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Maria, Mord und Mandelplätzchen

Maria, Mord und Mandelplätzchen

Titel: Maria, Mord und Mandelplätzchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stöger
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vernehmungsfähig. Von einer vierten Person, einem gewissen Tom zum Beispiel, war in dem Dreißig-Zeilen-Artikel keine Rede.
    Der Füller hatte es gebracht. Der Füller, den Tom aus reinem Frust eingesackt hatte. Der Trödler in der Altstadt, dem er das Ding gestern Nachmittag auf den Tresen gelegt hatte, angeblich ein Erbstück seines jüngst verstorbenen Opas, hatte ganz glasige Augen bekommen. »Montblanc«, hatte er mit erstickter Stimme geflüstert, »Edition Lorenzo de Medici!« Und dann hatte er Tom aus dem Stand zwofünf geboten. Als diesem daraufhin für längere Zeit die Luft wegblieb, hatte er sein Angebot auf dreitausend erhöht, letztes Wort, und als Tom immer noch nicht reagierte, auf dreifünf, denn schließlich war Weihnachten, nicht wahr. Tom hatte stumm und feuchten Auges akzeptiert. Für die goldene Taschenuhr, in die er eigentlich seine Hoffnungen gesetzt hatte, hatte der Typ nur schlappe fünfundzwanzig bezahlen wollen. Und so hatte er sie als hübsches Andenken einfach wieder mitgenommen.
    Vielleicht würde er sie eines Tages reparieren lassen.

Autorenvita
    Wolfgang Burger, geboren 1952 im Südschwarzwald, ist promovierter Ingenieur und als Leiter einer Forschungsabteilung am Karlsruher Institut für Technologie KIT tätig. Er ist verheiratet, hat drei inzwischen erwachsene Töchter und lebt in Karlsruhe. Seit 1995 schreibt er Kriminalromane und hin und wieder auch Kurzgeschichten. Zuletzt erschienen sind sieben Romane um Kriminaloberrat Alexander Gerlach, den Chef der Heidelberger Kriminalpolizei.

[home]
    Tatjana Kruse
    Friede, Freude, Gänsekeule
    Schwäbisch Hall
    »Ho, ho, ho!«, rief Karl-Heinz in die Kamera, die an der Pforte vor der Villa auf dem Schwäbisch Haller Friedensberg die Besucher kritisch beäugte. »Der Weihnachtsmann ist da!«
    »Sie sind zu spät. Nun aber hurtig«, krächzte eine geschlechtslose Stimme aus der Sprechanlage, und die Pforte glitt lautlos auf.
    Karl-Heinz, Gerd und Rüdiger marschierten die Kiesauffahrt hinauf. Passenderweise fing in diesem Moment der Schnee leise zu rieseln an.
    Vorn an der Villa trat eine Dame mittleren Alters vor die Tür. Sie trug ein graues Kaschmirkleid mit Perlenkette und einen äußerst gestrengen Blick zur Schau. »Etwas zackiger, meine Herren. Wir hätten beinahe schon mit der Gans angefangen. Das wird sich auf Ihr Trinkgeld auswirken!«
    »Heiligabend ist immer die Hölle los, gnädige Frau.« Karl-Heinz lächelte entschuldigend. Dem Lächeln von Karl-Heinz konnte man eigentlich nicht widerstehen, schon gar nicht, wenn er, wie an diesem Heiligabend, in einem leuchtend roten Weihnachtsmannkostüm steckte. Kugelrund, verschmitzte Äuglein, breites Lächeln, Bassstimme – er spielte den Weihnachtsmann nicht, er
war
der Weihnachtsmann.
    Aber die Kaschmirfrau widerstand seinem Charme dennoch. Hart wie Kruppstahl. »Das interessiert mich nicht«, erklärte sie. »Wenn ich Sie für fünf Uhr buche, dann will ich Sie auch um fünf Uhr hier haben und nicht um …« Sie blickte auf ihre diamantenbesetzte Armbanduhr. » … um sechs Uhr zwo.«
    Karl-Heinz nickte verstehend.
    Zweimetermann Gerd neben ihm war als Weihnachtself in grüne Leggins und rote Zipfelmütze gehüllt, ein Zugeständnis an alle, die zu viele amerikanische Weihnachtsfilme gesehen hatten. »Merry Christmas«, brummte er und beugte sich vor, um der Kaschmirfrau einen Kuss zu geben. Karl-Heinz boxte ihm seinen dicken Ellbogen gerade noch rechtzeitig in die Rippen. »Was denn?«, beschwerte sich Gerd, »sie steht doch unter einem Mistelzweig!« Karl-Heinz und die Kaschmirfrau rollten synchron mit den Augen.
    Rüdiger beschlich ein ganz ungutes Gefühl. Er gab in diesem Szenario das typisch deutsche Christkind. Ja gut, eine Frauenrolle, aber er war auch nur die Aushilfe und musste froh sein, dass er überhaupt noch einen Job bekommen hatte. Das sicherte ihm die Miete. Zehn Auftritte bis Mitternacht, zweihundert Euro bar auf die Kralle.
    Rüdiger trug ein weißes Spitzenkleid und eine wallende Blondhaarperücke. »Joyeux Noël«, rief er, improvisierend, um dem Multikulti-Gedanken Rechnung zu tragen.
    Karl-Heinz warf ihm einen warnenden Blick zu. »Fröhliche Weihnachten«, korrigierte er.
    »Jetzt noch nicht«, erklärte die Hausherrin barsch. »Drinnen warten schon alle. Ich hoffe, Sie wissen, was Sie zu tun haben?« Sie wedelte mit der Liste, die die drei Männer in Kopie auch schon von der Weihnachtsmann-Agentur erhalten hatten: die Namen der Anwesenden sowie eine

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