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Maria, Mord und Mandelplätzchen

Maria, Mord und Mandelplätzchen

Titel: Maria, Mord und Mandelplätzchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stöger
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Er behandelt seine Patienten mit einer ganz bestimmten Schocktherapie, weißt du? Er schreibt, wenn Kranke an den Ort ihrer traumatischen Erfahrung zurückkehren, wenn man sie dort mit den Ereignissen, die ihr Trauma ausgelöst haben, konfrontiert, und wenn sie dieses schlimme Erlebnis nochmals durchleben, können sie es danach aufarbeiten und sogar gesund werden.« Er ist so bleich, dass sie denkt, dass er ebenfalls gleich medizinische Hilfe braucht. »Du solltest Todesangst haben wie damals. Damit du gesund wirst, verstehst du?« Er greift unter seine verschmierten Brillengläser und wischt sich über die Augen. »Anja, du bist der wichtigste Mensch in meinem Leben! Ich könnte dir nie etwas antun. Aber dieses eine Mal musste ich hart zu dir sein. Ich habe es nicht mehr ertragen, wie sehr du unter dieser Geschichte gelitten hast.« Er kann die Tränen nicht zurückhalten. »Bitte verzeih mir!«
    Sie braucht einen Moment, um zu verstehen. Wieder hustet sie, wischt sich die schmerzenden Augen. So viel haben sie gemeinsam durchgestanden, die harte Zeit im Heim, die schweren Jahre danach.
    »Das Haus ist abgebrannt?«, fragt sie leise.
    »Ja, es tut mir leid! Der Brand ist außer Kontrolle geraten.«
    Unter dem verständnislosen Blick des Arztes greift sie nach seiner Hand und drückt sie fest. »Ich danke dir, Henning.« Dann lächelt sie. »Frohe Weihnachten!«

Autorenvita
    Romy Fölck wurde 1974 in Meißen geboren und studierte Jura in Dresden. Seit 2002 lebt und arbeitet sie in Leipzig. Bisher veröffentlichte sie zwei Kriminalromane
Blutspur
und
Täubchenjagd
sowie mehrere Kurzgeschichten. Die Autorin ist Mitglied im Verein deutschsprachiger Krimiautoren SYNDIKAT .
    Mehr unter: www.romyfoelck.de

[home]
    Sabine Trinkaus
    Jauchzet, frohlocket!
    Bonn
    »Jauchzet, frohlocket!«, befahl der Chor, und die Pauke donnerte mit Nachdruck aus dem Lautsprecher, bevor es blechern weiterjubilierte: »Auf, preiset die Tage!« Stefan war nicht nach Jauchzen zumute, nach Frohlocken schon gleich gar nicht, und sollte er je einen Tag preisen, dann ganz sicher nicht diesen. Er starrte hinauf zu der gigantischen Weihnachtspyramide. Alberne Holzmännchen drehten sich sinnlos, weitgehend unbeachtet von den Bonnern, die über den Weihnachtsmarkt hetzten oder sich Glühwein in den Rachen schütteten. Das frostige Winterwetter versetzte die Menschen in angemessene Vorweihnachtsstimmung. Ein gutes Jahr für den Weihnachtsmarkt. Ein ausgezeichnetes Jahr für die Glühweinhändler. Alle waren froh, alle waren zufrieden. Alle außer Stefan. Er griff nach seinem Becher und kippte sich die lauwarme Brühe in den Mund. Eigentlich mochte er das Zeug nicht mal. Klebrig und süß und irgendwie verlogen. Genau wie Weihnachten. Friede auf Erden – am Arsch!
     
    Die beiden Glühweinbecher in Gundulas Händen zitterten ein wenig, während sie sich in seine Nähe vorarbeitete.
Wahnsinn,
dachte sie, so etwas tat man doch nicht! Das war das Gegenteil von vernünftig. Aber es gab Momente, in denen Vernunft als Kriterium nicht taugte. Und so ein Moment war das.
    Sie konnte sein Gesicht sehen, zornig verzogen, wie ein trotziges Kleinkind stand er da.
Wahnsinn,
dachte Gundula wieder, als sein Handy klingelte. Er warf einen Blick auf das Display, rollte die Augen, nahm das Gespräch aber trotzdem an. »Von Betrug kann doch wohl keine Rede sein«, protestierte er alsbald in den Hörer. »Ihr habt mir das Geld doch quasi aufgedrängt!« Er lauschte kurz, schien ein wenig blasser zu werden. »Bitte«, brüllte er dann, »dann geh doch zur Polizei. Du wirst schon sehen, was du davon hast!« Zornig stopfte er das Handy zurück in die Tasche. Er versetzte dem Koffer, der neben ihm auf dem Boden stand, einen wütenden Tritt, griff nach der Tasse, erinnerte sich, dass sie ja leer war, und fluchte.
Jetzt,
dachte Gundula,
jetzt oder nie.
»Darf ich?« Sie stellte die Becher auf den Tisch, schob ihm einen zu. »Sie sehen aus, als könnten Sie noch einen Schluck vertragen.«
     
    Sie war nicht der Anquatsch-Typ. Sein Typ war sie sowieso nicht, viel zu alt. Obwohl Stefan durchaus sah, dass ihr langweiliger Mantel nicht billig gewesen war. Trotzdem! Stefan kannte solche Frauen. Sie war Gesundheitsschuh und Kräutertee. Sie war Pfandbriefe und Kommunalobligationen. Fleischgewordene Langeweile. Mit solchen Leuten konnte Stefan nicht arbeiten.
    Erneut klingelte sein Handy. Erneut zog er es aus der Tasche, blickte aufs Display. Stopfte es zurück in den Mantel.
    »Ärger?«

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