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Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte

Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte

Titel: Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Joens
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Schürze gereicht hatte. Übers Backen wollte Hilla mit Miriam reden, aber während des gemeinsamen Wiegens, Siebens und Knetens hatte sie begonnen, Miriam gezielt auszuhorchen. Der Grund ihrer präzisen Erkundigungen war eindeutig ihre Angst um den wundervollen Sohn, dessen wertvolles Seelchen nur allzu leicht ins falsche Fangnetz geraten könnte. Beim anschließenden Ausstechen der Sternschnuppen und Monde für die Butterplätzchen hatte Hilla die tödliche Munition für den späteren Abschuss gesammelt, zumindest war das Miriams Gefühl. Hier war sie definitiv nicht länger als ein Wochenende willkommen.
    Oberhalb des Hofes, wo er mit seinem Vater einen umgeknickten Zaunpfahl aufgerichtet hat, der erneut verankert werden muss, beobachtet der Cowboy, wie Miriam auf der Bergstraße zum Dorf hinuntergeht. In ihrem weiten Umhang, den der aufkommende Wind aufplustert, sieht sie merkwürdig verloren in der gleißenden Schneelandschaft aus, und er glaubt zu sehen, wie sie ab und zu auf dem gefrorenen Untergrund den Halt zu verlieren scheint und für ein paar Schritte ins Rutschen kommt. Joe kneift seine Augen zusammen, um sie besser sehen zu können, bevor er das Wort an den arbeitenden Vater richtet.
    »Hast net g’streut?«
    »Na, heut net. Warum?«
    »Weil s’ ma am End noch ausrutscht, die Miri, mit ihrem Bauch.«
    Joes Vater richtet sich erstaunt auf, denn bis jetzt hatte er im Gegensatz zu seiner Frau angenommen, dass Joe keinerlei persönliches Interesse an der Dresdnerin hat. Er sieht ebenfalls zu, wie Miriam die Straße entlangschlittert, und blickt seinen Sohn prüfend an.
    »Is des Kind von der am End’ doch von dir?«
    »Na! Aber was hat jetzt des damit zu tun, ob’s von mir is oder von am anderen? Wenn die Miri hinfällt, dann wär’s net guad, oder?«
    »Na, guad wär’s net. Aber es wär’ ihr Problem und net deins!«
    Joe zuckt mit den Schultern und sagt nichts mehr. Ernst sieht den Sohn belustigt von der Seite an und fragt noch ein paarmal nach, ob sich Joe auch ganz sicher ist, die Frau erst am Vortag kennengelernt zu haben. Joe antwortet einsilbig, versucht keine Miene zu verziehen und arbeitet weiter, so als würde ihn die Frau auf der rutschigen Straße nicht das Geringste angehen. Aber so unauffällig wie möglich wandert sein Blick immer wieder zu ihrem wehenden Umhang, bis Miriam hinter dem kleinen Dorfwäldchen außerhalb seines Blickfeldes verschwindet.
    »Los! Schneller! Jetzt lauf schon …«
    Bene treibt seine Schwester an, und um die Wette laufen sie den Berghang hinter dem Hof hinauf, an dem sie vorhin mit den Pferden auf dem kleinen Weg vorbeigeritten sind. Auf der Bergwiese, wo nicht geräumt wurde, steht der Schnee fast einen halben Meter hoch, und immer wieder sinkt Anna-Sophie bis zu den Knien ein. Bene zieht einen altmodischen Schlitten hinter sich her, der bis zur Hälfte im glitzernden Weiß versinkt, was ihn die doppelte Anstrengung kostet. Doch trotzdem berührt er als Erster den mächtigen Baumstamm auf dem Hang und ist der Sieger. Es ist ein merkwürdiger Ort, der fast ein wenig unheimlich wirkt, obwohl die Sonne immer noch scheint. Am Stamm der kahlen Linde auf dem Hügel hängt ein kleiner Schrein. Darauf steht eine kleine Madonnenstatue mit ausgebreiteten Armen, vor der ein Sträußchen gelber Plastikblumen in einem Joghurtglas steckt. Anna-Sophie kommt atemlos ebenfalls an dem Baum an. Ihr Blick folgt dem des Bruders.
    »Das sind Schlüsselblumen.«
    Anna-Sophie deutet auf die gelben Plastikblumen im Schrein, denn sie ist stolz darauf, durch ihre Mutter fast alle heimischen Blumen zu kennen. Bene muss plötzlich schlucken. Die ausgebreiteten Arme erinnern ihn daran, wie viel sie verloren haben. Deswegen beginnt er, mit Anna-Sophie über diesen Schrein am Baumstamm zu streiten, den seine Schwester spontan schön findet. Diese Maria sei zu klein für den dicken Stamm und würde viel zu hoch hängen. Die gelben Plastikblumen seien kitschig, und Anna-Sophie sei ohnehin nur ein dummes kleines Mädchen. Bene wird wütender und wütender, und aus seinen scharfen Worten werden harte Tritte gegen die heilige Berglinde. Nein, der Baum kann nichts dafür, aber die Linde gibt die Splitter ihrer Rinde gerne her, damit der Junge ein wenig von seinem galligen Schmerz loswerden kann.
    Anna-Sophie steht stumm daneben. Es macht ihr keine Angst, wenn Bene wütend wird. Er hat sie nur ein einziges Mal geschlagen und damals recht gehabt, denn sie hat ihm mit Absicht sein Lieblingsflugzeug

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