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Mariana: Roman (German Edition)

Mariana: Roman (German Edition)

Titel: Mariana: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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erst in zwei Stunden aufmachen; wir können uns an die Bar setzen und eine kleine Party abhalten.«
    Iain blickte zu ihr hinüber. »Es ist noch ein bißchen früh zum Trinken, findest du nicht?«
    »Du kennst Julias Bruder nicht«, lautete ihre Antwort. »Komm durch die Hintertür rein, Julia, du kannst ihn von dort aus anrufen.«
    Mein Bruder zügelte seine Neugier auf bewundernswerte Weise, als ich mit ihm am Telefon sprach, und zeigte kein Erstaunen über meine etwas mysteriöse Bitte, ein Paar Schuhe für mich aus dem Wandschrank zu holen und zum Roten Löwen zu kommen, um uns dort zu treffen.
    »Formell oder Freizeit?« war seine einzige Frage.
    »Wie bitte?«
    »Die Schuhe«, führte er aus. »Formell oder Freizeit?«
    »Ach so.« Ich grinste in den Hörer. »Freizeit.«
    »In Ordnung. Ich bin in fünf Minuten da.«
    Ich gab die Nachricht an Vivien weiter, die sich freute wie ein Kind, das ein Geschenk bekommt. »Wunderbar«, sagte sie. »Kommt mit in die Bar, ihr beiden, ich mache eine Flasche Wein auf.«
    Iain folgte uns durch die Verbindungstür aus Viviens Räumen in den Pub, die Stirn in Falten. »Ein Pfarrer, der morgens um zehn Uhr Wein trinkt«, murmelte er nachdenklich. »Das muß ich sehen.«
    Er bekam bald Gelegenheit dazu, denn Tom fuhr wie versprochen fünf Minuten später auf dem Parkplatz vor. Als Vivien ihm die Tür öffnete, stand er auf der obersten Stufe der Eingangstreppe und balancierte einen meiner Tennisschuhe auf den Fingerspitzen, als sei es der gläserne Schuh Aschenbrödels.
    »Ich habe einen Tennisschuh mitgebracht«, sagte er mit theatralischer Stimme. »Genügt dies als Unterpfand, um mich in diese Gemächer eintreten zu lassen?«
    »Idiot«, begrüßte ich ihn. »Komm schon rein.« Ich nahm ihm den Schuh aus der Hand. »Wie, hast du etwa nur einen mitgebracht?«
    »Ich konnte nur den einen finden«, kam die lakonische Antwort. »Dein Schrank ist ein einziges Chaos.«
    »Du kannst ein Paar von meinen Schuhen leihen«, beruhigte mich Vivien lachend. »Ich glaube, ich habe etwa deine Größe.«
    Sie suchte mir ein Paar gut eingelaufener Slipper heraus, und wir verbrachten zwei fröhliche Stunden an der Bar und sahen zu, wie der Pegel in der Weinflasche sank. Ich freute mich darüber, wie gut Tom und Iain sich verstanden, nachdem sie einander vorgestellt worden waren. Eine dahingeworfene Bemerkung über Politik genügte, und die beiden Männer waren bald in eine angeregte Unterhaltung vertieft und sprangen mit Lichtgeschwindigkeit von Thema zu Thema, während Vivien und ich gemütlich auf unseren Hockern saßen und langsam unseren Wein schlürften.
    »Ich mag Iain Sumner«, verriet mir Tom später, als wir aus dem Roten Löwen gewankt waren und uns im Auto angeschnallt hatten.
    »Das freut mich«, sagte ich. »Solltest du überhaupt fahren?«
    Mein Bruder warf mir einen überlegenen Blick zu. »Ich hatte nur ein Glas. Im Gegensatz zu manchen anderen Leuten.«
    Ich bemühte mich um ein würdevolles Aussehen. »Willst du damit andeuten, daß ich betrunken bin, oder so etwas?«
    »Blau wie ein Veilchen.« Er nickte. »Und das noch vor dem Mittag.« Er schnalzte tadelnd mit der Zunge. »Ich muß sagen, ich bin schockiert.«
    »Versuch es zu verwinden«, gab ich gutmütig zurück und rollte meinen Kopf an der Rückenlehne zur Seite, um ihn anzuschauen. »Es ist schön, dich zu sehen, Tom. Ich glaube nicht, daß du mich in London so oft besucht hast. Du wirst noch Spurrillen auf der Autobahn hinterlassen.«
    Er lächelte. »Diesmal ist es nur ein Abstecher. Ich bin auf dem Weg zu einer Konferenz in Bristol. Ich dachte, ich schau mal kurz bei dir herein, wenn ich schon in der Gegend bin.«
    Ich betrachtete mir sein Gesicht genauer. »Mutter schickt dich, um nach mir zu sehen, stimmt’s?«
    »Erraten.«
    »Also, du kannst ihr sagen, daß es mir gut geht«, sagte ich und richtete meinen Blick wieder auf die Windschutzscheibe. Wir fuhren jetzt auf der Landstraße und hatten gerade das Dorf hinter uns gelassen, zu beiden Seiten wuchsen dichte Heckenreihen.
    »Du kannst es ihr nicht verdenken, daß sie sich Sorgen macht«, war Toms Kommentar. »So sind Mütter eben. Aber ich war auch ziemlich besorgt heute morgen, als ich ankam und du nicht da warst.«
    »Ich konnte nicht wieder einschlafen nach dem Telefongespräch mit Mam«, erklärte ich. »Also habe ich einen Spaziergang gemacht.«
    Mein Bruder ging vom Gas, um einen Igel über die Straße rennen zu lassen. »Du hast die Tür nicht

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