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Mariana

Mariana

Titel: Mariana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Dickens
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sie vor überschüssiger Kraft schier bersten zu müssen. Sie wußte, daß Denys genauso zumute war wie ihr. Als sie um die letzte dunkle Ecke des Korridors gebogen und die drei Stufen zum Dachboden hinaufgesprungen waren, fing er an, eine Menge Schonbezüge aus dem großen Stapel, der unter den schrägen Dachbalken lag, hervorzuzerren. Er lachte, schrie und warf sich dazwischen, er rollte sich in sie ein und strampelte mit den Beinen. «Schonbezüge! Schonbezüge!» Es schien ihm irrsinnigen Spaß zu machen. Mary kugelte sich auf dem Boden herum und schrie mit ihm um die Wette, ganz benommen von dem beißenden Kampfergeruch. Und plötzlich, ohne ein Wort zu sagen, hielt Denys sie fest und gab ihr einen Kuß. Einen Augenblick lang fühlte sie seine weichen Lippen auf ihrem Mund, sein zerzaustes Haar streifte ihre Stirn, und dann saßen sie wieder ein Stück voneinander entfernt, ernüchtert, und starrten sich an. Denys Augen waren groß und dunkel, und sein Blick war ganz fremd und wild.
    «Ach, Maria», sagte er und lachte verlegen, «ich fühl mich so, ja, ich weiß gar nicht, wie.» Er stand auf und reckte die Arme in die Höhe. «Ich fühl mich irgendwie ganz verrückt. Geht’s dir nicht auch so? Ich glaube, es passiert noch irgendwas.» Er ging hinüber zum Fenster in der Giebelwand. «Donnerwetter, ist das finster. Sieh dir bloß mal den Himmel an.» Mary bemerkte erst jetzt, daß es draußen ganz dunkel geworden war. Sie konnte gerade noch das weiße Hemd von Denys am anderen Ende des Dachbodens erkennen. Sie stand auf, ging zu ihm hinüber und — plötzlich ganz eingeschüchtert — starrten sie zusammen hinaus.
    Unter einem bedrückenden Himmel lag der Garten seltsam klar und still. Trotz der Dunkelheit konnte man beinah jedes einzelne Blatt und jeden Grashalm erkennen. Alles wartete... da fielen die ersten großen Tropfen schwer herab, einer nach dem anderen und dann immer mehr.
    «Jetzt ist es soweit», schrie Denys.
    Der Sturm brach los, es donnerte, blitzte und goß in Strömen, alles auf einmal.
    Es war ein eigenartiges Gefühl, gemeinsam mit Denys das Unwetter von hier oben aus zu beobachten. Fast konnte man meinen, sie wären ganz allein im Haus. Sie hielten sich an der Hand und standen ganz nah beieinander, der blaue Hemdsärmel streifte den weißen, ihre bloßen Arme berührten sich. Keiner gab zu, daß er Angst hatte, auch nicht, wenn die grellweiß gezackten Blitze den schwarzen Himmel zerrissen oder der Donner über ihren Köpfen krachte, als ob Riesenstapel von Brettern in sich zusammenstürzten.
    «Wo um alles in der Welt seid ihr gewesen?» fragte Nanny, als sie nach dem Gewitter herunterkamen. Immer noch ein bißchen verwirrt, die Arme voller Schonbezüge, starrten sie auf den gedeckten Teetisch.
    «Wir haben uns das Gewitter vom Dachboden aus angesehen», sagte Denys ganz lässig, «war das nicht prima?»
    «Wenn es dir nur gefallen hat», sagte Nanny, nahm den Teewärmer ab und goß sich, naserümpfend, eine weitere Tasse ein. «Margaret ist vor Angst fast verrückt geworden. Wir haben alle Hände voll zu tun gehabt mit ihr, stimmt’s?»
    «Das kann man wohl sagen», bestätigte die jüngere Kinderfrau. «Danke, Nanny, nur eine Tasse noch, wenn’s nicht zu unbescheiden ist.» Margaret sah stolz von ihrer Biskuitrolle auf und hoffte inständig, daß sie noch recht bleich aussähe. «Dumme Kuh», sagte Denys, «wo ist das Rosinenbrot und die Butter?»
    «Alles aufgegessen, und neues wird nicht mehr aufgeschnitten», sagte Nanny. «Wer zu spät kommt, hat das Nachsehen. Mary, leg die Schonbezüge ordentlich in eine Ecke, bevor du dich hinsetzt. Zu Haus bei deiner Mutter kannst du vielleicht machen, was du willst, aber meine Kinderstube hier wirst du nicht in einen Schweinestall verwandeln.»
    «Wann hängen wir sie denn auf?» fragte Michael, der mit einem weißen Schnurrbart aus seinem Milchbecher auftauchte.
    «Nach dem Tee», sagte Denys, und Nanny fügte automatisch hinzu: «Zieht gefälligst Regenmäntel und Gummischuhe an, bevor ihr in diesem Regen rausgeht.»

    «Nach dem Tee, da geht es los,
    Schonbezüge sind ganz groß!»

    dichtete Mary als plötzlichen Geistesblitz, und es gefiel ihr so gut, daß sie es gleich noch einmal hersagte.
    Für alles Gereimte schwärmte sie.

    «Kleines Haus mit Inventar
    zu verkaufen gegen bar!»

    Diesen Vers auf den Anschlägen der Häusermakler liebte sie, und beinah die einzigen Geschichtsdaten, die sie kannte, waren:

    «1666, wenn man Feuer

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