Mariannes Traenen
so würde ich es nicht wollen.“
„Aber … du würdest es wollen?“
Rudolf atmete tief durch. Dann schüttelte er den Kopf. „Du hast danach gefragt, ob ich dich benutzten wollte, ohne Rücksicht auf dich.“ Er nahm seine Teetasse und ließ das Aroma auf sich wirken. „Nein “, bekräftigte er, „das würde ich nicht wollen. Nicht so.“
„Wie dann ?“, fragte Marianne. „Wie würdest du mich wollen?“ Sie sah ihn skeptisch an. „Ich meine – du hast mich gepeitscht. Und du hast mich an der Leine kriechen lassen. Und …“ Sie schloß die Augen. „Du hast mich als Frau benutzt.“ Plötzlich schüttelte sie den Kopf. „Nein“, sagte sie, „nicht als Frau! “
„Stimmt “, bestätigte er, „nicht als Frau.“ Er nahm einen Schluck Tee.
„Du hast in mir masturbiert “, sagte Marianne, und hielt die Augen geschlossen. „Du hast dich in mir selbstbefriedigt.“ Sie schüttelte den Kopf, als wolle sie einen bösen Traum abschütteln. „Das ist es doch, was diese Männer mit mir machen.“ Sie öffnete die Augen und sah ihn an.
„Ja “, sagte er nur.
„Und das möchtest du nicht?“, fragte sie leise.
Rudolf nickte in seine Teetasse, ohne sie anzusehen.
„Was möchtest du dann?“, fragte sie.
Doch Rudolf antwortete nicht, und für geraume Zeit schwiegen beide.
„Wie viele Frauen hast du geschlagen?“, fragte sie endlich. „Vor mir, meine ich. Wie viele hast du gepeitscht.“
Er wog den Kopf. „Einige “, sagte er nachdenklich.
„Hast du sie auch … benutzt? “
Er nickte. „Einige “, wiederholte er sich.
„Und wie viele davon hast du geliebt?“
Rudolf trank in einem Zug seine Teetasse aus und schenkte sich in der ihr mittlerweile vertrauten Zeremonie eine neue ein. „Eine!“, sagte er mit fester Stimme und schaute sie an, als stelle er sich einem Verhör.
„Wie viele Frauen hast du so erniedrigt wie mich ?“, wollte sie wissen. „Wie viele hast du kriechen lassen und sie … dressiert wie einen … wie eine Hündin? “
„Eine !“, sagte er, und sie sah, wie seine Lippen schmal wurden.
„War sie es, die …“
„Stell mir diese Frage nicht !“, unterbrach er sie laut. „Stelle mir diese Frage nicht“, wiederholte er, diesmal ohne die Stimme zu erheben. Und Marianne entdeckte den leisen Schmerz in seinen Augen. Sie glaubte für einen Augenblick, das schon einmal bei ihm gesehen zu haben, konnte sich aber nicht mehr sicher erinnern.
„Stell mir diese Frage bitte nicht!“ Diesmal wiederholte er es als Bitte, und er sprach leise dabei.
Marianne nickte. „Gut “, sagte sie und faßte sich ein Herz. „Es gibt da noch etwas. Was wird morgen geschehen? Was werden sie mit uns tun? Mit Kathrin meine ich, und auch mit mir?“
Rudolf nahm einen Schluck Tee. „Gunther wird Kathrin ausgiebig leiden lassen, denke ich.“
„Nein …“, rief Marianne leise.
„Soweit ich es nachvollziehen k ann, hat er mit deiner Tochter eine Rechnung offen. Und er ist ein Sadist. Es wird ihm gefallen, sie zu demütigen. Er wird nicht zufrieden sein, bevor sie weint.“
„Nicht Kathrin …“ Marianne schloß die Augen. „ Nicht mein Kind! “
„Dieser Oberstaatsanwalt …“ Rudolf hob die Schultern. „Er steht nicht auf Sadismus. Da unterscheidet er sich von Gunther.“
Marianne sah ihn voller Entsetzen an.
„Das ist vermutlich sogar gut für euch. Er wird es nicht haben wollen, daß Gunther euch quält oder mißhandelt. Er mag so was nicht. Der Lechner – so heißt der Kerl – hat eigentlich recht gewöhnliche Wünsche. Er braucht es, wenn Frauen unten sind, schwach und wehrlos, am besten unterwürfig. So, daß er keinen Bezug mehr zu ihnen braucht. Tatsächlich steht er auf möglichst junge Mädchen. Also wird er sich vermutlich auch eher an Kathrin halten, denn sie hat unbestreitbar etwas sehr mädchenhaftes an sich. Trotz ihrer zweiundzwanzig Jahre. Kann sogar sein, die beiden rühren dich gar nicht an. Und Svenja wird sich sowieso sehr schnell mit Walter in eine Ecke verziehen, um sich an ihm auszutoben. Svenja steht nicht auf Frauen. Sie will nur sehen, wie andere euch fertigmachen.“
„Das habe ich gemerkt “, sagte Marianne und lachte. Aber ihr Lachen klang bitter. „Wir müssen Kathrin darauf vorbereiten.“ Sie verbarg ihr Gesicht in Händen. „ Oh mein Gott! Kathrin …“, stöhnte sie leise.
Aber Rudolf schüttelte den Kopf. „Überlaß das Konrad. Ich habe mit ihm geredet ; er kümmert sich schon um sie. Er ist ein feiner Kerl,
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