Marie + Leo = Liebe (German Edition)
entscheiden,
ob sie es Leo jetzt schon sagen sollte, oder erst, wenn er wieder zurück war.
Um das zu erörtern, setzten die
drei sich jede mit einer Tasse Kakao an den Esstisch in Maries Küche.
Eine halbe Stunde später wusste
Marie noch immer nicht, was sie tun sollte. Die Diskussion drehte sich im
Kreis.
„Sag es ihm sofort“, versuchte
Frieda erneut sie zu überzeugen. „Er ist der Vater, er hat ein Recht darauf, es
sofort zu erfahren.“
Mit Vätern und deren Rechten
kannte Ricarda sich ebenfalls sehr gut aus, sie war nämlich auch in einem
feministischen Literaturzirkel.
„Ich finde“, hob sie daher
sogleich an, „dass Marie sich erst einmal selbst mit der Situation arrangieren
sollte. So, wie ich das verstehe, weiß sie jetzt gerade nicht einmal, ob sie überhaupt
mit Leo zusammenbleiben will.“
Frieda sah von Ricarda zu
Marie.
„Äh- was?“
Mehr fiel ihr zu diesem Thema
nicht ein. Sie kannte Marie nun schon sehr lange, wenn auch nicht besonders
gut, und wusste in etwa ebenso lang, dass Marie in Leo verliebt war. Sie war ja
nicht blind. Weshalb in Teufels Namen wollte Marie sich jetzt also von ihm
trennen?
„Es ist einfach unheimlich schwierig“, bemühte
Marie sich ihre Sichtweise darzustellen.
„Aber das ist doch kein Grund,
einfach die Flinte ins Korn zu werfen!“, empörte Frieda sich. „Mir fällt es
auch nicht leicht, Kai jedes Mal aufs Neue gehen zu lassen. Trotzdem würde ich
mich deswegen nie von ihm trennen.“
Es klingelte.
Frieda ging in den Flur und
drückte auf, ohne die Gegensprechanlage benutzt zu haben, denn sie hatten Pizza
bestellt.
Kurz darauf betrat Frieda
gefolgt von einem ziemlich betreten dreinschauenden Kai das Wohnzimmer.
Leo war ganz ruhig, aber Marie zappelte neben ihm auf ihrem Stuhl im
Wartebereich hin und her.
Er blätterte unbeteiligt in einem Tattoomagazin und feixte, dass er sich als nächstes ein Herz mit einem Anker und Maries Namen
stechen lassen würde.
Sie hatte dafür nur ein müdes Lächeln übrig. Das war ohnehin bloß ein
Scherz und außerdem war sie schrecklich aufgeregt. Hoffentlich würde es ihm
nicht zu sehr wehtun. Hoffentlich machte der Tätowierer keinen Fehler und stach
ihm „NUNC EST BIBENDUM“, statt „FORTES FORTUNA ADIUVAT“.
Aus dem Behandlungszimmer, wie Marie es nannte, trat soeben eine
blondgelockte Frau, deren bauchfreies T-Shirt ein frischgestochenes Arschgeweih
entblößte.
Sie bezahlte und war schon im Begriff, das Tattoostudio zu verlassen, als sie Leo entdeckte und noch einmal umdrehte.
„Und was lässt du dir stechen?“, wandte sie sich direkt an ihn.
Marie war beleidigt. Sie war zwar viel zu feige für ein Tattoo ,
aber das konnte dieses ätzende Weib ja wohl nicht auf den ersten Blick erkannt
haben.
„Etwas Lateinisches“, erwiderte Leo, der ebenfalls eine rasche Einschätzung
vorgenommen und dabei festgestellt hatte, dass man mit Zitaten bei dieser Frau
wohl nicht weit kam.
„Echt? Cool.“
Sie zwirbelte an einer ihrer Haarsträhnen und würdigte Marie keines
Blickes.
Das empörte diese noch mehr, schließlich konnte Leos neue Bekannte nicht
einfach davon ausgehen, dass Marie und er kein Paar waren. Na gut, das waren
sie nicht, und würden es wohl auch nie werden. Aber war das derart
offensichtlich?
„So, der Nächste, bitte.“
Mit süffisantem Grinsen stieß der Tätowierer die Tür zum Nebenzimmer wieder
auf.
„ Wennde willst, kannste dich ja ma bei mir melden.“
Das wandelnde Arschgeweihklischee griff hinter den Tresen, nahm sich einen
Stift und Papier, kritzelte ihren Namen und ihre Handynummer darauf und reichte
den Zettel Leo, der ihn kommentarlos einsteckte und sich anschickte dem
Tätowierer zu folgen.
So etwas passierte ihm mehrmals wöchentlich und nicht immer so subtil. Er
war einiges an verzweifelten Anmachversuchen gewöhnt und störte sich aus
verständlichen Gründen auch wesentlich weniger an ihnen als Marie.
Kai hatte unter den Augen tiefe
Ringe, seine Haut war blass, die Wangen eingefallen.
Auch Friedas Teint wirkte recht
blutleer.
Ricarda warf den beiden einen
misstrauischen Blick zu, während Marie in Hektik ausbrach.
Sie umarmte Kai zur Begrüßung,
bot ihm einzeln jedes Getränk an, das
sie da hatte, und ließ sich nur widerwillig von Frieda und Kai auf ihr Sofa
bugsieren.
Frieda nahm neben ihr Platz,
Ricarda huschte an ihre andere Seite, denn sie ahnte, dass Marie nun Beistand
brauchen würde.
Kai setzte sich in den
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