Mariannes Traenen
hast mir vor drei Tage gesagt, du würdest dir meinen Gehorsam wünschen.“
„Ja “, sagte er nur.
„D as Recht, Herr über meine Gefühle zu sein. Und über meine Lust. Du würdest auch eine Peitsche für mich haben wollen …“
Rudolf entgegnete nichts.
„Aber du möchtest mich nicht als Sklavin?“
Rudolf spielte eine Weile versonn en mit dem Henkel seiner Tasse. Dann stand er plötzlich auf. „Komm!“, sagte er, und zog Marianne an beiden Händen sanft in die Mitte des großen Apartments. Dort nahm er ihr den Morgenmantel ab. „Mach Sitz!“, befahl er ihr leise, aber bestimmt.
Erschrocken sah sie zu ihm auf. „Aber …“
Doch er verschloß ihr den Mund mit dem Zeigefinger. „ Sitz!“, wiederholte er seinen Befehl.
Langsam ließ sich Marianne vor ihm auf die Knie sinken, öffnete ihre Beine weit, wie sie es gelernt hatte – während meiner Dressur , schoß es ihr dabei unwillkürlich durch den Kopf – verschränkte die Hände hinter ihrem Rücken und hielt den Kopf gesenkt. Rudolf zog sich einen Pouf aus der großzügigen Couchecke herbei und setzte sich direkt vor sie.
„Gib mir deine Hände “, sagte er leise, „und schau mich bitte an.“
Marianne gehorchte. Und in ihren Augen sah er, daß sie traurig war.
„Marianne“, begann er, und es fiel ihm sichtlich schwer. „Marianne, du bist eine schöne, begehrenswerte Frau. Und normalerweise würde ich mich um dich bemühen. Ich würde versuchen, das Recht auf deine Nähe zu gewinnen. Deine Erlaubnis, dir so nahe zu kommen, wie sonst kein anderer Mann.“ Er schloß die Augen und sprach weiter, ohne sie anzusehen. „Und nun bin ich mir über meine Gefühle nicht im Klaren, weil wir keine Zeit hatten, unsere Nähe zu finden, sie zu entfalten und wachsen zu lassen. Und ich …“ Zum ersten Mal bemerkte Marianne so etwas wie Unsicherheit bei ihm.
„Marianne, ich wollte nie wieder eine Frau schlagen. Es ist noch nicht lange her, daß ich mir das geschworen habe: Nie wieder sollte eine Frau in Fesseln vor mir knien …“
„Aber hast du …“, unterbrach sie ihn, doch er schüttelte nur den Kopf. Die Augen hielt er immer noch geschlossen.
„Bitte frage mich nicht ! Nimm es einfach als das, was es ist. Ich hätte dich gerne begehrt wie ein … ein … normaler Mann eine normale Frau begehrt. Aber der Zufall hat es gewollt, daß ich dich in Ketten finde. Erpreßt und auf grauenvolle Weise erniedrigt. Was danach geschehen ist, weißt du. Und nun …“ Er schaute sie an. Ernst und eindringlich.
In diesem Moment bemerkte Marianne in seinen Augen eine tiefe Enttäuschung. Das war nicht mehr der ruhige, unerschütterliche Fremde, der da vor ihr saß. Der Mann, der so souverän scheinbar jede Situation bemeisterte, so wie er sie als Frau bemeistert hatte. Und der dabei doch oft so unergründlich und undurchschaubar geblieben war. Obwohl es gerade diese Momente gewesen waren, die einzigen, in denen sie sich sicher gefühlt hatte. Die Momente, in denen sie in seiner Hand gewesen war.
„Ja, es stimmt “, fuhr er fort. „Ich begehre dich und ich wünsche mir deinen Gehorsam. In deiner Lust genauso wie unter meiner Peitsche. Frage mich nicht, warum. Aber so bin ich. Ich würde mir nichts sehnlicher wünschen, als daß du mir erlaubst, dir zu sagen, was du tun sollst. Dabei wollte ich nie wieder eine Frau so begehren.“ Er holte tief Luft und ließ das Gesagte einen Moment nachklingen.
„Aber gerade eben, als ich dich aufgefordert habe, vor mir niederzuknien, da warst du die Sklavin. Die Frau, die tut, was man ihr sagt. Weil sie keine andere Wahl hat. Und …“ Er schaute sie eindringlich an. „Es ist nicht dasselbe.“
„Ich glaube, ich verstehe.“ Dabei konnte Marianne es sich selbst nicht richtig erklären. Sie kniete gerade nackt vor einem Mann, dem sie ohne weiteres gehorchen würde. Sie würde alles tun, was er verlangte. Er begehrte sie, wollte ihren Gehorsam, würde sie sicher auch schlagen wollen. Und doch war ihr intuitiv klar, wie sehr er sich von den Männern in Zimmer 312 unterschied. Vor ihm zu knien würde anders sein. Es war anders gewesen. Und eigentlich hatte sie es schon in den Momenten gewußt, als sie vor ihm gekniet hatte.
„Wenn du mich jetzt haben wolltest “, fragte er leise, „wie möchtest du mich dann?“ Er ließ ihr einen kurzen Moment. „Falls du mich überhaupt möchtest.“
„Normalerweise …“ Plötzlich mußte sie laut lachen. „Normalerweise würde ich dir für so ein Versprechen eine
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