Marienplatz de Compostela (German Edition)
auch noch mit einer Gefangenen – einer lebenden Gefangenen wohlgemerkt –, das ist schwer vorstellbar … und zum krönenden Abschluss auch noch um Paris herum«, Hartmann sah Bucher auffordernd an, »ne, ne, ne, Leute … er muss doch den Großraum Paris passieren, wenn er nach Orléans will und nach Toulouse, oder nicht, Johannes?«
Bucher baute eine Frankreichkarte im Geiste auf. »Es gäbe schon gewisse Umwege, vielleicht über Nancy, Sens und Troyes, aber letztlich kann er dem Großraum Paris kaum entgehen und in Frankreich lauert an jedem zweiten Kreisverkehr und an beinahe jeder Mautstation die Gendarmerie. Ein großes Risiko.«
»Aber die Ansichtskarte von Anne Blohm kommt zweifelsfrei aus Orléans und die von Nora Bender wird genauso echt aus Toulouse sein«, warf Batthuber, nun schon überzeugter, ein.
Bucher winkte ab. »Zu den Karten später. Das Bein, das Bein ist die wirkliche Spur! Kannst du dir vorstellen, ein Täter verschleppt Frauen nach Frankreich, tötet sie dort und kommt nach München zurück, nur um die Leichenteile zu entsorgen, während er in Frankreich wochenlang sonst was getrieben hat? Das macht keinen Sinn. Niemals. Alle drei waren aus München, hatten hier ihre sozialen Bindungen, alle drei waren auf Pilgertour, als sie verschwunden sind, und der letzte von Zeugen qualifizierte Kontakt fand immer im Raum Lindau statt. Ergo …?«
Hartmann machte weiter. »Es ist kein Zufall … das nicht. Er kundschaftet seine Opfer aus, weiß genau, wen er will, warum er sie will und wo er sie ohne großes Risiko kriegen kann.«
»Genau … er hat eine funktionierende Methode, einen exakt definierten Opfertyp, einen vertrauten Aktionsraum und einen Rückzugsraum, in dem er sich absolut sicher fühlt: München. Das ist seine Komfortzone. So ist es.«
Lara Saiter meldete sich wieder. »Da unten bei Lindau, da bündelt es sich auch. Könnte doch sein, dass er da unten sein Versteck hat. Von da ist es nicht mehr ganz so weit nach München. Die drei hatten zwar unterschiedliche Routen, aber dort unten verliert sich ihre Spur. Hast du eigentlich …«
Bucher winkte ab. »Ja, ich hab die Kollegen dort schon per Mail informiert. Also am Bodensee passt er sie ab, gut. Trotzdem wieder zurück zum Bein. Der hat sich den Parkplatz an der A99 nicht einfach so ausgesucht. Der kennt den und hat das auch schon öfter gemacht.«
Batthuber meldete sich. »Er sucht sich ganz schön toughe Frauen aus, nicht so Häschentypen; sportliche … und ängstlich sind die auch nicht. Die kidnappt man doch nicht so einfach von der Straße weg. Da unten im Allgäu und am Bodensee, da ist doch jetzt im Sommer viel los.«
Hartmann meinte: »Eben – gut geplant. Der fährt nicht spazieren und sucht nach Gelegenheiten. Dagegen spricht schon das Opferspektrum. Der hat vorher schon Kontakt zu ihnen aufgebaut. Er ist kein Fremder mehr für sie. Hätten sie es mit einem Fremden zu tun, dann wäre die Wahrscheinlichkeit viel höher, dass er sie an Ort und Stelle tötet. Unser Täter ist organisiert.«
Batthuber klang unzufrieden. »Aber was will er denn? Was hat er davon, sie so lange gefangen zu halten? Damit geht er doch ein enormes Risiko ein.«
Bucher stimmte zu. »Um einen schnellen Erfolg in der Lustbefriedigung geht es definitiv nicht. Diese Zeitspanne von mehreren Wochen – genau darin liegt die Bedeutung, sie ist ihm das Risiko wert.«
»Wir haben es also mit jemandem zu tun, der organisiert ist, intelligent plant und sehr zielstrebig vorgeht. Drei Frauen in nicht einmal einem Jahr … eine widerwärtige Sache. Wenn dieser Drogenheini nicht gegen die Müllkiste gedonnert wäre …«, sie unterbrach, um nachzudenken und schwenkte ab. Ein anderer Gedanke war ihr durch den Kopf gefahren. »Johannes, meinst du wirklich, wir haben es mit München zu tun? Wie kannst du dir so sicher sein? Er könnte doch sonst wo ein Versteck haben.«
Bucher wollte jetzt nichts von Getriebeöltemperaturen erzählen und schon gar nicht vom Schätzen, um Zeit zu gewinnen. »Ich kann es nur noch einmal wiederholen: Für mich ist der Ablageort des Beins entscheidend und der deutet auf München hin. Deshalb werden wir unsere Ermittlungen zunächst hier konzentrieren. Frankreich – damit kann ich gar nichts anfangen. Ich weiß auch noch nicht, was es mit den Ansichtskarten auf sich hat.«
»Eine mutige Annahme«, meinte Hartmann, »klingt ein wenig wie der Spatz in der Hand und die Taube auf dem Dach .«
»Nein, gar nicht. Du
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