerin an einer kaufmännischen Berufsschule, bevor sie 1994 »ausstieg«. Seitdem arbeitet sie als freie Schriftstellerin, Journalistin und Drehbuchautorin. Sie veröffentlichte sechzehn Bücher, am bekanntesten sind ihre Sylt-Krimis um Mamma Carlotta. Der fünfte Band
Inselzirkus
stürmte sogar die Spiegel-Bestsellerliste. Neben ihrer Arbeit als Schriftstellerin schreibt sie regelmäßig mit an der ARD -Serie
Sturm der Liebe.

[home]
    Helga Beyersdörfer
    Die Spur des Bussards
    Ostseebad Scharbeutz
    Wir feiern Weihnachten alleine. Jede für sich. Jahr für Jahr. Wir – das sind Ella und ich. Wie sie wirklich heißt, weiß ich nicht. Ich habe noch nie ein Wort mit ihr gewechselt. Den Namen habe ich für sie ausgesucht, weil ich finde, dass er zu meinem Namen Emily gut passt. Das gefällt mir, denn schließlich begleitet Ella meine Tage und ich die ihren, sie sieht mir beim Alleinsein zu und ich ihr. Jahr für Jahr. Das schweißt zusammen.
    Über unsere kleine Straße hinweg beobachten wir uns gegenseitig jeden Morgen dabei, wie wir die Gardinen zur Seite schieben, das Fenster öffnen, anschließend in die Küche gehen, Kaffee kochen und das Frühstück zubereiten. Ich bevorzuge ein weichgekochtes Ei, Ella zieht es vor, sich ein Spiegelei zu braten. Das weiß ich, weil jede von uns bei warmem Wetter an einem kleinen Klapptisch auf einem winzigen Balkon frühstückt. Unsere Balkone sind sich so nahe, dass wir uns über unser schmales Gässchen hinweg beinahe die Hände reichen könnten. Versucht haben wir das allerdings noch nie. Immerhin sind wir inzwischen schon vertraut genug, uns zuzunicken. Von Balkon

Weitere Kostenlose Bücher