Marie + Leo = Liebe (German Edition)
Spritzer auf.
Es war höchste Zeit, aufzubrechen.
Sie hatte sich zigmal umgezogen und trug jetzt Jeans und T-Shirt, dazu
Sandaletten. Die hatte sie sich letzte Woche von dem Geld gekauft, das sie
heimlich von ihrem Sparbuch abgehoben hatte. Ihre ersten Schuhe mit Absätzen!
Leider hatte sie das Laufen darin nur üben können, wenn sonst niemand
zuhause war, denn auch vor Lena musste sie ihre neue Anschaffung geheim halten,
sie hätte sie sonst mit Sicherheit verpetzt. Ihre Eltern durften nicht wissen, dass sie von
dem Geld für das neue Fahrrad Schuhe gekauft hatte. Solche, die nur richtige
Frauen trugen, wie in den Modezeitschriften von Ricardas älterer Schwester.
Lena hätte sie garantiert verpetzt. Nicht einmal Ricarda durfte von ihrem
neuen und wertvollsten Besitz wissen. In letzter Zeit hatte sie nämlich so
komische Anwandlungen von wegen Gleichberechtigung und so.
Wenn es nach Marie ging, dann konnten sich auch Männer High- heels kaufen, das wäre doch dann gleichberechtigt, oder?
Nun schlüpfte sie also in die Schuhe mit den mörderisch hohen Fünf-Zentimeter-Absätzen und stakste zu Leo.
Sie hätte vielleicht etwas mehr Zeit für den Weg einplanen sollen, denn
sonderlich schnell kam sie nicht voran.
Eine gute Viertelstunde zu spät stand sie in Leos Zimmer. „Wahnsinn, ich
hab mir immer schon einen Flamingo gewünscht.“
Leo wusste, dass das gemein war. Aber es war einfach zu lustig, wie Marie
durch die Gegend eierte.
„Wie meinst du das?“, fragte Marie.
Weshalb sagte Leo denn nichts zu ihren Schuhen? Gefielen sie ihm nicht?
Waren sie ihm am Ende gar nicht aufgefallen?
„Na, weil du in den Schuhen so lange Beine hast“, beeilte er sich zu sagen.
Puh, gut gerettet.
Marie strahlte in an.
Leo hustete dezent und öffnete das
Fenster. Marie roch heute so – intensiv.
Sicherheitshalber sparte er sich eine weitere Bemerkung, er wollte sie
nicht kränken. Zwar machte er sich oft über sie lustig, aber das hier war etwas
anderes. Sie war scheinbar tatsächlich der Überzeugung, unwiderstehlich
auszusehen.
Jetzt wollte sie ihr Vorhaben aber endlich hinter sich bringen.
„Leo, ich muss dir was sagen. Ich hab mich verliebt.“
Mit einem Mal kam Bewegung in Leo. Er fiel Marie um den Hals und hob sie
ein Stück hoch.
Mit solch einem durchschlagenden Erfolg hatte sie gar nicht gerechnet.
Zumindest nicht mit so spontaner Begeisterung.
„Endlich machst du mal den Mund auf. Ich dachte schon, du rückst gar nicht
mehr mit der Sprache raus“, ereiferte Leo sich.
Marie versuchte, ihr breites Grinsen zu einem verführerischen Kussmund zu
verziehen. Das kam doch jetzt als nächstes, oder?
„Ihr passt auch gut zusammen.“
Was?
„Was?“, rief Marie.
„Ihr passt gut zusammen.“
Marie machte einen hochgradig
verwirrten Eindruck, was wiederum Leo irritierte.
„Findest du nicht? Wieso bist du
denn dann in ihn verliebt?“
„In wen?“
Machte sie sich über ihn lustig?
„Na, Carl.“
Carl?! Der Vollidiot aus ihrer Parallelklasse?
„Wie kommst du denn auf Carl?“
Maries Stimme klang schrill.
„Ist es nicht Carl? Ich hab euch in letzter Zeit so oft miteinander reden
sehen und da dachte ich, dass du ihn meinst. Wer ist es denn?“
Natürlich hast du uns miteinander reden sehen, dachte Marie. Wir spielen zusammen
im Schultheater.
Zu allem Unglück war Carl derjenige, in den Marie auf der Bühne verliebt
sein musste. Trotz alledem wollte sie ihre Rolle natürlich gut spielen und
deshalb hatte sie in den Pausen ein paar Mal mit Carl ihren Text geprobt. Und
jetzt dachte Leo-? Oh Gott!
Moment mal – dass er der Meinung war, sie und Carl passten so gut zusammen,
bedeutete, dass er fand, sie beide passten nicht zusammen, oder?
Marie blinzelte die Tränen weg, die sich in ihren wimperngetuschten Augen
bildeten. Blöde Schminke!
Sie musste sich zusammenreißen und gleichzeitig überlegen, wie sie aus der
Nummer möglichst unbeschadet herauskam. Schnell!
„Doch, es ist Carl. Ich war nur überrascht, dass du es schon wusstest“,
seufzte sie, als ihre Überlegungen abgeschlossen waren.
Am nächsten Morgen fiel es
Marie besonders schwer, aufzustehen. Sie hatte die erste Hälfte der wegen der
gestrigen Geschehnisse ohnehin schon recht kurzen Nacht mit dem Versuch
verbracht, sich selbst davon zu überzeugen, dass sie Leo sein Glück gönnte. Egal
mit welcher Frau. Selbst mit Daniela.
Die zweite Hälfte war durch die
Erkenntnis, dass sie das nicht schaffen
Weitere Kostenlose Bücher