Maria, Mord und Mandelplätzchen
sozusagen – na ja, irgendwie zu Besuch sind. Und außerdem wird dich deine Scheiß-Qualmerei irgendwann noch umbringen!«
»Das lass mal meine Sorge sein.« Ihr Feuerzeug klickte. Rauch stieg auf. »Und? Was wird nun? Wirst du deinen Geschäftspartner später umlegen?«
»Natürlich.« Der Nachbar hatte plötzlich seine Selbstsicherheit zurückgewonnen. »Er ist hier eingebrochen, und ich hab ihn quasi auf frischer Tat ertappt.«
Tom hatte auf Empörung gehofft, auf Mitgefühl, vielleicht sogar entschiedenen Widerspruch von Seiten der Frau. Aber nichts dergleichen.
»Guter Plan«, befand sie ohne Umschweife. »Ich geh schon mal vor. Ich kann so was nicht sehen. Weißt du ja, Schatzi.«
Ein neckisches Zwinkern unter langen Wimpern, und keine Sekunde später war sie weg. Tom hörte, wie sie fröhlich die Treppe hinabstöckelte.
»Also«, sagte er, »ich find Ihren Plan nicht so toll, wenn ich das mal sagen darf. Ich meine, nehmen Sie von mir aus ruhig die ganze Kohle. Ich werd schweigen wie ein Grab. Ehrenwort!«
Das Wörtchen »Grab« hatte im Moment einen merkwürdigen Beigeschmack.
»Für wie bescheuert hältst du mich?« Der Nachbar lachte gutmütig. »Nein, nein, das muss schon alles echt aussehen.«
»Aber was sagen Sie der Alten, wo ihre ganze Kohle geblieben ist?«
»Gute Frage.« Der andere runzelte nachdenklich die Stirn. Offenbar hatte er diesen Punkt noch gar nicht bedacht. »Vielleicht hast du ja einen Komplizen gehabt? Und der ist mir dummerweise entkommen? Klingt doch logisch, nicht?«
Tom behielt seine Meinung für sich. Der andere sah sich ratlos um, die Stirn immer noch in sorgenvollen Falten.
»Aber besser nicht hier. Besser auf der Flucht. Sieht glaubwürdiger aus, und in den Rücken zu schießen fällt einem auch leichter. Man erledigt so was ja nicht jeden Tag, nicht wahr?«
Der Revolver machte einen entschlossenen Schwenk in Richtung Tür. »Da lang, wenn ich bitten darf.«
»Soll ich …?« Tom wies zaghaft auf die Tüten.
»Lass mal. Die nehme ich. Nicht dass noch Blut an unsere schönen Sachen kommt.« Der Nachbar lachte herzlich.
Auf dem Weg zur Tür fiel Tom der Schraubenzieher ein. Immerhin so etwas Ähnliches wie eine Waffe. Bis er den allerdings aus dem Rucksack gekramt hatte, war er vermutlich tot. War vielleicht im Flur draußen irgendwas gewesen, mit dem er sich verteidigen könnte?
»Schatzi hat sie mich ewig nicht mehr genannt«, hörte er den Typen in seinem Rücken verzückt murmeln.
Ein Schürhaken vielleicht? Unwahrscheinlich, denn hier gab es ja nirgendwo einen Kamin. Ein Regenschirm? Hoffnungslos. Nein, da war nichts. Keine Rettung in Sicht. Dafür wieder mal die Mündung zwischen den Schulterblättern.
»Ey«, protestierte Tom halbherzig und stolperte auf die Galerie hinaus. »Das tut doch weh, verdammt!«
Hin und wieder vom energischen Druck des Revolvers neu motiviert, taumelte Tom in Richtung Treppe. Irgendwo knurrte Johnny, dem die ganze Veranstaltung zwar nicht gefiel, der aber auch nicht auf die Idee kam, irgendetwas zu unternehmen. So viel zum Thema Freundschaft zwischen Mensch und Tier. Der Typ hinter ihm hielt die Beute in der linken Hand, überlegte Tom, die Wumme in der rechten. Er hatte also im Moment keine Hand frei. Vielleicht, wenn er herumfuhr, dem anderen den Revolver wegschlug und einfach losrannte? Dummerweise war sein Gegner aber fast zehn Zentimeter größer als er und außerdem sportlich bis zum Gehtnichtmehr …
Und wenn es ihm gelang, die Sache so lange hinauszuzögern, bis die Alte zurückkam? Schwierig. Der Nachbar war nicht auf den Kopf gefallen und konnte außerdem auch schon die Uhr lesen. Am Fuß der Treppe stand seine Tussi mit dem Rücken zu ihnen und qualmte. Tom war jetzt an der ersten Stufe angelangt, zögerte. Irgendwo auf der Treppe würde es passieren, das war klar. Wieder ein spitzer, schmerzhafter Stoß in den Rücken. Die erste Stufe. Und weit und breit nichts, was man packen und dem Idioten um die Ohren hauen könnte. Keine Waffe. Keine Hoffnung.
Tom fühlte sich elend und dumm und traurig. Was würden die Kids machen, an Heiligabend, ohne ihren geliebten Papi? Von wem sollten sie Geschenke bekommen, wenn nicht von ihm?
Wieder ein Stoß. Es half nichts. Zweite Stufe.
Noch ein Stoß. Eher symbolisch diesmal, freundschaftlich fast.
Wie viele Stufen mochte diese Scheißtreppe haben? Und auf welcher würde der Typ abdrücken? Eher auf der ersten oder erst auf der zweiten Hälfte?
Wenn es doch irgendeinen
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