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Mariana: Roman (German Edition)

Mariana: Roman (German Edition)

Titel: Mariana: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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Bibliothek abstauben gegangen.« Iain nahm seine Füße von der Tischleiste und setzte krachend mit dem Stuhl auf. »Das war vor etwa einer Viertelstunde.«
    »Gut.« Geoff wandte sich an mich. »Meinst du, du könntest sie für mich ausfindig machen?«
    Ich sah ihn zweifelnd an. »Im öffentlichen Teil des Hauses, meinst du?«
    »Sicher. Du wirst keine Schwierigkeiten haben«, versicherte er mir. »So spät am Nachmittag machen wir kaum noch Führungen. Weißt du, welche Tür du nehmen mußt? Sehr gut. Versuch doch, Freda zu überreden, uns etwas annähernd Gleichwertiges zu Iains Festmahl hier zu zaubern.«
    »Ich werde mein Bestes tun«, versprach ich.
    Er zwinkerte mir zu und schenkte mir ein gewinnendes Lächeln, bevor er Iain zur Hintertür hinaus folgte. Das gedämpfte Gemurmel von Unterhaltung und Lachen ließ die Fensterscheiben vibrieren, als die beiden Männer auf ihrem Weg zum Rosengarten an ihnen vorbeigingen.
    Als sie fort waren, ging ich durch den dämmrigen, uneben gefliesten Korridor und stieß die schwere Tür an dessen Ende auf, jene Tür, die Geoffs privaten Bereich vom öffentlichen Teil des Herrenhauses trennte. Nachdem ich durch eine weitere Tür getreten war, fand ich mich in der großen Halle wieder, wo ich den riesigen Kamin und das gemeißelte und bemalte Wappen darüber anstarrte. Die Falken mit ihren Hauben auf dem Blutroten Schild blickten noch grimmiger, als ich es in Erinnerung hatte, ihre goldenen Klauen krallten sich in Luft. Unzerstörbar. Das war Geoffs Übersetzung für das lateinische Motto der Familie: Ich sah noch einmal zu diesen Klauen hinauf und fröstelte.
    Das große Haus war still, wie Geoff angekündigt hatte. Nur meine eigenen Schritte hallten in dem höhlenartigen Raum wider, als ich mich aus dem schattigen Halbdunkel in das Sonnenlicht unter den hohen, nach Osten zeigenden Fenstern bewegte. Ich erwartete nicht wirklich, Mrs. Hutherson noch in der Bibliothek vorzufinden, aber es konnte nichts schaden, dort zuerst nachzusehen. Und wenn ich dort zufällig ein paar Minuten mit dem Betrachten der Bücher vertrödelte, nun, daran ließ sich eben nichts ändern, nicht wahr? Besonders da keine Fremdenführer oder andere Besucher da waren, die mein Vergnügen an dem wunderbaren Raum stören konnten.
    Ich hatte natürlich nicht mehr an das Porträt gedacht. Sein Porträt. Von dem Moment an, als ich in die gelehrte Stille der Bibliothek trat, spürte ich Richard de Mornays Augen auf mir, so deutlich, als ob das gemalte Bildnis ein lebendiger Mann wäre. Ich betrachtete mit eiserner Konzentration ein Regal voll Bücher, las sogar die Titel von einigen der besonders prächtigen Bände, doch ständig kehrte mein Blick zu der schwarzen, überragenden Gestalt zurück, die mich unablässig aus ihrer Ecke des Raums beobachtete.
    Schließlich gab ich auf und ging zum Porträt hinüber, wobei ich merkte, daß die geschickt gemalten Augen mir folgten. Ich verschränkte die Hände hinter dem Rücken, legte den Kopf in den Nacken und bewunderte die Kunstfertigkeit eines Malers, der so perfekt den arroganten Zug einer Kinnlinie einfangen konnte, die aufgestützte Hand auf der Hüfte, das kaum wahrnehmbare Lächeln, das wissend auf diesen Lippen lag …
    Was war aus diesem Mann geworden, grübelte ich, daß zukünftige Generationen seinen Namen vergessen hatten. »Wir haben ihn den ›Playboy‹ getauft«, hatte Geoff gesagt, als ich das Porträt zum ersten Mal erwähnte. Sicherlich kein ruhmreicher Nachruf für einen Mann. Ich hatte in den schweren, umfangreichen Kirchenregistern, die der Pfarrer von St. John in der Sakristei verschlossen hielt, nach Richard de Mornays Namen gesucht. Der Pfarrer selbst hatte mir geholfen und mit seinen schwach gewordenen Augen die sauberen, handschriftlichen Eintragungen abgesucht, Zeile für Zeile. »Meine Augen sind nicht mehr das, was sie einmal waren«, hatte sich der freundliche alte Mann entschuldigt. »Früher habe ich so etwas oft stundenlang gemacht und Namen für Amerikaner herausgesucht, die nach ihren Vorfahren suchten. Nein«, hatte er schließlich gesagt, »es scheint kein Richard dabei zu sein. Aber schließlich«, hatte er wie zum Trost hinzugefügt, »haben wir auch nicht mehr alle Register. Einige gingen während des Interregnums verloren, als Cromwell an der Macht war. Das war keine angenehme Zeit für die Kirche, fürchte ich.« Er lächelte sanft. »Die Rundköpfe haben viele Aufzeichnungen und alles, was unserer Kirche heilig ist,

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