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Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Marie ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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Stunde kamen wir durch einen kleinen Wald von stacheligen Kermeseichen und stolperten nun beide über Stock und Stein. Einen Weg oder zumindest einen Trampelpfad gab es nicht – und auch kein Zurück, wie mir Bérenger bedeutete. Nachdem ich erneut beinahe über eine herausstehende Wurzel gestolpert wäre, wurde mir angst und bange. Was, wenn ich mit einem verstauchten Knöchel zurückbleiben musste? Schande und Schmach! Ich riss mich zusammen, begann mich eisern auf den Weg zu konzentrieren, Fuß vor Fuß zu setzen und meine Kräfte einzuteilen. Bérenger sollte mich nicht für eine Memme halten. Niemals.
    Der Anstieg wollte und wollte kein Ende nehmen. Am Ende kroch ich auf allen vieren hinter meinem Geliebten her und glaubte, mir müsse auf der Stelle die Lunge platzen. Aber auch Bérenger keuchte vor Anstrengung und hatte das Singen längst aufgegeben.
    Endlich waren wir oben angekommen. Bei einer anderen Gelegenheit hätte ich mich erschöpft ins Gras fallen lassen und vielleicht - nach einer halben Stunde der Erholung - in Ruhe die Schönheit der Garrigue bewundert. Denn sie war tatsächlich herrlich, genauso, wie sie mir Barthélémy einmal geschildert hatte, der gleich Bérenger oft hier heroben gewesen war. Aus weißem und zart graublauem Kalkstein wucherte wilder Thymian. Der Wind, der von allen Seiten ungebremst um unsere Köpfe pfiff und unseren Schweiß auf der Stelle trocknete, peitschte die dünnen, drahtigen Stengel des Lavendels hin und her. Vor unseren Augen breiteten sich Tausende kleinwüchsige, goldblühende Ginsterbüsche aus, die bis zum fernen Horizont mit dem violettblauen Lavendel ein prächtiges Farbenmeer ergaben. All das erschien mir, angesichts der widrigen Umstände, in denen wir uns befanden, geradezu unwirklich, fast traumhaft.
    Endlich hielt Bérenger inne. Wie Feuer brannte meine Kehle, aber ich wagte es noch immer nicht, ihn zu fragen, ob ich trinken durfte. Ihm jedoch musste es genauso ergangen sein, denn er nickte mir aufmunternd zu, als ich auf meinen trockenen Lippen herumkaute, und nahm den Rucksack ab. Beim Trinken bemerkte ich, wie Bérenger seine Blicke unauffällig über das tief unter uns liegende Tal kreisen ließ.
    „Siehst du ihn?“ flüsterte ich, obwohl mich außer ihm und dem Wind niemand hören konnte.
    Bérenger nickte.
    „Ja ... Ich denke, ich habe ihn gerade erspäht. Irgend etwas hat dort unten aufgeblitzt, gerade als ich die Flasche abgesetzt habe. Der Kerl ist mit einem Fernrohr ausgestattet. Das Aufblitzen kam aus der Gruppe von Kermeseichen hervor, durch die wir vorhin gestolpert sind. Wir haben also Zeit. Lass uns eine halbe Stunde ausruhen und dann zügig weitermarschieren, Marie. Er wird mehr als diese halbe Stunde brauchen, um heraufzusteigen.“
    „Was will er von uns?“
    „Irgendwer hat ihn auf mich angesetzt. Wer weiß, wie lange er schon die Villa beobachtet, jede Bewegung von mir oder dir. Dass er Pomponet vergiftet hat, ist so gut wie sicher. Niemand aus dem Ort wäre zu solch einer Schandtat fähig. An die Hunde von Bouzil kommt er jedoch nicht so leicht heran, da müsste er schon über den Zaun steigen, um ihnen vergiftetes Fleisch hinzuwerfen. Aber wer weiß? Wie er es jedoch anstellen will, uns in die weite, fast baumlose Garrigue zu folgen, ohne seine Deckung aufzugeben, ist mir schleierhaft. Nun, wir werden sehen.“
    Bérenger nahm den Rucksack ab und setzte sich so, dass er den Hang aus den Augenwinkeln heraus beobachten konnte.
    Völlig erschöpft, ließ ich mich nun doch mitten in die Thymianpolster fallen. Mit ausgestreckten Armen und Beinen lag ich neben Bérenger und sog den würzigen Duft der Kräuter ein. Um meinen Kopf herum tanzte der Lavendel die Farandole, so wie es die Menschen in dieser Gegend seit Tausenden von Jahren tun. Ich schloss die Augen und dachte ein weiteres Mal, wie schön es jetzt wäre, mit Bérenger allein zu sein, allein - ohne diesen verdammten Spion.
    „Bérenger ...“
    „Hm ...“, antwortete er.
    „Nicht, dass ich diese Ruhepause nicht genieße, aber warum sind wir nicht weitergelaufen, um einen größeren Abstand zwischen ihn und uns zu bringen oder uns irgendwo zu verstecken? Wenn er uns eingeholt hat, fängt doch alles wieder von vorne an!“
    Bérenger grinste. „Da hast du schon recht, aber weißt du, beim Heraufsteigen ist mir eine glänzende Idee gekommen. Warte es nur ab, Marie. Der Mann soll sich noch eine Zeitlang in Sicherheit wiegen. Wir marschieren bald wieder los und drehen uns

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