Marienplatz de Compostela (German Edition)
Einkaufsmöglichkeiten … Facebook«, setzte Lara Saiter fort, »ich habe das Notebook von Anne Blohm schon an die Forensik gegeben. Ich hoffe bald Ergebnisse zu erhalten.«
Bucher hielt inne und sagte leise: » Du hast es gut, deine Opfer sind schon tot. «
»Was sagst du da?«
Er vollzog eine abwehrende Handbewegung. »Nur so, hat mir ein Kollege gesagt. Und nun das – ein lebendes Opfer. Ist neu für mich.«
Hartmann kam aus seinem Büro zurück. »Es gibt Neuigkeiten.«
Alle Augen waren auf ihn gerichtet. »Dieser kleinwüchsige Schleimer hat angerufen …«
»Buntzl«, entfuhr es Batthuber, der damit richtig lag.
»Er hat ein wenig rumgedruckst. Es geht um Rudolf Siebl. Der hat sich gestern krank gemeldet, für den Rest der Woche …«
»Ja, und?«, fragte Lara.
»Zuerst hat er sich geziert, sagte, er hätte uns gerne schon eher in Kenntnis gesetzt, was aber nicht gegangen wäre. Es ging um Siebls Sohn – Tobias Siebl. Der war für einige Zeit in einem dieser Integrationsprogramme – als Patient, nicht als Therapeut. Also in der Firma von Vattern, ja. Es muss dabei zu Übergriffen gekommen sein – auf Anne Blohm.«
»Übergriffe … auf Anne Blohm … und welcher Art waren die?«, fragte Bucher.
»Ich hab schon nachgesehen. Unsere Akten geben darüber nichts her. Wie Buntzl gesagt hat, soll der kleine Siebl die Anne Blohm in unangenehmer Weise bedrängt haben, mehrfach, was schließlich dazu geführt hat, ihn aus dem Programm zu nehmen. Man hat das intern geregelt, weil der Papa doch der Chef war und bei Anne Blohm kein Interesse daran bestand, es öffentlich werden zu lassen. So hat es Buntzl jedenfalls dargestellt.«
Lara Saiter lachte bitter. »Kann ich mir schon vorstellen, was da gelaufen ist … hatte keine Interesse daran, es öffentlich werden zu lassen … Siebl hatte kein Interesse daran, so ist es doch! Da wird uns der feine Herr aber noch mal zur Verfügung stehen müssen. Wohnt der Junior denn noch bei ihm zu Hause?«
»Ich habe das Einwohnermeldeamt schon abgefragt. Gemeldet ist er unter der Adresse, ja, und eine frühere oder andere Wohnung ist nicht eingetragen. Da ich gerade dabei war, habe ich den Herrn Sohn gleich mal quer durchs INPOL gelassen … er hat schon tüchtig bei uns arbeiten lassen: Betäubungsmittel, gefährliche Körperverletzung, Nötigung mit sexuellem Hintergrund und die Klassiker aus dem Bereich m ein und dein, was soll das sein ? Zweimal ist er in Haft gewesen, einmal Jugendknast in Ebrach, das andere Mal in Straubing. Er hat nach der Realschule eine Ausbildung als Metallbauer begonnen und auch abgeschlossen. Allerdings nie in dem Job richtig gearbeitet, mal hier, mal da.«
»Ein rechtes Früchtchen also«, meinte Lara Saiter.
»Ein übles Früchtchen, würde ich sagen. Wir werden ihn uns mal vornehmen.«
»Macht das«, sagte Bucher und ging zurück in sein Büro.
Lara Saiter rief ihm nach. »Und das mit Frankreich, das ist jetzt wirklich gestorben?«
»Ja, ist es.« Er klang viel resignierter, als er es beabsichtigt hatte.
»Das ist schade … tut mir leid für dich, wo Hans das doch so wunderbar eingefädelt hatte.«
*
Alfons Zenner ging es schlecht an diesem Tag. Tags zuvor, nach dem aufregenden Nachtdienst mit der Morgenüberraschung, hatte er viel länger geschlafen, als es ihm gutgetan hatte, und war erst am Nachmittag aufgestanden. Müde hatte er anschließend in der Wohnung herumgesessen, wollte keine Zeitung lesen, keine Radtour mehr machen, weil es zu spät war, und auch zum Baden zu gehen lohnte sich nicht mehr. Seine Frau sprach kaum mit ihm, sogar die Zwillinge hielten ihr Gequake unter Kontrolle – ein deutliches Zeichen, dass man schlechte Laune bei ihm vermutete und in der Präventionsphase verharrte. Das machte ihn nicht fröhlicher.
In der folgenden Nacht war er lange wach geblieben, hatte Musik gehört und sich erst in den frühen Morgenstunden hinlegen können. Auch der folgende Tag bescherte ihm keine günstigere Gemütsverfassung und er spürte, wie sehr er im eingespielten Familiengefüge als Fremdkörper wahrgenommen wurde. Dieses Bein, das da vor ihm im Müll gelegen hatte – es setzte ihm mehr zu, als er sich eingestehen wollte.
Er musste alleine sein, packte deshalb seine Badesachen in den Rucksack und hockte sich aufs Radl. Seine Frau hatte sowieso ein Treffen mit ihrer Schwester vereinbart und da wollte er die Stimmung nicht verderben..
Er lebte auf, als er durch die Ludwigsvorstadt in Richtung Isar
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