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Maria, Mord und Mandelplätzchen

Maria, Mord und Mandelplätzchen

Titel: Maria, Mord und Mandelplätzchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stöger
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verschwiegen, was für eine entzückende Person deine Tochter ist?«, fragte er und zwinkerte Gundula zu. Elke erstarrte, und unwillkürlich versteifte sich auch Gundulas Nacken. Sie rang sich ein Lächeln ab. »Da habt ihr euch wirklich eine Stärkung verdient«, sagte sie schnell und deutete auf das Tablett mit den Kaffeetassen und dem Plätzchenteller. Wie erwartet ließ Stefan sich das nicht zweimal sagen. Er stürzte sich auf das Gebäck, als habe er seit Tagen nichts zu essen bekommen.
    Gundula betrachtete ihn.
    »… Erleuchte mein Herze durch der Strahlen klaren Schein …«, klang es durch den Raum. Gundula sah, dass auch Elke Stefan, der mittlerweile wieder auf dem Sofa lümmelte und hochzufrieden Plätzchen in seinen Mund stopfte, nachdenklich ansah. Dann wandte sie ihren Blick Gundula zu.
    »… dies lässet meine Seele nichts Böses beginnen …«, sang es.
    »Du hattest völlig recht, Mama«, sagte Elke. »Ich glaube, das wird ein wundervolles Weihnachtsfest für uns alle!«
    Gundula wurde warm ums Herz. »Beeilt euch ein bisschen«, sagte sie. »Um spätestens acht müssen wir essen, damit wir es pünktlich in die Christmette schaffen.«
     
    Stefan versuchte tapfer, seine Enttäuschung zu verbergen. Kartoffelsalat und Würstchen waren nicht das Menü, das er von jemandem wie Gundula an diesem Abend erwartet hatte. Dass die Gans, die nackt und bereit im Kühlschrank lagerte, für den ersten Feiertag vorgesehen war, das hatte er ja mitbekommen. Aber was war mit dem Kaviar, was mit den frischen Austern und dem unglaublich teuren Käse aus dem Feinkostgeschäft? Lag nicht der teure Champagner auf Eis? Dass er sich für Würstchen und Kartoffelsalat so in Schale geschmissen hatte, erschien ihm ein wenig übertrieben.
    Andererseits stand ihm der Anzug ausgezeichnet. Und es war sicher nicht von Nachteil, sich Elke von seiner besten Seite zu zeigen. Sie war etwas spröde. Stefan war froh, dass er sich so gut auf Frauen verstand. Manch anderer hätte ihre Schüchternheit womöglich als Desinteresse missdeutet. Aber Stefan war zuversichtlich. Er sprühte vor Charme. Er machte ihr Komplimente, bedachte sie mit den richtigen Blicken. Das war nicht so einfach, denn ihr Kleid war entsetzlich bieder, wenngleich es immerhin einen Ansatz von Ausschnitt zeigte. Die Kette, die dort funkelte, war kein Modeschmuck. Sie war nicht sein Typ, es blieb dabei, aber Stefan hatte im Lauf des Nachmittags genug getrunken, um ihr Potenzial zu erkennen. Ein paar Pfund mussten runter, natürlich, aber mit neuen Klamotten, mit ein bisschen Schminke und einer flotten Frisur war durchaus etwas zu machen bei Elke.
    »Bescherung ist dann nach der Kirche«, erklärte Gundula ihm gerade. »Ziemlich spät, ich weiß, aber so ist es nun mal Tradition bei uns. Und kurz vor Mitternacht schmeckt der Champagner sowieso am besten!« Sie strahlte ihre Tochter an. »Außerdem ist Vorfreude ja die schönste Freude!«
    Stefan erstarrte kurz. Bescherung. Verdammt! Daran hatte er gar nicht gedacht. So, wie Gundulas Augen leuchteten, rechnete sie womöglich mit einem Geschenk von ihm. Was natürlich ziemlich unfair war. Sie stellten sich so was ja einfach vor, die reichen Leute. Hatten ja keine Ahnung, wie es war für einen wie Stefan, ohne einen Cent auf der Naht. Sah man von den Fünfzigern ab, die er hier und da aus Gundulas prall gefüllter Geldbörse geborgt hatte. Sie hatte den Verlust nie bemerkt. Trotzdem wäre es Stefan widersinnig erschienen, ihr ein Geschenk von ihrem eigenen Geld zu besorgen.
    »Ach, mein Lieber!« Gundula lächelte ihn an. »Schau nicht so. Deine Anwesenheit ist uns doch Geschenk genug.«
    Elke verschluckte sich. Sie hustete, sie röchelte, sie keuchte so schrecklich, dass Stefan sich genötigt sah, den Heimlich-Handgriff anzuwenden. Dabei spürte er ihre großen, weichen Brüste. Sie war doch nicht so übel. Für Elke immerhin hatte er möglicherweise in dieser Heiligen Nacht doch noch ein Geschenk in petto.
     
    Dass vor jeder Freude die Mühsal stand, begriff er wenig später, als sie durch die eisige Nacht stapften. Nicht zur nahegelegenen Elisabethkirche, Gundulas Heimatgemeinde, nein, zum Hochfest zog es sie ins Bonner Münster. Und nicht nur sie, denn als sie kurz nach neun die Stufen zum Seiteneingang der prachtvollen Basilika hinabstiegen, kam der Obdachlose, der den Gläubigen in der Hoffnung auf eine weihnachtliche Spende gern die Tür aufhielt, kaum noch hinterher. Sie fanden eben noch ein freies Eckchen auf

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