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Mariana

Mariana

Titel: Mariana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Dickens
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daß es besser wäre, wenn sie sich für kurze Zeit von ihm trennte — für sehr kurze Zeit. Mit der Haarsträhne in der Stirn fand sie ihn noch reizvoller als sonst.
    «Natürlich nicht, mein Schatz», sagte er und winkte etwas vage in ihre Richtung. «Aber den nächsten Tanz hebst du für mich auf», rief er ihr noch nach, als sie mit ihrem Partner, der Tuppy hieß, davonging.
    Tuppy tanzte nicht gerade sehr gut. Er schob sie festen Schrittes durch den Raum, ohne Rücksicht auf den Rhythmus, und sie überlegte, ob sie ihm wohl sagen sollte, daß es sich um einen Walzer handelte; vielleicht sollte sie auch zählen, , wie in der Tanzstunde. Aber er schien ganz glücklich zu sein, er schwitzte unbeschreiblich und rollte sie wie eine Milchkanne durch die Gegend. Später saßen sie zusammen auf einem Sofa unter irgendeiner Treppe, und sie langweilte sich mehr denn je. Tuppy zeigte nicht die geringste Neigung, sie zu küssen. Statt dessen sprach er über Autos, und ihr taten vom unterdrückten Gähnen schon die Kinnladen weh. Die belebende Wirkung des Sekts war völlig verflogen, und nur die unerfreulichen Nachwirkungen waren geblieben: der schlechte Geschmack im Mund, der dumpfe Schmerz in den Schläfen und die Unfähigkeit, einen klaren Gedanken zu fassen.
    Erleichtert hörte sie, daß die Musik wieder begann, und sie stand auf, wobei sie zum hundertsten Mal an diesem Abend die Druckknöpfe an ihrem Kleid schloß.
    «Vielen Dank, es war ganz reizend», sagte sie. «Jetzt muß ich Denys suchen.»
    «Aber hören Sie mal», stammelte Tuppy zu Marys Überraschung. «Sie werden doch noch mal mit mir tanzen? Ich finde nämlich, Sie sind ein verdammt nettes Mädchen — Ehrenwort. Und Köpfchen haben Sie auch.» Er tippte sich an die Stirn, «das finde ich prima.» Erst in dem Gewühl am Zelteingang konnte Mary ihn loswerden.
    Wie können Leute nur so pausenlos fröhlich sein, fragte sie sich, während sie die Paare mit unverminderter Energie vorbeiwirbeln sah. Es war fast drei Uhr nachts. So also sahen die Vergnügungen der Erwachsenen aus, das war das Ziel, dem ihr ganzes Sehnen als Schulmädchen gegolten hatte. Wenn sie doch Denys endlich fände! Sicher suchte er auch schon nach ihr. «Aber den nächsten Tanz hebst du für mich auf», hatte er gesagt, und zwar ganz eindringlich. Der Gedanke gefiel ihr, daß zwei Leute sich in diesem fürchterlichen Durcheinander suchten und fanden. Aber wo war er? Sie wanderte umher, warf einen Blick in die Bar, in die Kreuzgänge und in alle Aufenthaltsräume. Er mußte im Garten sein. Vielleicht hielt ihn irgendein Mädchen fest, das er nicht loswerden konnte. Auf der Suche nach ihm ging sie über den Rasen und begegnete einem Pärchen nach dem anderen, sie war die einzige, die allein war. Ein besonders heller Lampion beleuchtete auf der Bank darunter eine abscheuliche Szene. Das grüne Taftkleid — das rote Haar, das konnte niemand anderes sein als Greta und George, die sich da ebenso linkisch wie leidenschaftlich umarmten. Ausgerechnet die beiden mußten natürlich unter einem Lampion sitzen. Je unattraktiver die Leute waren, desto weniger Schamgefühl hatten sie. Sie ging vorbei und dachte sich ein paar recht bissige Bemerkungen aus, die sie Greta unter vier Augen in ihrem Hotel verpassen wollte, und wußte doch schon jetzt, daß sie ungesagt bleiben würden.
    Sie kehrte zu den Kreuzgängen zurück, suchte überall, in jedem einzelnen Gang, und zwischendurch lief sie immer wieder zum Zelt, um zu sehen, ob er dort sei. Ach, Denys? Sie fing an zu laufen, stieß Leute, die in den Türen standen, beiseite, rannte hierhin und dorthin, als ob sie einen ungeheuer wichtigen Auftrag zu erfüllen habe. Sie öffnete sogar die Türen zu einigen Zimmern, die weiter weg vom Treppenhaus lagen. In dem einen Zimmer lag ein Mann im Bett, der ihr ein paar Flüche nachsandte, in einem anderen blinzelten ihr, als sie das Licht anknipste, nicht weniger als drei Paare wütend entgegen, die es sich dort bequem gemacht hatten. Sie überlegte sogar, ob sie nicht einen Mann bitten sollte, auf der Herrentoilette nachzusehen. Schließlich ging sie wieder zu den Kreuzgängen zurück. Drei Männer bogen singend um die Ecke und prallten mit ihr zusammen. «Achtung», sagte der in der Mitte und schwankte etwas unsicher auf den Füßen, «nicht die hübsche Dame umrennen.» Einer von den beiden anderen war Nick.
    «Ach, Nick», sie packte ihn am Arm, «hast du Denys nicht

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