Mariana: Roman (German Edition)
die meisten. Er hat ein großes Herz, aber er ist kein großer König. Die Zeit der großen Könige ist vorbei.«
Ich legte nachdenklich die Stirn in Falten. »Man sagt, er sei im Herzen ein Katholik.«
Der Mann neben mir hob gleichgültig seine kräftigen Schultern. »Meine Mutter war auch Katholikin«, sagte er. »Es ist keine große Sünde, glaube ich.«
Ich tat gleichmütig. Ich war noch nie einem Katholiken begegnet. »Und Ihr?« fragte ich ihn. »Was ist Euer Glaube?«
Richard de Mornay senkte den Kopf, seine Züge verfinsterten sich. »Ich habe nichts übrig für Gott«, antwortete er mit ausdrucksloser Stimme. »Und er nicht für mich.«
Er warf den zerdrückten Grashalm weg, umfaßte gelassen meine beiden Hände und zog sie zu sich, damit er meine Handgelenke sehen könnte. »Ihr tragt das Armband nicht«, stellte er fest.
Ich wurde tiefrot und versuchte erfolglos, mich aus seinem Griff zu befreien. »Ich kann es nicht tragen«, protestierte ich. »Glaubt mir, ich kann es nicht annehmen, es wäre nicht schicklich. Ich wollte es Euch zurückgeben.«
»Ich will es nicht zurückhaben.« Er sah ernstlich gekränkt aus. »Ich habe es als Geschenk für Euch gekauft und möchte, daß Ihr es tragt.«
»Mein Onkel wäre sicher nicht einverstanden, Mylord«, erinnerte ich ihn sanft, aber er zuckte nur die Achseln, ließ meine Hände los und stand auf, um sein grasendes Pferd zu holen, dessen schleifende Zügel er in der Faust zusammenhielt.
»Darauf gebe ich nichts«, erwiderte er. »Was gehen Euren Onkel meine Angelegenheiten an?«
»Nichts, Mylord«, mußte ich zugeben, »aber er zeigt großes Interesse an meinen Angelegenheiten, und ich möchte nicht seinen Zorn erregen.«
Bei diesen Worten fuhr er herum, hoch aufgerichtet vor dem grauen Hengst, und sah mich mit ernster Miene an. »Wenn Jabez Howard es wagt, Euch anzurühren, werde ich davon erfahren.«
Ich stand ebenfalls auf und trat ihm gegenüber. »Ich fühle mich geschmeichelt, Mylord, aber das geht Euch nichts an. Ich unterstehe nicht Eurer Verantwortung.«
»Da irrt Ihr Euch, Mistress«, teilte er mir mit honigsüßer Stimme mit. »Ihr untersteht sehr wohl meiner Verantwortung, da ich die Verantwortung für Euch übernommen habe.« Er ging auf mich zu, eine Hand am Sattel. »Kommt, steigt auf, ich bringe Euch zurück.«
Ich sah nervös zu ihm auf. »Ich reite hinter keinem Mann im Sattel, Mylord.«
»Dann reitet allein«, lud er mich ein und lächelte über mein Unbehagen.
Ich schaute zum Himmel hinauf und stellte mit halber Erleichterung fest, daß die Sonne immer noch tief im Osten stand. »Es ist noch viel zu früh für mich, um zurückzukehren«, entschuldigte ich mich. »Mein Onkel wies mich an, bis zum Nachmittag spazierenzugehen.«
Richard de Mornay blickte mich ungläubig aus schmalen Augen an. »Das ist wahrlich ein schöner Haushalt, in den Ihr da geraten seid. Wie auch immer«, wischte er meinen Einwand beiseite, »Ihr könnt mit mir nach Crofton Hall reiten und den Nachmittag dort als mein Gast verbringen.«
Das Angebot brachte mich in große Versuchung, aber am Ende schüttelte ich verneinend den Kopf, trat einen kleinen Schritt zurück und stolperte dabei beinahe über den Baumstamm.
»Habt Dank für Eure Freundlichkeit, Mylord«, antwortete ich schwach, »aber das sollte ich besser nicht.«
»Es ist Eure Entscheidung«, versicherte er mir und schwang sich mit einer fließend eleganten Bewegung in den Sattel. Er brachte das Pferd näher an mich heran und zügelte es dann fest, so daß sein muskulöser Oberschenkel nur eine Handbreit von meinem Gesicht entfernt war, wohl wissend, daß der schwere Stamm hinter meinen Fersen meinen Rückzug verhinderte. »Ich habe Euch schon einmal gesagt, daß ich Euch niemals zwingen werde, mir zu Willen zu sein«, erinnerte er mich und fuhr mit einem Finger meine stolz erhobene Kinnlinie nach. »Wenn wir Liebende werden, dann weil Ihr es genauso wünscht wie ich.« Sein Finger strich über meine Lippen, das flüchtige Versprechen eines Kusses, bevor er die Hand an den Hut hob und mir höflich noch einen guten Tag wünschte.
Der graue Hengst bewegte sich trotz seiner Masse mit großer Leichtigkeit und Schnelligkeit. Ich sah zu, wie die Bäume Pferd und Reiter verschluckten, und stand dann noch einige Minuten still und lauschte den leiser werdenden Hufschlägen nach. Ich hätte mich wohl regen können, wenn ich gewollt hätte, aber ich wollte es nicht. Ich stand einfach da im Halbschatten
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