Mariannes Traenen
läufst du denn rum?“
„Wie meine Tochter “, antwortete Marianne trocken.
„ Donnerwetter! Nicht schlecht!“ Kathrin nickte anerkennend.
„Schaut fesch aus, Chefin “, grinste Lukas. „Sauber! Möchte man beinahe gern mal hinlangen …“
„Und dir sofort eine einfangen!“, beendet Kathrin ihren Satz.
Eben nicht , dachte Marianne. Und der Gedanke gab ihr einen Stich. Allein die Vorstellung, daß selbst ein Junge wie Lukas ein Recht auf sie erwerben könnte, trieb ihr augenblicklich die Röte ins Gesicht. „Kommt, geht jetzt ihr beiden“, sagte sie hastig. „Ich mache bis heute abend. Was tust du überhaupt hier, Lukas?“
„Na, ich muß doch dringend weg“, beantwortete Kathrin ihre Frage. „Und du warst ja nicht aus den Federn zu bringen.“ Sie umarmte ihre Mutter und grinste. „Steht dir aber gut, was er mit dir macht – was immer es ist.“
„Hör auf!“ Ärgerlich machte Marianne sich von ihr los. „Wann kommst du wieder ?“, fragte sie.
„Nicht vor morgen gegen zehn. Schwere Nacht !“, zwinkerte Kathrin.
„Da wäre ich gerne mal Mäuschen !“, flachste Lukas.
„Nur für Erwachsene “, kommentierte Kathrin schnippisch.
„ Wir sind ja schon so alt … “, brummelte er leise zurück.
„Nun hau schon ab!“ Marianne gab ihm einen Klaps auf die Schultern. „Kannst heute etwas später anfangen, wenn‘st magst.“
„Danke, Chefin! Schwer in Ordnung “, sagte er. Und fügte grinsend hinzu: „Das neue Outfit aber auch. Alle Achtung! Sehr gut gehalten!“
Kathrin holte spielerisch aus zu einer Ohrfeige, und Lukas flüchtete lachend von der Rezeption.
„Geht’s dir gut ?“, fragte Kathrin leise.
Marianne nickte. „Mach dir keine Sorgen, ich komme …“
„ … komme schon klar“, echote Kathrin lachend. „Ich weiß schon.“ Sie umarmte ihre Mutter. „Ich weiß ja nicht, was er alles mit dir anstellt, aber du siehst umwerfend aus! Einfach toll!“
Wenn du es wüßtest, würdest du ihm die Augen auskratzen! Aber sie küßte ihre Tochter nur auf die Wange.
„Schau, wir sind gleich groß “, sagte Kathrin. „Und der kleine Frechdachs hat recht: Du hast eine Super-Figur, Mama, weißt du das?“
„Danke, Liebes! Und nun geh schon. Konny wird warten.“
Der Rest des Samstags verlief ruhig und ohne neuerliche Überraschungen. Gegen Abend machte sich Marianne auf den Weg, um Zimmer 312 in Ordnung zu bringen. Doch zu ihrer Überraschung fand sie den Raum aufgeräumt vor und ohne Spuren dessen, was sich noch am Vormittag hier ereignet hatte. Selbst der Napf stand frisch poliert im Schrank. Und noch etwas fiel ihr auf: In der Ecke stand ein großer Flachbild-Fernseher, der am Morgen noch nicht dagewesen war. Mit einer unguten Vorahnung schaute sie sich um, aber nirgendwo war eine Kamera zu entdecken. Dabei war sie sich sicher, daß eine neuerliche Gemeinheit Svenjas damit verbunden war. Ich muß daran denken, das Schloß zu ändern, fiel es ihr siedend heiß ein. Nicht auszudenken war passieren würde, wenn eines der Zimmermädchen aus Versehen hier hereinkäme. Da sie sonst nichts tun konnte, wechselte sie die Handtücher, dann schloß sie den Raum wieder ab.
Gegen elf Uhr am Abend kam Lukas, um sie abzulösen. Fast war sie enttäuscht, Rudolf nicht in ihrer Wohnung anzutreffen. Sie rief in seinem Zimmer an.
„Ja, Hallo?“
„Ich bin’s. Darf ich zu dir kommen?“
„Nein …“
„Bitte “, fiel sie ihm ins Wort
„ … Ich komme zu dir.“
„Möchtest … möchtest du mich … irgendwie? “
„Ja. Im Bett. Mit Flanell-Pyjama, Knabberzeugs und etwas Rotwein.“
„Jah !“, rief sie erfreut und legte schnell auf.
In dieser Nacht schlief sie in seinen Armen ein. Doch als sie am nächsten Morgen aufwachte, war er schon fort. Sie hatte nichts davon mitbekommen. Seit Tagen war es das erste Mal, daß sie wieder ihre ganz normale Routine lebte. Bis sie in ihre Kleider schlüpfen wollte, und ihre die neuen Vorgaben einfielen. Bisher war ihre Demütigung auf das eine Zimmer und die besonderen Gelegenheiten beschränkt gewesen. Nun griffen sie zum ersten Mal auf den Alltag über. Würde sie wirklich stillhalten, wenn ein Mann sie einfach anfaßte? Ohne ihre Erlaubnis?
Rudolf war nicht am Frühstücksbuffet erschienen und hatte sich auch am weiteren Vormittag nicht sehen lassen. Zur Mittagessenszeit ging sie wie auf glühenden Kohlen. Bürgermeister Steiner traten die Augen vor den Kopf, als er sie in ihrer neuen Aufmachung sah. Doch sie zog es vor,
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