Mariana: Roman (German Edition)
Abwechslung«, erinnerte ich ihn mit einem Lächeln, doch er schüttelte entschieden den Kopf.
»Nicht, was das Wetter betrifft.«
Aus dem Augenwinkel erhaschte ich einen flüchtigen Schatten, der sich zwischen den Bäumen zu unserer Rechten bewegte. Aufgeregt machte ich Geoff darauf aufmerksam, einen Sekundenbruchteil, bevor ein Hirsch – ein majestätischer, mächtiger Hirsch mit einem ausladenden Geweih – aus dem Schutz des Wäldchens hervorbrach und in langen Sätzen über das vor uns liegende Feld sprang. Als er in einer weiteren Baumgruppe verschwunden war, wandte ich mich mit leuchtenden Augen zu Geoff um und sah, daß er mich mit fragendem Gesicht betrachtete.
»Wer ist Richard?« fragte er ruhig.
»Wie?«
»Du hast mich gerade Richard genannt.«
Mein Lächeln war nicht ganz echt. »Habe ich das? Ich weiß nicht, wieso. Tut mir leid.«
»Er ist wohl eine alte Flamme?« Geoff ließ nicht locker.
»So etwas Ähnliches«, nickte ich und versuchte, einen Scherz daraus zu machen. »Warum, bist du eifersüchtig?«
Statt zurückzulächeln, wie ich es erwartet hatte, blickte er mich unverwandt einen langen Augenblick an, bevor er antwortete.
»Ich bin mir nicht sicher«, sagte er gedehnt. Nach einem weiteren Augenblick kam das Lächeln, auf das ich gewartet hatte, dann doch. »Komm«, forderte er mich auf und wendete sein Pferd in Richtung der gerade noch sichtbaren Schornsteine von Crofton Hall, »wir machen ein Wettrennen zurück zu den Ställen.«
Der Himmel war mir gnädig, und durch irgendein Wunder schaffte ich es, während des donnernden Galopps auf dem Rückweg oben zu bleiben. Im Stallhof stieg ich würdevoll vom Pferd, doch meine Knie zitterten noch bei dem Gedanken daran, wie knapp ich einem Sturz in den Misthaufen entgangen war, weil meine Stute so plötzlich zum Stehen kam, daß ich fast über ihren Kopf gesegelt wäre.
»Steif?« Geoff betrachtete mich prüfend, als der Pferdepfleger unsere Tiere wegführte.
»Ein bißchen.« Was eine Untertreibung war. Ich ging wie ein O-beiniger Cowboy und wußte es. »Es ist schon ein Weilchen her, seit ich das letzte Mal geritten bin.«
Er lächelte wissend. »Du hast dich gut gehalten. Mehr als gut sogar.« Er faßte mich am Ellbogen und lenkte mich auf das Haus zu. »Komm, wir wollen mal sehen, was wir in Fredas Küche finden können.«
Was wir unerwarteterweise fanden, war Iain, der auf einem Küchenstuhl schaukelte, die Stiefel auf der Querleiste unter dem Tisch abgestützt hatte und in einer Haltung vollkommener männlicher Zufriedenheit eine Zigarette rauchte.
»Was war das?« fragte Geoff und wies auf den verdächtig leergeputzten Teller seines Freundes vor ihm auf dem Tisch.
Iain grinste. »Steak und Nierenpastete«, sagte er, »mit selbstgemachten Pommes frites, Salat und Brombeercrumble.«
»Verflixter Kerl«, sagte Geoff mit einem langsam sich ausbreitenden Lächeln. »Wie schaffst du das bloß immer?«
Iain hob entrüstet das Kinn. »Ich habe den ganzen Tag hart gearbeitet, mein Lieber, statt durch die Landschaft zu galoppieren wie der verdammte Adel. Wie war übrigens euer Ausritt?«
»Ich bin auf dem Pferd geblieben«, antwortete ich. »Ein voller Erfolg.«
Wir bekamen Iain nicht oft zu sehen dieser Tage, schien es. Jetzt, da die wirklich warme Jahreszeit begonnen hatte, hatte er wohl zu viel Arbeit mit seiner Farm und dem Obstgarten, um regelmäßig in den Ort zu kommen. Ich stellte fest, daß ich ihn und seine angenehme, anspruchslose Art vermißte.
»Was machen die Schafe?« fragte ich im Gegenzug.
»Sind dumm wie immer. Ich dachte, daß ich heute mal Pause von ihnen mache und mich etwas um den Rosengarten hier kümmere.«
Geoff warf ihm einen väterlichen Blick zu. »Wir haben einen Gärtner für die grobe Arbeit, Iain. Du brauchst dich nicht darum zu kümmern, du verausgabst dich nur.«
»Sobald dein Gärtner lernt, seine Arbeit richtig zu machen, höre ich auf, mich darum zu kümmern«, versprach Iain ungerührt. »Außerdem habe ich mir überlegt, dieses Jahr etwas Neues auszuprobieren. Dazu brauche ich deine Meinung, wenn du die Zeit erübrigen kannst.«
»Wann?« Iain zuckte mit seinen breiten Schultern. »Wie wär’s mit jetzt gleich? Es dauert nicht lange.«
Geoff sah auf seine Armbanduhr und wartete auf mein zustimmendes Nicken, bevor er antwortete. »O. k.«, sagte er. »Wenn du meinst, daß du dich noch bewegen kannst nach der Mahlzeit, die du verdrückt hast. Wo ist Freda übrigens?«
»Sie ist die
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