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Marienplatz de Compostela (German Edition)

Marienplatz de Compostela (German Edition)

Titel: Marienplatz de Compostela (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.M. Soedher
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hast du denn schon herausgefunden, welche Vermutungen hast du, diesen Text betreffend? So befremdlich finden kann ich ihn nicht, da ich ihn ja zum ersten Mal höre. Im Grunde könnte es ein ganz normaler Postkartentext sein, wie sie zu Millionen existieren – mit orthografischen Fehlern und einem fehlenden Buchstaben. Da es aber im Kontext des Geschehens betrachtet kein unbelasteter Text ist, unterhalten wir uns also darüber.«
    Unterhalten? Bucher hätte erwartet, die wenigen Zeilen wären in eines dieser sündteuren Programme eingegeben worden, dann wären an einem der großen Bildschirme an der Wand die Worte, Sätze, Buchstaben durcheinandergewirbelt worden und nach einer Zeit lang hätte ein Ergebnis mit Lösungsvorschlägen vorgelegen.
    Und nun das – er wurde zu seinen Gedanken hinsichtlich des Textes befragt. Er schnaufte leise: »Ja nun. Dieser Anne Blohm wären derartige Rechtschreibfehler niemals unterlaufen, wie wir gesichert wissen. Auch ein solch banaler Text ist schwer vorstellbar. Auf der Karte haben wir Tränenflüssigkeit von ihr gefunden – um es kurz zu machen: Sie hat diese Karte vermutlich unter Zwang geschrieben.«
    Szceguzcyk unterbrach. »Und trotzdem hat sie ihre Intelligenz nutzen können, in einer doch existenziellen Stresssituation eine Botschaft zu hinterlassen? Davon gehst du wirklich aus?«
    »Ja, genau. So sehe ich das.«
    »Dann ist das eine gefährliche Frau, diese Anne Blohm, möchte ich meinen. Wer immer sich mit ihr anlegt, muss vorsichtig sein. Für unsere Aufgabenstellung stellt die Situation, in welcher sie sich befunden hat, etwas Positives dar, denn sehr kompliziert kann ihr Kryptoalgorithmus dann nicht sein. Und noch eine Frage. Der Täter, er hat diese Ansichtskarte gesehen?«
    »Ja sicher. Er hat sie gesehen und gelesen.«
    »Gut. Dann wissen wir auch: Sie hält sich ihm gegenüber für intellektuell überlegen und traut ihm demnach nicht zu den Text als Botschaft zu erkennen.«
    Bucher nickte. Ja, das stimmte.
    »Gehen wir von einfachen Wort- und Buchstabenverdrehungen aus. Das bekommt man immer zustande, auch unter Stress, wenngleich es starke Nerven und Disziplin erfordert.« Während er die letzten Worte sprach, ging er zu einer Magnettafel, die an der Bürowand hing, nahm einen Stift in die Hand und forderte Bucher auf den Text nochmals vorlesen. Szceguzcyk schrieb ihn auf die obere Tafelseite und fragte: »Was sind also die hervortretenden Aspekte des Textes in Bezug auf ihre Nonkonformität, in Relation zur intellektuellen Prägung der Verfasserin?«
    Bucher wiederholte den Satz stumm und antwortete einige Zeit später artig. »Die Rechtschreibfehler – giebt , das en , das eigentlich den lauten müsste. Lava-Landschaften ergibt wenig Sinn, wenngleich es in der Auvergne, in der Nähe von Clermont-Ferrand, Lavagipfel gibt. Eine fantastische Landschaft am Puy de Dôme, doch sie ist für Anne Blohm ohne Bezug, denn sie hatte nicht vor dorthinzugehen. Ich habe mich auch schon mit dem Text befasst und etwas anderes herausgefunden – es gibt in Frankreich keinen Ort namens Lanac , obwohl das für mich sehr vertraut klang –nach Senejac, Tourtoirac, Blanac. Wissen Sie, mein Vater war Franzose und ich bin die ersten Jahre dort aufgewachsen …«
    Doktor Szceguzcyk interessierte das nicht. Er machte eine Handbewegung, die Bucher aufforderte, bei der Sache zu bleiben.
    Er konstatierte: »Dann ist Lanac von Bedeutung und dieses giebt und en und die Lava-Landschaften . Dieses Lava-Landschaften schriebe man ja im Grunde auch ohne Bindestrich, oder?«
    Bucher stimmte zu.
    »Was ist mit dem Fluss?«, fragte er.
    Bucher zuckte mit den Schultern. »Fluss … da fällt mir nichts dazu ein.«
    »Ich finde nur seine Erwähnung als solche eigenwillig. Welcher Fluss wäre es denn gewesen?«
    »Die Karte wurde in Orléans abgeschickt.«
    »Ah, die Loire also. Aber dann hätte sie doch Loire geschrieben und nicht Fluss, nicht wahr? Sprach sie Französisch?«
    »Ja, sehr gut sogar.«
    »Mhm. Dann müssten wir das auch in Betracht ziehen. Was ist also das Einfachste?«
    Bucher wusste keine Antwort.
    »Buchstabensuppe«, beantwortete Szceguzcyk seine Frage selbst, »schauen wir mal.«
    Er schrieb mit großen Buchstaben auf die rechte Tafelseite
    Fluss
    Lanac
    en Lava-Landschaften
    giebt
    Er sah lange und skeptisch auf den Text, murmelte dabei vor sich hin. » giebt  – das macht wenig Sinn, aber dieses Lanac, da käme bei der einfachen Umkehrung zumindest Canal

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