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Mariana

Mariana

Titel: Mariana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Dickens
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gesehen? Ich suche ihn schon stundenlang und kann ihn nirgends finden.»
    «Denys?» fragte der Schwankende, «Sie meinen doch nicht etwa Denys Ritchie?»
    «Doch. Haben Sie ihn gesehen?»
    «Klar. Denys Ritchie, zuletzt gesichtet auf dem Sofa in meinem Zimmer, mit einer Blondinen im Arm. In meinem Zimmer, kapiert?» Er fuchtelte ihr mit dem Finger vor der Nase herum.
    «Halt die Klappe, Arthur», sagte Nick verlegen. «Komm, Mary, wir trinken erst mal was.» Er wollte sie am Arm nehmen, aber sie machte sich los. «Nein, nein», sagte sie und versuchte, möglichst keck und unbekümmert zu erscheinen, obwohl ihr ganz schwach im Magen wurde, «so was interessiert einen ja schließlich. Es war doch auch wirklich Denys, den Sie gesehen haben», vergewisserte sie sich bei Arthur.
    «Allerdings», grinste er, sein Mund hing schlaff und ausdruckslos herab.
    «Und das Mädchen, das hatte eine Orchidee im Haar, nicht wahr?»
    «Liebe Dame», sagte Arthur und schwankte in einer Wolke von Alkoholdunst etwas näher an sie heran, «vielleicht hatte sie ‘ne Orchidee im Haar, als sie in mein Zimmer ging, aber als ich sie dort sah», er griff haltsuchend nach einem Pfeiler, «da war sie zweifellos etwas — wie sagt man, verflixt noch mal — etwas derangiert.» Auf das Fremdwort war er sichtlich stolz.
    «Ach so», sagte Mary kaum hörbar, drehte sich um und lief davon, ohne auf Nick zu hören, der ihr nachrief: «Augenblick, Mary, warte doch mal.»
    Sie fühlte sich sterbenseiend. Sie mußte irgendwohin, wo sie allein sein konnte. Als sie an der Tür zur Damengarderobe vorbeikam, ging sie ganz gedankenlos hinein.
    «Nanu?» sagte die abgehärmte Frau, «Sie sehen aber elendaus. Fühlen Sie sich nicht gut?»
    «Nicht besonders.» Mary wandte sich ab und tat, als wolle sie sich ihr Gesicht vor dem Spiegel zurechtmachen.
    «Ich weiß gar nicht, was ich mit Ihnen machen soll», sagte die Frau ratlos.
    «Es geht schon», sagte Mary ärgerlich und rannte wieder hinaus. Gleich würde sie zu weinen anfangen. Sie lief in den Garten. Menschen, überall Menschen. Gab es denn kein Fleckchen, wo sie allein sein und sich ihrem Kummer hingeben konnte, ihrem Kummer über das, was Denys ihr angetan hatte. Sie strebte ins Dunkle, in den Schatten eines der Gebäude, und als sie an einer Tür vorbeikam, trat ein Mann heraus. Es war Denys.
    «Hallo», sagte er ganz unbefangen, «wo willst du denn so eilig hin?»
    «Ach, Denys!» Sie betrachtete ihn im Lichtschein, der aus der Tür fiel — er hatte Lippenstift im Gesicht. Mary brach in Tränen aus.
    «Was ist denn los? Nimm dich um Gottes willen zusammen.» Er zog sie in den Schatten und ging mit ihr den Weg entlang.
    «Wie konntest du nur, wie konntest du-» Sie stolperte neben ihm her, suchte umsonst nach einem Taschentuch und versuchte, sich die Augen an ihrem Rock zu trocknen. «Mich küßt du und tust, als ob du mich liebst, und dann gehst du von mir fort zu einem anderen Mädchen», schluchzte sie.
    «Lieber Gott», sagte er wütend und stieß mit der Schuhspitze in den Kies, «du redest, als ob ich dein Eigentum wäre.»
    «Aber ich dachte doch, ich dachte —» Wenn er nur stehen bliebe und ihr eine Chance gäbe. All ihre Zweifel, die sie immer wieder aus ihren Gedanken verdrängt hatte, brachen jäh hervor und wurden plötzlich schreckliche Gewißheit. Sie wußte kaum mehr, was sie sagte. «Aber ich dachte, wir sind verlobt», platzte sie heraus.
    «Was sind wir?» Endlich blieb er stehen, sah sie an, und sie merkte, daß er fuchsteufelswild war. Ach, wie entsetzlich dumm von ihr, so etwas zu sagen. Sie preßte die Hände vor den Mund, die Tränen liefen ihr übers Gesicht, und sie starrte ihn entsetzt an. Plötzlich lachte er ganz unmotiviert los und versuchte, die Sache ins Lächerliche zu ziehen. «Ich glaube, du hast dir da was eingeredet», sagte er, steckte die Hände in die Taschen und betrachtete sie; sein Gesicht war ganz weiß. «Wer allein reist, kommt am schnellsten voran, das ist mein Motto.»
    «Aber in Charbury —» Sie streckte die Hand nach ihm aus, aber er trat gereizt einen Schritt zurück. «Charbury! Wie kommst du darauf? Was zum Teufel hat das damit zu tun?»
    «Aber damals, als wir von der Jagd nach Haus ritten...»
    «Ach, damals.» Er ging weiter, und sie lief schluchzend hinter ihm her.
    «Aber du hast doch gesagt, du liebst mich, in dem Schuppen hast du es gesagt —»
    «Mußt du mir denn jedes Wort, daß ich jemals gesagt habe, Vorhalten?» fuhr er sie an. Sie

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