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Maria, Mord und Mandelplätzchen

Maria, Mord und Mandelplätzchen

Titel: Maria, Mord und Mandelplätzchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stöger
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am Meer lag und sich die Sonne auf den Bauch scheinen ließ. Zusammen mit Oliver, seinem angeblich besten Kumpel. Jetzt nicht daran denken. Gar nichts denken.
    Heute würde er zu den Glückspilzen gehören, so viel war mal sicher. Die alte Holztür knackte, schon war sie offen.
    Licht. Tannenduft. Eine riesige Nordmanntanne. Er kannte sich aus, seit er einmal vier Wochen lang beim Christbaumverkauf auf dem Marktplatz ausgeholfen hatte. Das Prachtstück, bestimmt seine hundertfünfzig Mücken wert, stand mitten in der Halle. Fünf, sechs Meter hoch, überreich geschmückt mit silbrig glitzerndem Klimperzeugs und tonnenweise Lametta.
    Aber keine Zeit jetzt, anderer Leute Weihnachtsbäume zu bewundern. Jetzt ging es um die Wurst. Die Wurst, die es übermorgen nicht geben würde, wenn er weiter diese dämliche Angeber-Tanne anglotzte.
    Die Treppe mit dem wunderschön geschmiedeten Geländer, die sich so elegant nach oben schwang, auch die hatte er schon einmal gesehen. Damals, als die Alte ihm mit leicht gerümpfter Nase klarmachte, ihr Haus verfüge nicht über Personaltoiletten, und sie sollten sich nicht unterstehen, etwa in den Garten zu – ähm … Unten, am Ende der Straße, gebe es ein kleines Lokal – das Wort hatte sie ausgesprochen, als könnte eine Kneipe Herpes haben –, und sie sollten doch vielleicht dort um Erleichterung nachsuchen.
    Heute war der Tag der Rache. Tom packte den Riemen seines Rucksacks fester.
    Wo war der Hund?
    Der Hund war ein schwacher Punkt in seinem Plan. Ein schwarzes Riesenvieh, Labrador vielleicht. Von der Straße aus hatte er ihn oft gesehen, im Vorbeischlendern. Den Hund ließ sie jeden Tag einige Male raus aufs Gelände, das für einen Garten zu groß und für einen Park zu klein war.
    In der Regel kam Tom mit Hunden gut klar. Jedenfalls besser als mit Frauen. Aber diesen hier kannte er noch nicht. Durch den Zaun hatte man sich auch schon ein wenig angefreundet. Johnny hieß er, so viel wusste er, weil die Alte ihn so rief, wenn seine Pinkelzeit abgelaufen war. Trotzdem war der Hund ein Risiko.
    An Johnnys Stelle entdeckte Tom eine Katze, rabenschwarz mit leuchtend blaugrünen Augen, die in sicherer Entfernung vor dem altmodischen Gussheizkörper saß und ihn feindselig beäugte. Eine Katze würde ihm wohl kaum gefährlich werden.
    Ah, da kam er.
    »Johnny«, sagte Tom ruhig und leise, ging in die Hocke und streckte eine Hand aus. »Wie geht’s dir, alter Mistköter?«
    Johnny leckte begeistert seine Finger, Tom tätschelte ihm ein wenig die Flanke, und schon hatte man sich angefreundet. Ein Blick auf die Uhr. Seit acht Minuten war er hier. Jetzt aber an die Arbeit.
    Neben dem Heizkörper mit Katze ein Megading von Garderobe, an der leider kaum etwas hing. Zwei Handtaschen, leer bis auf ein paar Haarklammern und ein nach Kölnisch Wasser duftendes Tüchlein. In den Taschen des schon ein wenig abgewetzten Wintermantels nichts als Flusen und noch zwei Haarklammern.
    Die große Küche war rasch erledigt. Was findet man schon in einer Küche? Hundefutter. Johnny war begeistert, die Freundschaft besiegelt. Die Katze ging leer aus und guckte vorwurfsvoll.
    Quer durch die Halle zum Wohnraum, ungefähr so groß wie seine Zweizimmerwohnung, in der er zusammen mit Yvonne und Kevin hauste. Altbau, viertes OG ohne Lift, warmes Wasser vor Wochen zum letzten Mal. Yvonne war elf und wünschte sich ausschließlich Dinge, die rosafarben waren. Kevin wurde in wenigen Wochen zehn und hoffte seit Jahren vergeblich auf eine Autorennbahn mit Doppellooping. Übermorgen würde er sie bekommen. Falls sein Vater jetzt keinen Mist baute.
    Ein schön geschnitzter alter Sekretär mit sechs Schubladen, drei auf jeder Seite. Bilder an den Wänden, die er nicht würde zu Geld machen können. Vitrinen voller Porzellan, bemalt, vielleicht wertvoll, vielleicht nicht. Zwei der Schubladen waren abgeschlossen. Aber nicht mehr lange. Kein Geld, nicht ein Cent. Dafür eine Taschenuhr, uralt, Gold vielleicht. Rein damit in den Rucksack. Sein Talisman für die nächste halbe Stunde.
    Zum Esszimmer ging es durch eine doppelflügelige, hübsch verglaste Tür. In den Schubladen Besteck, Serviettenringe, Plunder. Was hatte er erwartet? Das Silber war was wert, dummerweise aber alles graviert. Besser die Finger davon lassen.
    Ein Geräusch ließ ihn herumfahren. War da ein Knacken gewesen? Nein, nur diese blöde Katze, die ihn allmählich nervös machte. Sie hielt sich in sicherer Entfernung und glotzte ihn

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