Mariana
legt,
das rächt sich.»
und
«54 landete ein Gallier,
der hier strandete.»
Nach dem Tee kam Tante Winifred ins Kinderzimmer, um sich ein Buch auszuleihen. Sie las die Bilderbücher und Comic-Heftchen der Kinder, und einmal hatte Mary tagelang eine kleine schwarze Puppe vermißt und sie schließlich in der Tasche von Tante Winifreds Regenmantel gefunden. Die Dienstboten und die Kinderfrauen tuschelten über sie, und die Erwachsenen ermahnten die Kinder, immer besonders nett zu Tante Winifred zu sein und niemals über sie zu lachen. Es wäre ihnen auch nie in den Sinn gekommen, das zu tun. Sie nahmen sie ganz selbstverständlich hin als ein Geschöpf, das nicht erwachsen, aber auch kein Kind mehr war, das oft schmollte, wenig sprach und niemandem etwas zuleide tat. Es war eben Tante Winifred, die farb- und formlose Kleider auf ihrem schwerfälligen Körper trug, und die ein breites, teigiges Gesicht hatte, dessen Züge alle ein wenig verrutscht waren, so daß es eigentlich nicht ganz wie ein richtiges Gesicht aussah. Manchmal war sie in einer Stimmung, in der sie niemand ansprechen durfte, und dann marschierte sie ganz allein los und blieb stundenlang fort. Wenn sie zurückkam, waren ihre schweren Schuhe und ihre wollenen Strümpfe über und über mit Morast bedeckt, und ihre spröden, mausgrauen Haare, die sie in Rollen gedreht trug, hingen ihr in Strähnen über die Ohren.
«Kommst du zu unserem Theaterstück, Tante Winifred?» fragte Sarah ihre Tante, die in dem verglasten Bücherschrank nach einem Buch suchte. Tante Winifred fuhr herum.
«O ja, wenn ich darf. Habt ihr mich denn eingeladen?»
«Klar», sagte Denys, «kommen doch alle.» Tante Winifred schien hocherfreut. Ein breites Lächeln zog über ihr grobes Gesicht, während sie sich wieder dem Bücherregal zuwandte. «Ich sehe schrecklich gern Theaterstücke. Wie heißt es denn?»
«Das glückliche Ende einer Liebe», sagte Mary, und Tante Winifred drehte sich zu ihr herum, das Buch fest an ihre Brust gedrückt.
«Das ist aber schön, wunderschön», sagte sie. «Das glückliche Ende einer Liebe.» Ihr Mund hing schlaff herab, und ihre Augen starrten verzückt auf die gegenüberliegende Wand.
«Eigentlich», sagte Mary, «stammt der Titel von Mrs. Linneys Bruder. Mir fiel einfach kein guter Titel ein, und er war gerade hier, als ich mich mit Mrs. Linney darüber unterhielt. Du weißt ja, er hat ein Papiergeschäft in Taunton und kennt sich in Büchern und solchen Sachen aus. Er hat sofort gesagt: War doch fabelhaft klug von ihm. Ich hab ihm das Stück auch gewidmet. Also, auf Wiedersehen, wir müssen jetzt weg.» Sie zogen sich alle ihre Gummistiefel und Regenmäntel an, und die Kinderfrau setzte Michael einen Südwester auf, dessen Bänder sie unter seinem Kinn verknotete, und den er augenblicklich, sowie er außer Sichtweite war, wieder abnehmen würde. Tante Winifred war es gar nicht recht, daß sie fortgingen. Manchmal kam sie tagelang nicht in ihre Nähe, und dann wieder klammerte sie sich direkt an sie, so, als habe sie etwas verloren, was sie nur mit Hilfe der Kinder wiederfinden könnte. Die Kinder rannten hinaus in den Regen und schrien:
«Nach dem Tee, da geht es los,
Schonbezüge sind ganz groß!»
Sie sprangen von der Terrasse hinunter in eine große Pfütze bei der Auffahrt und stapften durch aufgeweichtes Laub hinüber in das vor Nässe triefende Buchenwäldchen. Als Mary sich einen Augenblick umwandte, sah sie Tante Winifred in der geöffneten Tür stehen. Sie schaute ihnen nach, das Buch hielt sie noch immer an die Brust gepreßt. Der strömende Regen prallte auf der Steinterrasse ab und bildete Trupps kleiner marschierender Männchen zu ihren Füßen.
Abgesehen davon, daß die Akteure, von denen jeder mindestens drei Rollen spielen mußte, unablässig ihren Text durcheinanderbrachten, daß Michael die ganze Zeit über auf Teufel komm raus extemporierte, und daß Sarah als Königin-Mutter im 1. Akt fast ihr Höschen verlor, war die Aufführung ein rauschender Erfolg. Alle Erwachsenen waren gekommen und hatten auf den bunt durcheinandergewürfelten Stühlen, Hockern und Kisten Platz genommen. Großmama in ihrem Rollstuhl saß in der Mitte. Mrs. Cotterell brachte Bubi mit, der vor lauter Empörung darüber, daß er nicht mitspielen durfte, fast Krämpfe bekam und mitten in der Vorstellung nach Hause gebracht werden mußte.
Die
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