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Mariana: Roman (German Edition)

Mariana: Roman (German Edition)

Titel: Mariana: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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strich mit den Händen über meinen einfachen Rock und sah ihm tapfer ins Gesicht. »Ich nehme nur die Einladung eines Gentleman an, Mylord«, verbesserte ich ihn schlagfertig, »mir einige seiner Bücher auszuleihen.«
    »Ein Glück für Euch, daß ich ein Gentleman bin«, antwortete er mit lachenden Augen, »denn Ihr geht in der Tat ein Wagnis ein, so ungeleitet hierher zu kommen. Zweifellos sind meine Bediensteten der Ohnmacht nahe ob dieser Unschicklichkeit.«
    Ich lächelte und dachte an den Gesichtsausdruck des Mannes, der mir die Tür geöffnet hatte, und an seine stotternde Fassungslosigkeit, als er ging, um seinen Herrn zu suchen. Plötzlich fiel mir etwas ein, und ich sah ihn ernüchtert an.
    »Sie werden doch nichts verraten?« fragte ich schnell. »Das heißt, mein Onkel …«
    »… wird nie von Eurem Abenteuer erfahren«, beendete Richard de Mornay den Satz für mich. »Meine Bediensteten mögen zwar Puritaner sein, was ihre Moral betrifft, aber sie sind mir treu ergeben. Euer Onkel ist nicht zu Hause, nehme ich an.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Er ist hinunter nach Salisbury gefahren, zusammen mit Tante Caroline.«
    »Nach Salisbury?« Ich glaubte, daß seine Augen sich einen Moment verhärteten, aber der Eindruck war flüchtig und bald wieder vergessen. »Nun, dann braucht ihr Euch mit Eurem Besuch nicht zu beeilen«, entschied er. »Wollt Ihr zuerst die Bibliothek sehen, oder das ganze Haus besichtigen?«
    Die Frage war leicht zu beantworten. »Die Bibliothek, bitte.«
    »Wie Ihr wünscht.« Er neigte seinen Kopf und war nicht überrascht. »Folgt mir, wenn es Euch beliebt.«
    Er führte mich einen dunklen Gang entlang und hinaus in eine Art Kreuzgang um einen ruhigen Innenhof herum, der kühl und grün und friedlich dalag. Hier blühten keine Blumen, außer einer Handvoll zarter Blüten, die sich liebevoll über eine in den Boden eingelassene weiße Steinplatte rankten.
    »Das Grab meiner Mutter«, sagte Richard, als ich ihn danach fragte. »Als Katholikin verweigerte man ihr ein Begräbnis auf dem Friedhof.«
    Ich runzelte nachdenklich die Stirn. »Ist das der Grund, weshalb Ihr nicht an den Gottesdiensten teilnehmt?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Ich zahle lieber die Bußgelder und bete nach meinem eigenen Gewissen«, antwortete er. »Ich kann keine Kirche anerkennen, die so über eine fromme Frau urteilt.«
    Er stieß eine schwere, knarrende Tür auf und führte mich in einen anderen Gang, in dem die Luft schwer war von dem wunderbaren Duft von Leder. Ich hatte oft von Zimmern geträumt, die mit nichts als Büchern gefüllt waren, aber ich hatte noch nie wirklich eines gesehen, so daß mich der Anblick von Richard de Mornays Bibliothek einen Moment lang sprachlos machte.
    »Die gehören alle Euch?« fragte ich voll Staunen, während meine Augen Reihe um Reihe der schön gebundenen Bände absuchten, und er lachte über den unverhohlenen Neid auf meinem Gesicht.
    »Ja. Eines Tages werde ich einen größeren Raum für sie herrichten, aber einstweilen muß dieser genügen. Ihr könnt Euch ausleihen, was immer Ihr wollt.«
    Ich hätte einen Monat gebraucht, um alle Titel zu lesen. Ich trat vor und wählte geschwind einen kleinen, dicken Band aus einem der unteren Regale. »Kann ich dieses hier borgen?« fragte ich ihn.
    »Shakespeare?« Er begutachtete meine Wahl und hob neugierig eine Augenbraue. »Nehmt es, wenn Ihr mögt. Das ist der zweite Folioband, er enthält einen merkwürdigen Vers von Milton, dem alten Sünder, in Form eines Epitaphs.«
    Ich strich ehrfürchtig mit den Fingern über den Einband. »Mein Vater sprach achtungsvoll von Miltons Dichtkunst«, sagte ich, »obwohl er seine politischen Ansichten nicht guthieß.«
    »Er ist ein abscheulicher Mann«, pflichtete Richard bei, »aber ein ausgezeichneter Dichter. Er hat gerade ein Epos über den Sündenfall beendet, wie ich höre, doch kann er die nötigen Mittel nicht aufbringen, es drucken zu lassen.«
    Seit der Restauration war der einst so feurige Milton in Ungnade gefallen, und der Mann, der so bösartige Rechtfertigungsschriften für das Morden von Königen verfaßt hatte, lebte nun in blinder und bitterer Einsamkeit. Ich konnte seinen Niedergang jedoch nicht bedauern. Ein Fanatismus wie der seine hatte mir stets Angst eingejagt.
    Nachdem ich meine Wahl getroffen hatte, verließen wir die Bibliothek, umrundeten wieder den Innenhof und betraten den Hauptflügel des Hauses diesmal durch eine andere Tür. Ich folgte meinem

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