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Mariana

Mariana

Titel: Mariana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Dickens
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wieder die Unterlippe vor und trat mit einem Ruck auf die Bremse, weil ein Schutzmann vor ihnen an einem Fußgängerübergang plötzlich wild wurde, auf seiner Pfeife trillerte und mit seinem Stöckchen herumfuchtelte. «Das sind ja schauderhafte Höhlen. Da dürfen Sie gar nicht hingehen. Waren Sie in der ?» Sie schüttelte den Kopf. «Im ?» fuhr er fort, «, , ? Ich sehe schon, ich muß Ihnen eine Menge zeigen. Na, dann los, wir werden uns prima amüsieren.»
    Der Polizist pfiff wieder, und sie brausten los — um den Arc de Triomphe herum und den gleichen Weg zurück, den sie gekommen waren.
    «Wo fahren wir hin?» fragte Mary.
    «In ! Dort werden wir erst mal was trinken, und dann verrate ich Ihnen, warum Sie mir so gut gefallen.» Er stellte das Autoradio an, und ein Mann sang mit weicher, zärtlicher Stimme: «En parlant un peu de Paris.» Eine Zeile, die sie irgendwo mal gelesen hatte, fiel Mary ein: «Pour connaitre le vrai Paris, il faut être amoureux».
    Später konnte sie sich nie mehr ganz genau an den Ablauf dieses ausgelassenen und vergnügten Abends erinnern. Im Gegensatz zu London, wo man einen Tisch in einem Restaurant bestellte, an dem man den ganzen Abend über sitzen blieb, ob es einem gefiel oder nicht, schien man in Paris von Lokal zu Lokal zu ziehen, so wie man gerade Lust hatte. Mary wußte auch nicht mehr, wo sie zu Abend gegessen hatten, nur an ein Poulet à la King erinnerte sie sich noch und an das nonchalante Benehmen des Kellners, der sie bediente. Den ganzen Abend über war der goldgelbe, perlende Champagner in Strömen geflossen.
    In der hatte ein samtäugiger Russe traurige kleine Lieder gesungen, die sie zu Tränen rührten, und in einem anderen Lokal hatten üppige Mädchen unter anfeuernder Musikbegleitung einiges von sich enthüllt.
    In der , die nur aus einem kleinen Raum mit einer Theke, einem fetten Pianisten und ein paar todschicken Gästen bestand, die sich ajle untereinander kannten, fand Mary sich plötzlich neben dem Klavier/Stehend wieder, wo sie sang und damit tollen Erfolg hatte.
    Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich so gut amüsiert. Pierre war ein hinreißender Gesellschafter und machte ihr bezaubernde, gewagte Komplimente. Sie tanzten Wange an Wange, er hielt sie eng umschlungen, und sie entdeckte, daß sie mit ihm — o Wunder — sogar Tango tanzen konnte. Im Halbdunkel der küßte er sie auf den Mundwinkel und flüsterte: «Gib mir deine Lippen.»
    Sie beugte sich zurück. «Pierre, ich glaube, ich muß jetzt nach Haus, es ist schon furchtbar spät», sagte sie zögernd, und zu ihrer Überraschung stimmte er sofort zu und verlangte die Rechnung. Etwas irritiert ging sie zur Garderobe. Hatte sie ihn irgendwie gekränkt? Oder hatte er sich mit ihr gelangweilt? Warum war er so schnell bereit, nach Haus zu gehen? So ernst hatte sie es doch eigentlich gar nicht gemeint. Im Wagen legte er seinen Arm um sie und fuhr mit einer Hand. Sie lehnte ihren Kopf an seine Schulter und überlegte sich — ein bißchen schwindlig und benommen — , was jetzt wohl geschehen würde.
    «Wie alt bist du, Mary?» fragte er plötzlich.
    «Beinah zwanzig.»
    «Du Baby», sagte er mit unbekümmertem Lächeln.
    «Wie alt bist du denn?»
    «Fünfundzwanzig!»
    «So alt ist das nun auch wieder nicht —»
    «Nicht für einen Engländer. Aber ich bin Franzose, mußt du bedenken.» Mary lächelte in sich hinein. Sein grenzenloses Selbstbewußtsein war eine der Eigenschaften, die ihr am besten an ihm gefiel, wohl weil sie sie selbst nicht besaß.
    «Pierre!» Sie setzte sich plötzlich auf. «Wo fahren wir denn hin? Das ist doch nicht der Weg nach Hause.»
    «Doch, das ist er. Alle braven, kleinen englischen Mädchen fahren auf dem Nachhauseweg durch den Bois. Wußtest du das nicht?»
    «Ach!»
    Als sie endlich zusammengerollt in ihrem Bett lag — sie hatte weder ihr Make-up entfernt noch sich die Haare gebürstet — und die graue Morgendämmerung durch den Spalt zwischen den Vorhängen hereindrang, da dachte sie wieder, wie anders hier alles war als in England.
    Die englischen Männer stellten in ihren Autos oder in Taxis entweder die unverzeihliche Frage: «Darf ich dir einen Kuß geben?» oder sie atmeten geräuschvoll, nahmen einen ungeschickten Anlauf und sahen entsetzlich töricht aus, wenn sie ihr Ziel verfehlten. Aber Pierre — Pierre war

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