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Marienplatz de Compostela (German Edition)

Marienplatz de Compostela (German Edition)

Titel: Marienplatz de Compostela (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.M. Soedher
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verschwunden und der Garten lag fast völlig im Schatten. Am liebsten wäre sie jetzt in den Teich gesprungen und hätte zwei, drei Bahnen geschwommen, um sich danach in das weiche Gras zu legen.
    *
    Zenner fummelte am Schloss des Garagentores herum und grinste böse. Bucher war ungeduldig geworden und hatte ihn angefahren. Dabei war er ganz behende in diesen Dingen. Ein Schlosser, der die Seiten gewechselt hatte, war sein Lehrmeister gewesen. Es war ein netter Kerl gewesen, aber völlig ohne Unrechtsbewusstsein. Der Zufall wollte es, dass er ihn zweimal festnehmen musste, und an einem Abend, nach einer langen Vernehmung, hatte ihm der Kerl gezeigt, wie man mit Schlössern umgeht. »Wie mit Frauen«, hatte er gesagt, das war Zenner im Ohr hängen geblieben – wie mit Frauen. An den verschiedenen Türen der Dienststelle hatten sie damals in der Nacht geübt. Und das nur, weil er ihm ein halbes Hähnchen besorgt hatte, dem Schlosser, der keine Wurstsemmeln und keinen Leberkäs mochte.
    Der Sprinter parkte im Garagenraum. Zu beiden Seiten blieb gerade genug Raum, um die Türen halb zu öffnen. Es roch nach einem Gemisch aus Diesel und feuchter Erde. Der Boden war nur grob befestigt. Blanke, in den Jahrzehnten hart gewordene Erde hing zwischen losen Steinplatten.
    Blogdogs e.V. stand in großen lilafarbenen Buchstaben auf den Seiten des Wagens.
    Bucher drückte auf den Schlüsselknopf und mit einem lauten Knacken entsperrte die Schließanlage.
    »Klingt nach Unterdrucksystem«, sagte Zenner.
    Bucher öffnete die Fahrertüre und kroch auf den schwarzen Kunstledersitz. Der Fahrerraum war verdreckt. Es roch nach Hundemuff und kaltem Zigarettenrauch. Der Aschenbecher stand offen und quoll über von Asche und Kippen. Auch die Ablagen waren verstopft: Kleingeld, Tankquittungen, McDonald’s-Tüten, Kugelschreiber, Unterlagen aller Art und anderer Kram. Am Innenspiegel hing Firlefanz herum. Stofftierchen und Glasperlenketten. Wie konnte man bei dem Gebaumel nur Autofahren? Bucher wollte das Lenkrad anfassen, was ihm das Gefühl gegeben hätte so ganz im Auto zu sitzen. Er ließ es sein.
    Zenner kam und forderte wortlos den Schlüssel. Die Flügeltüre an der Rückseite ließ sich nur mit Schlüssel sperren und entsperren. Bucher blieb sitzen und überlegte. Hinter der Frontscheibe stand die dunkelgraue Wand. Kein Menetekel tauchte dort auf, das ihm eine Richtung hätte weisen können. Aber er spürte es, ganz nahe dran zu sein, an einer Lösung.
    Zenner fluchte laut: »Heidanei, ist das ein Dreck und Gestank, ja pfui Teufel!«
    Der Transporter schwang in den Federn, als er in den Transportraum stieg. Das helle Klirren von Metallgittern war zu hören. Die Hundekäfige. »Also mir gefällt das alles überhaupt nicht, überhaupt nicht«, rief er.
    Bucher stöhnte leise. Auch ihm gefiel das hier überhaupt nicht. Aber was sollten sie tun. Er kruschtelte in der Seitenablage, fand dort eine Landkarte von Süddeutschland, einen Brief des Tierarztes mit einer Medikamentenliste und der kurzen Erläuterung, wie und in welcher Dosis diese verabreicht werden sollten. Zwei Tüten Fisherman’s Friend tauchten auch noch auf und eine angebrochene Schachtel Overstolz. Wer das raucht, frisst auch kleine Kinder – so hatte ein Kollege einmal zu ihm gesagt. Das war hängen geblieben. Er stopfte den ganzen Kram zurück in die Seitenablage. Auf der Rückseite des Tierarztschreibens entdeckte er eine krakelige, handschriftliche Notiz. Er wollte sie gerade lesen, als ihm auffiel, wie still es im Rückraum geworden war. Der Blick in den Rückspiegel zeigte nichts, denn das schmale Fenster an der Kabinenrückseite war von innen verdeckt. Wozu dann Rückspiegel?, dachte er und rief laut: »Alles in Ordnung, da hinten!?« Zenner antwortete nicht, sprang aber aus dem Laderaum. »Was ist!?«, rief Bucher.
    Zenner blickte unzufrieden drein. »Irgendwas stimmt da nicht!«
    »Das haben wir beide schon festgestellt«, kommentierte er und versuchte die krakelige Schrift zu entziffern. Ein nach starkem Schmerz klingender Schrei entfuhr ihm nach wenigen gelesenen Worten.
    Zenner war sofort zur Fahrertür gesprungen, als er den lauten erschrockenen Ruf gehört hatte. »Was ist los, geht’s dir schlecht!?«
    Bucher beugte sich nach vorne, um den Bauchraum zu entlasten, so als hätte ihm zuvor jemand in den Magen geschlagen, und tatsächlich war ihm ein fürchterlicher Schmerz durch den Leib gefahren – kein blankes Erschrecken, sondern ein echter, fühlbarer

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