Marie und die Meerjungfrau (Das Geheimnis der Zaubermuscheln)
dachte sie, in die Tiefe, zu den Fischen mit den wallenden Flossen und den leuchtenden Quallen — zu der kleinen Meerjungfrau, die das Tanzen gelernt hatte, obwohl sie eigentlich keine Beine hatte. Marie hätte auch gerne tanzen gelernt, und vielleicht würde sie es schaffen, in dem Leben danach, von dem ihre Mutter ihr erzählt hatte. Marie war nicht mehr traurig und sie hatte auch keine Angst mehr. Sie lächelte, als sie die Augen schloss und aufhörte, sich gegen das Wasser zu wehren. Im nächsten Moment wurde sie von einer Welle umarmt, die sie hinab in die Tiefe zog.
Etwas glitt unter ihr hindurch, etwas Warmes und Weiches, etwas, das sie stützte und wieder an die Wasseroberfläche trug. Sie fühlte zwei sanfte Arme, die sie hielten, und sah tausend Schuppen unter sich glitzern … Aber vielleicht hatte sie sich das auch nur eingebildet, denn das war der Moment, in dem sie erneut das Bewusstsein verlor.
Als sie wieder zu sich kam, lag sie in Opa Donnersees Armen, der den Strand entlang rannte. Sie fühlte seinen rauen Pullover, der sich mit jedem seiner Schritte an ihrer nassen Haut rieb, spürte seinen keuchenden Atem und roch die Sonne, die sich auf seiner Haut gesammelt hatte. Neben ihnen hörte sie Robbies Pfoten durch den Sand wirbeln. Robbie hatte sie gerettet und Opa Donnersee geholt! Marie versuchte Robbies Namen zu flüstern und zu ihm herunterzureichen, als sie die Rufe ihrer Eltern vernahm. Kurz darauf drängten sich warme Körper um sie und schirmten den Wind ab, zarte Hände strichen ihr das nasse Haar aus dem Gesicht und weiche Decken hüllten sie behutsam ein. Marie war zu erschöpft, um die Augen zu öffnen, aber sie lächelte. Alle, die sie liebte, schienen bei ihr zu sein — sie lachten und weinten und umarmten sie und waren so dankbar darüber, dass Marie lebte und zurück war, sodass sie plötzlich nicht mehr wusste, warum sie noch vor wenigen Augenblicken so verzweifelt gewesen war. Plötzlich kam sie sich so fürchterlich albern vor. Warum war sie traurig gewesen? Doch nicht wegen eines dummen Tanzkleides? Wofür brauchte sie überhaupt ein Ballettkostüm? Es war doch nur ein Kleidungsstück, nichts weiter. Tanzen konnte sie auch so … auch ohne Tutu. Wie die Meerjungfrau … Ja, genau wie die Meerjungfrau … Was hatte Opa Donnersee ihr erzählt? Der Wind hatte ihr das Tanzen beigebracht und die Wolken und das hohe Gras in den Dünen — die kleinen Glühwürmchen und die Quallen und selbst die Wellen. Von allen hatte sie ein wenig lernen können, und in der ganzen Geschichte gab es kein einziges Tutu.
Während die Decken sie langsam wärmten, wurden Maries Gedanken immer undeutlicher. Mal sah sie tanzende Quallen voller winziger Leuchtpunkte, die lustig hin und her schwirrten; dann sah sie kleine Wellen, deren Gischthäubchen sich fröhlich im Sonnenlicht kräuselten; und wiederum später sah sie Mückenschwärme, die sich summend über der gleißend leuchtenden Wasseroberfläche zu einem Walzer drehten, den der Wind leise vor sich her pfiff. „Wie viel schöner ist das doch, als noch der eleganteste Balletttanz?”, fragte eine kleine, feine Stimme in Maries Kopf. Und selbst wenn sie nie im Leben richtig tanzen dürfte, so würde sie doch immer den Libellen und den Regentropfen zuschauen können — und das war doch auch gut. Das war sogar wunderbar gut , dachte sie. Denn das Wichtigste überhaupt im Leben, das hatte Marie, das fühlte sie gerade ganz deutlich, auch wenn sie nicht genau sagen konnte, was es war.
Das Letzte, an das sie sich erinnern konnte, war, dass sie sehr, sehr glücklich war. Marie blinzelten noch einmal kurz und schaute auf all die lieben Menschen um sie herum, dann lächelte sie und schloss die Augen. Alles war gut.
Als sie ihre Augen wieder öffnete, war es hell.
Was dann geschah
E twas Nasses leckte über ihre Handfläche und brachte sie zum Kichern.
„Robbie, du weißt doch, dass ich da kitzelig bin!”
Robbie bellte kurz und seine Ohren wippten aufgeregt nach allen Seiten. Wie er da hechelnd neben ihrem Bett stand und mit leuchtenden Augen zu ihr hochschaute, sah es wirklich so aus, als würde er lachen.
Die Tür öffnete sich, und ihre Mutter stürzte ins Zimmer — dicht gefolgt von ihrem Vater.
„Marie, meine Kleine! Endlich!”
Marie schaute verdutzt.
„Du hast drei Tage lang geschlafen! Robbie hat die ganze Zeit Wache geschoben, damit du nicht plötzlich wieder verschwindest”, zwinkerte ihr ihr Vater zu. „Robbie, rutsch mal rüber
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