Marianowicz-Methode
die Uhr für das Unternehmen da sein zu müssen. Das kann lange gut gehen, wenn der Stress als positiv empfunden wird. Kommen jedoch Überlastung, Existenzängste, Mobbing oder private Sorgen dazu, kann sich eine latente Traurigkeit oder Niedergeschlagenheit in kurzer Zeit zu einer handfesten Depression entwickeln. Überlastung aktiviert zudem die schmerzaktiven Zentren im Gehirn – auch das kann zu Rückenschmerzen führen.
Relikt aus dem Neandertal
Stress ist eigentlich ein Erbe aus Urzeiten, das den Menschen damals beim Überleben half. Kam ein Steinzeitmensch in eine brenzlige Situation, stand etwa plötzlich ein Raubtier vor ihm, so stellte der Körper sofort Energie für blitzschnelle Reaktionen bereit. Die »Wachmacher«-Hormone Noradrenalin, Adrenalin und Kortisol werden in solchen Situationen ausgeschüttet. Sie lassen das Herz schneller schlagen, erweitern die Bronchien zur besseren Sauerstoffversorgung, pushen das Immunsystem, setzen verstärkt Blutgerinnungsstoffe frei und versorgen die Muskeln mit mehr Nährstoffen. So voller Power konnte der Steinzeitmensch leichter die Flucht ergreifen oder auch den Kampf aufnehmen.
Genau diese Muster laufen im menschlichen Körper auch heute noch
in stressigen Situationen ab. Nur sind sie eher kontraproduktiv, denn auf der Autobahn oder im Büro wird man weder davonlaufen noch jemanden handfest attackieren. Folge: Die Stresshormone kreisen noch lange nach einem Ärger im Blut, der Körper befindet sich in einem ungesunden Ungleichgewicht.
Der Zusammenhang zwischen Rücken- oder Muskelschmerzen und Stress
Angaben zu Stress
Rückenschmerzen
Muskelschmerzen
Kein Stress
11,2 %
9,1 %
Stress
71,1 %
68,4 %
Quelle: Vierte European Work Conditions Survey (2005)
Guter Stress – schlechter Stress
»Das Ärgerliche am Ärger ist, dass man sich schadet, ohne anderen zu nützen«, stellte Kurt Tucholsky treffend fest. Experten bezeichnen diesen ungesunden Stress auch als Disstress. Doch es gibt auch einen guten Stress, den Eustress. Dieser positive Stress hilft, in besonderen Situationen, wie etwa bei einer Prüfung oder einer Rede vor großem Publikum, hellwach zu sein und Höchstleistungen zu vollbringen. Der erhöhte Blutdruck und der schnellere Herzschlag helfen dann gegen Müdigkeit, die Gehirntätigkeit wird durch die Wachmacher-Hormone angeregt, in diesem Moment unnötige Funktionen wie Verdauung oder der Sexualtrieb werden auf ein niedriges Level zurückgefahren.
Wenn die Seele Hilfe braucht
Wir wissen heute, dass 90 Prozent aller Rückenschmerzpatienten im Laufe der Zeit zumindest eine leichte Depression entwickeln. Neben der medizinischen Therapie braucht dann auch die Seele Streicheleinheiten. In unserer Münchner Tagesklinik und in meiner Rückenklinik am Jägerwinkel
am Tegernsee arbeiten wir deshalb bei Rückenpatienten oft mit psychosomatischen Fachärzten und Therapeuten zusammen. Natürlich nur, sofern der Patient das möchte. Und es ist erstaunlich, dass gerade auch Männer, die normalerweise um Psychotherapie einen großen Bogen machen, dieses Angebot dankbar annehmen und Ballast abzuwerfen lernen. Manche zum ersten Mal in ihrem Leben. Seit vier Jahren gibt es bei uns ein ganz neues Haus für Psychosomatik, Psychotherapie, Traditionelle Chinesische Medizin samt einem Burnout-Center. Der Idealfall für Patienten mit chronischen Rückenschmerzen wäre ein Aufenthalt von mehreren Wochen, um nicht nur der körperlichen Ursache der Rückenproblematik auf die Spur zu kommen. Wahlweise natürlich auch die Psychotherapie, die auch als Intervention durchgeführt werden kann. Es gibt auch schnelle Entspannungsübungen, die kurzfristig helfen können, Rückenprobleme zu lindern. Einige davon finden Sie im 5. Kapitel.
Risikofaktoren für die Entstehung und das Chronisch-Werden von Rückenschmerzen
Test: Sind Sie ein Rücken-Risiko-Kandiat?
Ja
Nein
Ich hatte schon einmal stärkere Rückenschmerzen
Ich hatte schon einen Bandscheibenvorfall
Ich leide an einer Erkrankung oder Veränderung der Wirbelsäule
In meiner Familie treten Rückenschmerzen oder
Wirbelsäulenerkrankungen häufiger auf
Ich leide unter anderen chronischen Schmerzen, wie beispielsweise Migräne
Ich treibe keinen regelmäßigen Sport
Ich bin auch sonst wenig aktiv, bewege mich meistens mit dem Auto, gehe wenig spazieren
Meine Rücken- und Bauchmuskulatur ist eher schwach
Ich habe deutliches Übergewicht, mein BMI (Seite 175ff.) liegt weit über 25
Ich rauche regelmäßig
Ich ernähre mich
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