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Maria, Mord und Mandelplätzchen

Maria, Mord und Mandelplätzchen

Titel: Maria, Mord und Mandelplätzchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stöger
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erwartungsvoll.
    Frau Köhlbrand-Messerschmidts Augenbrauen schossen nach oben. Sie hätte gern: »Passen Sie doch auf! Das ist eine Bio-Freilauf-Edelgans, nach einem Lafer-Rezept geschmort!«, gerufen, aber sie konnte nicht, sie hatte ihre Wolford-Strumpfhose im Mund.
    »Tut mir leid, das mit den Soßenflecken auf der Damasttischdecke, aber durch diesen ekligen Bart sehe ich kaum etwas«, entschuldigte sich Rüdiger.
    Man konnte ihm wirklich keinen Vorwurf machen: Es war ein billiger Einer-passt-allen-Rauschebart aus dem Fundus von
Rent-a-Santa,
für Rüdigers schmales Gesicht viel zu füllig und nach unsachgemäßer Reinigung zu urwaldgleicher Verstrupptheit föhngeblasen.
    Rüdiger warf Sonja einige Gänsehappen zu, dann säbelte er herzhaft weiter. Er hatte eine lange Flucht vor sich und brauchte unterwegs womöglich eine Stärkung. Als er der Prachtgans endlich beide Beine amputiert hatte, strahlte er glücklich: »Gänsekeulen-to-go!«
    Die große Standuhr mit dem Westminsterschlag schlug 19  Uhr, als Rüdiger die Gänsekeulen – in Stoffservietten gehüllt – in seine Weihnachtsmann-Hosentaschen schob. Er schulterte den Sack, von dem er noch nicht wusste, dass eine Viertelmillion Euro in steuerhinterzogenem Schwarzgeld darin lag und die Köhlbrand-Messerschmidts den Verlust dieser Summe den dreißig Minuten später eintreffenden Streifenbeamten nicht mitteilen konnten.
    Sie konnten nur den falschen Karl-Heinz – schwere Gehirnerschütterung, geprellte Halswirbel – und den falschen Gerd – Kreislaufkollaps nach Hundebissschocktrauma – wegen Einbruchsversuchs mit Geiselnahme verhaften lassen. Dass ein Dritter im Bunde war, verschwiegen die Köhlbrand-Messerschmidts. Und auch
Rent-a-Santa
breitete den Mantel des Schweigens über den nicht versicherten Schwarzarbeiter. Es war, als hätte Rüdiger nie existiert.
    Die letzten Worte des sehr real existierenden Rüdigers an die Köhlbrand-Messerschmidts lauteten: »Isch werde Rettüng für Sie verständigen, sobald ich genügend Vorsprüng ’abe.« Nur nicht aus der Rolle fallen! Das hatte er aus einem Zeitungsinterview mit Robert De Niro. Hoffentlich gab es in Patagonien oder Frankfurt an der Oder eine Theatergruppe, der er sich anschließen konnte. Ihm würde sonst was fehlen.
    Dann schritt Rüdiger hinaus in die Nacht.
    Pitbull Sonja sah ihm nach, sah zu den Köhlbrand-Messerschmidts, sah wieder zu Rüdiger und lief ihm wackelnd hinterher.
    Hund und neuer Herr marschierten dem Horizont entgegen. Den Sonnenuntergang musste man sich dazudenken. Es war ja Heiligabend und somit um diese Zeit schon stockfinster in dem feinen Villenviertel in Schwäbisch Halls exklusivster Hangwohnlage.
    Aber eins war klar, auch wenn es die beiden in diesem Moment noch nicht wussten: Sie waren auf ihrem Weg ins Glück.
    Ein Weihnachts-Happy-End!

Autorenvita
    Tatjana Kruse, Jahrgangsgewächs aus süddeutscher Hanglage mit Migrationshintergrund (Vater Schweizer, Mutter Friesin), lebt und arbeitet in Schwäbisch Hall (kein Synonym für eine Bausparkasse, sondern die vermutlich kleinste Metropole der Welt). Seit dem Jahr 2000 schreibt sie Kriminalromane, u.a. die
Kommissar Seifferheld
-Reihe im Knaur Verlag.
    Mehr unter: www.tatjanakruse.de

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    Marita Erfurth
    Und der Schnee rieselt leise
    Bad Dürrheim
    Es schneit ein bisschen.
    Eva stellt das Autoradio an. Zum Glück nicht so laut. Ein Kinderchor singt Weihnachtslieder. Gefällt mir.
    Schneeflöckchen, Weißröckchen, wann kommst du geschneit …
    Das Lied passt ja richtig. Wie schön.
    Eva will jetzt unbedingt noch den Weihnachtsbaum besorgen. Meinetwegen. Obwohl sie das von mir aus gerne auch alleine hätte machen können. Immer glaubt sie, sie müsste mich überallhin mitnehmen. Andererseits fahre ich schon gerne mit. Ist mal ’ne Abwechslung. Wenigstens sind es noch ein paar Tage bis Heiligabend. Die Straßen um die Bad Dürrheimer Einkaufsmeile sind noch nicht allzu verstopft, obwohl Eva natürlich wieder mal über die Bundesstraße ins Industriegebiet fährt. Tausendmal habe ich ihr schon gesagt, sie soll über Hochemmingen fahren, weil das schneller geht. Und mehr Spaß macht. Aber so ist das eben, wenn man nichts mehr zu sagen hat. Die kleine Verbindungsstraße zwischen Sunthausen und Hochemmingen war früher immer meine Lieblingsstrecke. Wie oft bin ich nach Hochemmingen gefahren zum Fotoatelier Rolf Becker direkt an der Kurve. Gibt’s schon lange nicht mehr. Und dann gegenüber noch ’ne Brezel geholt im

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