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Maria, Mord und Mandelplätzchen

Maria, Mord und Mandelplätzchen

Titel: Maria, Mord und Mandelplätzchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stöger
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dem Baumverkauf. Vergiss es, Mädchen. In deinen Smart bekommst du nie im Leben eine Tanne rein. Aber vielleicht liefern die ja auch? Wird aber teuer.
    Wenigstens hat es aufgehört zu schneien. Sonst könnte ich gar nichts mehr sehen durch die Scheibe. Liegt sowieso schon genug Schnee. Hoffentlich sind die Reifen gut. Die Hirschhalde hoch ist es immer ziemlich glatt. Aber vielleicht fährt sie ja wenigstens über Hochemmingen heim. Dann könnte sie kurz beim Laufer anhalten und mal einen TÜV -Termin fürs Auto ausmachen. Aber daran denkt sie bestimmt nicht. Außerdem, vor dem Ortseingang wird es auch steil, und wahrscheinlich ist da gar nicht gestreut. Die nehmen da nie Salz.
    Jetzt macht der Möchtegern-Weihnachtsmann die Türen am Lieferwagen hinten auf, so dass ich den Baumverkauf nicht mehr sehen kann. Prima. Ob Eva endlich dort ist?
    Das Blümelein so kleine, das duftet uns so süß …
    Von mir aus könnte jetzt mal ein anderes Lied laufen.
    Was macht der da eigentlich? Steht bloß rum und verdeckt mir die Sicht. Hat mich wahrscheinlich nicht bemerkt. Hat sowieso nicht hergesehen. Warum auch. Hat ja genug damit zu tun, Löcher in seinen Lieferwagen zu starren. Tolle Pause.
    Jingle bells, jingle bells …
    Hier ist wirklich nichts los. Ich an seiner Stelle würde heimgehen und am Samstag wiederkommen, wenn es sich lohnt. Aber der ist wahrscheinlich fest angestellt. Ob Edeka solche Leute zahlt? Oder die Aussteller vom Weihnachtsmarkt? Viel verdient er bestimmt nicht. Sicher Hartz IV . Darf der sich überhaupt etwas dazuverdienen? Na ja, ist nicht mein Problem. Jetzt tut sich was. Ob Eva …? Nein, das junge Fräulein kommt. Hat ’ne Plastiktüte dabei. Würde Eva nie machen. Die hat immer einen Korb im Auto.
    Der Weihnachtsmann ruft ihr etwas zu. Kennen die sich? Jetzt geht sie hin. Würde ich nicht, an ihrer Stelle. Der sieht verschla… Hallo! Was ist jetzt los? Will der sie küssen, oder was? Sieht nicht so aus, als ob sie das gut findet. Die wehrt sich ja richtig. Die Tüte knallt auf den Boden und verschwindet halb unter dem Lieferwagen. Gott, ist mir jetzt heiß. Komm, reg dich nicht so auf. Tut dir nicht gut. Mensch, der hält sie fest und drückt ihr was vor den Mund. Das darf doch nicht wahr sein. Jetzt hab ich schon wieder Herzrasen. Was macht der denn? Die sackt ja ganz zusammen! Der hält sie fest und dreht sich mit ihr im Kreis. Spinnt der? Der schaut sich um. Wenn ich nur nicht so einen trockenen Mund hätte. Hat er mich gesehen? Jetzt schleppt er sie an sein Auto ran. Schmeißt sie einfach hinten rein! In den Laderaum! Scheiße! Scheiße! Der entführt sie. Das gibt’s doch nicht. Meine Augen brennen, kommt bestimmt von dem Schweiß, der mir von der Stirn tropft.
    Jetzt aussteigen und den Typen zusammenschlagen. Das Mädel retten.
    Ich bin starr. Kann mich nicht bewegen. Kann einfach nicht. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Gleich kippe ich um. Kommt denn da niemand? Jetzt knallt er die Tür zu und rennt nach vorne. Der steigt ein! Mir wird schlecht. Eine Entführung! Hilfe!
    Die Nummer merken. Die Autonummer, Mensch. Ich kann sie nicht erkennen. Sehe sie nur verschwommen. Meine Augen brennen zu sehr.
    Nein, der steigt nicht ein. Der kommt hierher. Der hat mich gesehen. Um Gottes willen, ich bin ein Zeuge! Gleich muss ich kotzen. Der will mich umbringen. Grinst mir genau ins Gesicht durch seinen Scheißbart. Der geht ganz gelassen auf unser Auto zu.
    Kling, Glöckchen, klingelingeling …
    Da kommt einer. Danke, danke, Gott sei Dank! Den kenn ich. Der verkauft da drin immer Gürtel und so. Geheiligt und gesegnet seien alle Raucher. Er bietet dem maskierten Drecksack eine Zigarette an. Komm, nimm sie, Blödmann. Nein, er lehnt ab. Man glaubt es nicht. Der ist ganz entspannt. Lacht mit dem über irgendwas.
    Bitte, Eva, komm jetzt! Solange der andere Typ da ist. Eva – wenn er sie auch …
    Da kommt sie ja! Mach schnell! Mit dem riesigen Baum in den Armen sieht sie doch gar nichts. Scheiße, der Raucher geht. Der Maskierte will an meine Tür. Aber der ist zu dick, kommt nicht durch die enge Lücke. Jetzt ist Eva da. Redet mit ihm. Schaut dann besorgt zu mir. Was hat der ihr erzählt? Lass sie bloß in Ruhe, du, du …
    Sie reißt die Fahrertür auf: »Was ist denn mit dir, Papa? Du bist ja knallrot und ganz nassgeschwitzt!«
    Die Maske redet auf sie ein.
    »Nein, ich weiß nicht, was er hat. Vielleicht wegen der Weihnachtslieder. Er kann seit seinem Schlaganfall nicht mehr sprechen.«

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