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Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte

Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte

Titel: Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Joens
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echt wirkt wie das Schneegestöber mit dem Petersdom unter seinem Kruzifix. Jetzt deutet der Pfarrer auch das Kreuzzeichen an und setzt sich kerzengerade hin, um Miriam volle Aufmerksamkeit zu signalisieren. »Nur zu!«
    Aber kommt es Miriam nur so vor, oder verirrt sich sein Blick hinter den fettigen Brillengläsern tatsächlich einen kurzen Monat lang in ihrem Ausschnitt? Das kann nicht sein, und trotzdem zieht Miriam automatisch den Umhang fester um sich. Mit einem Mal hat sich ein fetter Frosch in ihren Hals gesetzt. Alles in ihr ist wie zugeschnürt. Unter dem erwartungsvollen Blick des Pfarrers fühlt sie sich in ihre Kindheit zurückversetzt, als sie mit ihrer Schwester beim Kirschenklauen erwischt wurde. Damals war es eine alte Ordensschwester, die den Ruf hatte, verrückt zu sein. Trotzdem hat Miriam die Sätze über die göttliche Strafe für Kirschenklau ihr Leben lang nicht vergessen. Verdammnis, Fegefeuer, ewige Finsternis. Kurz nach dem Kirschendiebstahl hatte sie sich eine Glasscherbe in den Fuß getreten, und die Wunde hat mitten im Sommer wochenlang geeitert, sodass sie nicht mit ihrer Schwester schwimmen gehen konnte.
    Der Pfarrer wartet immer noch. Jetzt sieht er beunruhigt aus.
    »Ist es so schlimm? Umso wichtiger, liebe Frau Bechow, dass Sie mit der Beichte den Sprung in Gottes Arme wagen. Warum sind Sie wirklich zu mir gekommen?«
    Der Blick des Pfarrers fängt den ihren ein, und Miriam schenkt ihm ein reuevolles Nicken, um einen Moment Zeit zu gewinnen. In ihr werden Sätze laut, die der Pfarrer bestimmt nicht hören will. Ich bin obdachlos, pleite, habe jede Menge Existenzängste und stehe kurz davor, die beiden Kinder zu verlieren, die ich über alles liebe. Miriam fragt sich nur, ob sie nicht vorher ihren Verstand verlieren wird in diesem bayerischen Biederkaff.
    Nein, sie wird dem Pfarrer stattdessen ein hübsches Theaterstückchen vorführen, um an ihr Ziel zu kommen, denn vor ihrem eigenen ganz persönlichen Gott hat Miriam in den letzten Monaten rein gar nichts falsch gemacht. Jeglicher Mundraub war zum Wohl der Kinder, und ihren Stillbüstenhalter braucht sie für das Baby. Auch alles andere, was sie sich in den letzten Monaten an Unrecht geleistet hatte, geschah aus Not und erhält innere Absolution. Nie würde sie zu einer Beichte hierherkommen, denn sie ist noch nicht einmal katholisch oder sonst wie getauft. Aber das wird sie diesem Pfarrer nicht unbedingt unter die Nase reiben, da sie die Vereinsmeierei unter den Glaubensgruppen ohnehin für einen zu kleinlichen Gedanken für einen wahrhaftigen Gott hält. Keinesfalls will sie das Falsche sagen und versucht ein weiteres Lächeln, diesmal mit züchtig niedergeschlagenen Augen. Unterwerfung und Scheu versucht sie zu signalisieren, und es wirkt. Der Pfarrer lächelt genauso sanft zurück.
    »Trauen Sie sich, Kind … ich beiße wirklich nicht, und Gottes Vergebung ist allen reuigen Sündern sicher.«
    Miriam räuspert den Frosch aus ihrem Hals weg und versucht so aufrichtig wie möglich auszusehen.
    »Also wissen Sie, Herr Pfarrer, zunächst wollte ich mit Ihnen wirklich lediglich über mein Lied sprechen. Die Möglichkeit, mich unter Umständen hier in Bayern musikalisch einzubringen, während ich mit meinen Kindern zu Gast bin, ist ja an sich bereits ein … ein … echtes Himmelsgeschenk!«
    Sein wohlwollendes Lächeln bestätigt Miriams Kurs, und sie fährt mit noch mehr Elan fort.
    »Musik ist mein Leben, wissen Sie. In Dresden habe ich viele Jahre an der Musikhochschule unterrichtet, bevor die Kinder mich vor neue Aufgaben gestellt haben. Unser Herrgott hat mir letztes Jahr im Traum dieses Lied geschickt! Nur er ist es doch, der unsere Wege als Künstler auf so wunderbare Weise lenkt und leitet, nicht wahr?«
    Nach dieser Frage macht Miriam mit Absicht eine kunstvolle Pause, um ihre Worte wirken zu lassen. Dann zwingt sie sich zu einem weiteren Lächeln, diesmal mit Blick auf das Kruzifix.
    »Das mir im Traum gesandte Lied habe ich dann aufgeschrieben, aus Mitgefühl für unsere Brüder und Schwestern, die zu Weihnachten nicht bei ihren Familien und auch nicht in ihrer Heimatgemeinde mit ihren heiligen Hirten feiern können, die ihnen die nötige seelische Kraft geben, um da draußen den vielfältigen Sünden widerstehen zu können …«
    Wieder eine Kunstpause. Der Pfarrer nickt. Sie soll weitersprechen, inzwischen hat sie seine volle Aufmerksamkeit.
    »… denn die Wege, die unser Herr so wunderbar für uns alle gestaltet,

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