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Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben

Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben

Titel: Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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hartnäckigem Schluckauf, erklärte sie einem Uniformierten, was sie wusste. Viel schien das nicht zu sein. Ein weiterer Uniformierter redete auf einen verflixt großen Mischlingshund ein, der besagten Knochen im Maul trug und, seiner schuldbewussten Miene zum Trotz, offenbar nicht herausrücken wollte. Das würde nur über den Jungen funktionieren, mutmaßte Zinkel und näherte sich ihm behutsam.
    »Hey«, sagte er leise und hockte sich neben ihn, hoffend, dass die Frau nicht in der Lage wäre, beidhändig zu klopfen. »Ich bin Paul. Sagst du mir, wie du heißt?«
    Der Junge nickte und zog die Nase hoch, sagte jedoch nichts und starrte weiterhin auf den Hund oder ins Leere, er konnte es nicht genau erkennen.
    »Tim Jakobi«, antwortete die Lehrerin an seiner statt.
    »Hallo, Tim. Und wie heißt dein Hund?«, fragte Zinkel.
    »Balou?« Tim schniefte.
    »Schöner Name. Probier’s mal mit Gemütlichkeit«, brummte er, nicht melodiesicher, aber wenigstens erlangte er Tims Aufmerksamkeit. »Ich weiß, ich kann nicht wirklich singen, gell?«
    »Nee, und du sprichst auch komisch.«
    »Das ist, weil ich nicht von hier bin«, erläuterte Zinkel, »ich üb noch, so zu reden wie ihr.« Er spürte, wie Tims Interesse versandete, und setzte nach. »Meinst du, du könntest Balou dazu kriegen, loszulassen, was er gefunden hat?«
    »Der tut meistens immer nie, was ich sage.« Tims Blick war erbarmungswürdig.
    »Meistens oder immer, beides geht nicht«, warf die Lehrerin reflexhaft ein.
    Mit »nie« ging beides nicht, dachte Zinkel, verkniff sich aber die Korrektur. Er stand auf. »Hat irgendjemand was bei sich, das entfernt als Leckerli durchgehen könnte?«, rief er in die Runde.
    Die Lehrerin schrak zusammen, als erwachte sie gerade aus einer Trance. »Warten Sie, ich war eben einkaufen …«
    Sie ging zu ihrem Wagen und kramte im Kofferraum herum. Triumphierend reckte sie kurz darauf etwas in die Höhe, das aussah wie eine Wurst und wohl auch eine war, denn Balou nahm, den Knochen schwenkend, Witterung auf.
    »Okay«, sagte Zinkel, »ich glaub, es ist besser, wenn du ihm die Wurst gibst, ja? Dann halten wir beide ihn am Halsband fest«, er hob die Stimme, um klarzustellen, was er wollte, »damit mein Kollege ganz schnell Balous neues Lieblingsspielzeug wegnehmen kann.«
    Tim nickte nur zögerlich, ließ sich aber die Wurst in die Hand drücken. »Komm, Balou«, lockte er.
    Balou beäugte die Wurst aus dem Augenwinkel und schien abzuwägen, welches die bessere Trophäe war. Beide, entschied er und zuckelte, den Knochen schlenkernd, näher. Tim schloss ergeben die Augen.
    Zinkel machte sich bereit. »Braver Hund«, sagte er prophylaktisch, bezweifelte jedoch den Wahrheitsgehalt der Aussage.
    Man konnte förmlich sehen, wie es in dem Tier arbeitete, lange arbeitete, bis ihm endlich der Geruch von frischer Wurst verführerischer erschien, als auf einem alten Knochen zu kauen. Balou öffnete das Maul, und Zinkel schlang sich das Ende der Leine um die linke Hand und griff mit der rechten nach dem Halsband, was Balou ihm nicht mal übel nahm. Lübben stürzte herbei, um die Beute zu entwenden und sie mit skeptischem Gesicht in einer Plastiktüte zu versenken. Aldi, registrierte Zinkel halb unbewusst und versagte sich die Vorstellung, die Tüte bliebe im Kofferraum liegen und würde von einem der Mädchen gefunden: Guck mal, Papa war einkaufen und hat uns was mitgebracht. Balou schmatzte.
    Tim öffnete die Augen und schaute Zinkel treuherzig an, als wollte er fragen, was sie jetzt machen würden. Eine gute Frage, stimmte Zinkel insgeheim zu. »Balou war allein im Wald, ja?«, erkundigte er sich.
    Tim nickte kleinlaut.
    »Hast du eine Ahnung, wie wir ihn dazu kriegen können, uns zu zeigen, wo er das Ding herhat?«
    Tim presste die Lippen zusammen und überlegte angestrengt. Plötzlich hellte sich sein Gesicht auf. »Vorhin ist er losgerannt, als meine Lehrerin ein ganz bestimmtes Wort gesagt hat. Das fängt mit U an, und –«
    »Ich erinnere mich«, unterbrach die Lehrerin ihn. »Ich glaube, ich habe ihn als ›Ungeheuer‹ bezeichnet.«
    In dem Moment brach die Hölle los.
    Balou stürmte fort wie vom Teufel verfolgt, so es den in seiner Welt gab. Zinkel sah noch, dass Tim den Mund öffnete, danach beschäftigte er sich nur noch mit der unlösbar erscheinenden Aufgabe, nicht zu stürzen, dabei auf keinen Fall die Leine loszulassen, wer wusste schon, wann sie Balous wieder ansichtig würden und was er dann im Maul trüge, auch

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