Mariana: Roman (German Edition)
Fuß gegangen bist.«
»Zwar nicht besonders geradeaus«, gab Geoff zu, »aber ich habe es geschafft. Meine Güte!« Plötzlich fiel ihm der Zustand des Gartens auf, und er versuchte angestrengt, genauer hinzusehen. »Was ist mit deinen Tränenden Herzen passiert?«
Ich folgte seinem Blick. »So hießen sie?« murmelte ich undeutlich. Tränende Herzen. Ziemlich passend, dachte ich.
»Irgendein Tier muß diese Bescherung angerichtet haben, oder?« kommentierte er kopfschüttelnd. »Iain wird einen Anfall bekommen.«
»Wird er nicht«, entgegnete ich mit Überzeugung. »Er hat noch keinen einzigen Anfall wegen dieses Gartens bekommen, noch nicht einmal, als ich die falschen Pflanzen ausgerissen habe. Er ist viel ausgeglichener als du und Vivien wahrhaben wollt.«
»Mag sein.« Er zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Aber ich bin nicht gekommen, um über Iain oder den Garten zu reden.«
»Du hattest einen noch interessanteren Grund?«
»Zwei Gründe sogar.« Er sackte ein wenig an der Mauer zusammen, richtete sich aber schnell wieder auf. »Erstens, dir zu sagen, daß ich unsere Verabredung am Samstag nicht werde einhalten können. Ich muß für ein paar Tage nach London. Es tut mir leid.«
»Die Geschäfte wieder, richtig?‹ fragte ich, und er nickte. »Nun«, antwortete ich, »das ist kein Problem. Wir gehen eben ein andermal essen.«
»Bist du nicht enttäuscht?«
»Aber nein.« Ich sah ihn verwundert an. »Warum sollte ich? Du kannst doch nichts dafür, daß du arbeiten mußt. Das süße Nichtstun der Reichen ist auch nur ein Gerücht, wie?«
Geoff grinste. »Glaub das bloß nicht. Das ist die erste richtige Arbeit, die ich diesen Monat zu tun habe, und im August werde ich wieder das süße Nichtstun pflegen.«
»Und was war der zweite Grund?« fragte ich.
»Was?«
»Der zweite Grund, aus dem du vorbeigekommen bist«, half ich nach, und sein Gesicht erhellte sich.
»Ach so. Ich wollte dich bitten, mir eine Tasse Kaffee zu machen.« Er lächelte glücklich. »Iains Scotch ist furchtbar stark, weißt du, und er schenkt ihn sehr großzügig ein, und ich war zu stolz, es ihm zu sagen, als ich genug hatte. Er zieht mich immer damit auf, daß Engländer nichts vertragen können. Aber ich fürchte, daß ich es jetzt nicht nach Hause schaffe«, gestand er, »ohne unterwegs in einen Graben zu fallen.«
»Das kann ich natürlich nicht zulassen«, bestätigte ich. »Bei deinem Glück würde dich wahrscheinlich Jerry Walsh herausfischen, so daß du für die nächste Zeit das Gesprächsthema des Dorfes abgeben würdest. Also komm«, forderte ich ihn auf und suchte mir vorsichtig einen Weg aus dem Garten heraus, »ich mach dir einen Kaffee.«
Er sah eindeutig ziemlich mitgenommen aus und krängte wie ein leckgeschlagenes Schiff, als er vor mir über den Rasen ging. Er schaffte es ohne Zwischenfall zur Hintertür, verschätzte sich aber bei der Türöffnung und prallte zuerst leicht am Rahmen ab, bevor er sich etwas steif in die Küche schob. Ich folgte ihm und hatte schon einen Fuß auf der Türschwelle, als ich aus dem Augenwinkel in der Senke unter der alten Eiche einen dunklen Schatten wahrnahm.
Schnell wandte ich den Kopf, aber nicht schnell genug. Die Stelle unter der Eiche lag unschuldig leer da, und kein Geräusch war zu hören außer dem Flüstern des Windes im verlassenen Taubenschlaggarten.
Kapitel sechsundzwanzig
Der Regen hielt vier ganze Tage und Nächte an. Er fiel beständig, monoton, unablässig und erzeugte einen melancholischen Nebel, der wie ein Leichentuch über der Landschaft lag und die Welt durch mein Atelierfenster einheitlich grau und farblos erscheinen ließ.
Normalerweise mochte ich Regen. Ich liebte es, zuzusehen wie er fiel, ohne Hut darin herumzulaufen oder dem willkürlichen Rhythmus seines Klopfens gegen die Fensterscheiben zu lauschen, während ich mich in einen gemütlichen Sessel kuschelte und las. Aber nach vier Tagen war selbst ich mit den Nerven am Ende.
Auch meine Exkursionen in die Vergangenheit waren keine Hilfe. Dreimal hatte ich mich zurücktransportiert, und dreimal hatte ich allein am Tisch gesessen und an Rachels Brautausstattung genäht, ohne daß jemand hereinkam und die Stille und Einsamkeit unterbrach. Als ich in die Gegenwart zurückkehrte, war ich jedesmal noch deprimierter als zuvor. Ich haßte Nähen.
Die Langeweile war es schließlich, die mich auf der Suche nach der geselligeren Atmosphäre des Roten Löwen aus dem Haus trieb. Anscheinend war
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