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Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben

Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben

Titel: Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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diese Souvenirs. Das passte nicht. Und Antonia? Er könnte verstehen, wenn sie nach dem vermeintlichen Auszug ihres Vaters auf von ihm Vergessenes gestoßen wäre und dies vor den Augen ihrer Mutter hatte verbergen wollen. Aber doch wohl keine Zeugnisse, die taugten nicht als Andenken. Das war absurd.
    Vielleicht dachten sie nicht weit genug. Womöglich hatte Körber verschwinden wollen, nur eben nicht aus persönlichen Gründen, sondern weil er Dreck am Stecken hatte. Wenn er sich eine neue Identität zugelegt hatte, wären sowohl die Zeugnisse als auch der Ausweis unwichtig gewesen, und die Uhr wäre unter Umständen ebenso verräterisch gewesen. Oder er hatte verschwinden müssen, weil er Zeuge irgendeiner Straftat geworden war. Einerlei, ob die Staatsmacht ihn hatte schützen wollen oder er aus eigenem Antrieb heraus geflohen war, es war zu spät gewesen oder die Maßnahmen zu löchrig. Auf der Flucht vor der Ostfriesen-Mafia, dachte Zinkel, nein, das konnte er sich auch nicht so recht vorstellen.
    Also zurück zum Anfang. Wer könnte ein Interesse gehabt haben, Körber aus dem Weg zu räumen? Und worin überhaupt lag das Interesse? Was hatte Körber besessen, ideell oder materiell, das jemand unbedingt haben wollte? Um Geld schien es nicht gegangen zu sein, oder doch? Sie mussten herausfinden, wo er sein Konto gehabt hatte und was damit geschehen war, notierte er im Geiste. Allerdings bezweifelte er, dass ein Stadtangestellter Summen hatte ansparen können, die jemanden zu einem Mord verleiteten.
    Wissen?, überlegte Zinkel. Möglich. Sollte Körber tatsächlich für ein Zeugenschutzprogramm vorgesehen gewesen sein? Das müsste sich, zumal der potenzielle Zeuge tot war, auch herausfinden lassen. Denkbar wäre natürlich ebenso, dass Körber sein Wissen, worin es auch bestanden haben mochte, dazu benutzt hatte, sein Gehalt aufzubessern. Oder es zu versuchen. Vielleicht war bereits der Versuch endgültig vereitelt worden, insofern würde die Kontoeinsicht nur bedingt Aufschluss geben.
    Zinkel stöhnte. Geld, Gier, Liebe, und Liebe war sicherlich das wahrscheinlichste Tatmotiv in diesem Fall. Herzog konnten sie getrost ignorieren, hätte der den Nebenbuhler aus dem Weg geräumt, hätte er wohl kaum fünf Jahre gewartet, bis er sich als Ersatz anbot. Zu klären wäre noch, ob es direkt nach Christian Körbers Verschwinden einen anderen Mann gegeben hatte. Ansonsten blieb nur Lilian Tewes als Täterin, mit oder ohne Hilfe. Aus unerfindlichen Gründen passte ihm das nicht, Gründe, die er jetzt bestimmt nicht auch noch hinterfragen würde.
    Die Türklingel riss die Stille entzwei. Zinkel schrak hoch und schaltete das Licht ein, halb neun, ziemlich spät für Besuch. Er hoffte, es handelte sich nicht um einen Einsatz, tappte auf Strümpfen die Treppe hinunter und öffnete die Tür.
    »Hey, Paul, stör ich?«, fragte Judith.
    »Nö«, brummte er und streckte seinen Kopf zur Tür hinaus. Kein Enno. Oh, oh.
    »Enno ist mit den Mädchen im Kino«, beantwortete Judith seine unausgesprochene Frage. »Kann ich reinkommen?«
    Er nickte zögerlich, auf baldigen Filmriss hoffend. Oder gerade das nicht? Hauptsache, keine Komplikationen, flehte er innerlich und bedeutete ihr, voranzugehen. Fehler, merkte er: Sie schien die engste Jeans ausgegraben zu haben, die ihr Kleiderschrank hergab, obendrein hatte sie ihren Hüftschwung seit neulich noch perfektioniert. Mannomann, er blähte die Backen auf, was sollte das nun werden? »Magst du was trinken?«, fragte er und wies auf den Esstisch, sicher war sicher.
    Sie blieb stehen. Ihr Blick zeigte ihm, dass sie ganz genau wusste, was er dachte. »Ein Gläschen Wein wäre nett«, sagte sie.
    »Sorry, ist alle«, behauptete er und öffnete den Kühlschrank. »Bier auch, leider.« Er knallte die Tür wieder zu, bevor sie auf die Idee käme, seine Aussage zu überprüfen. »Wasser oder Tee?«
    Judith lachte. »Du hast Angst vor mir, kann das sein?«
    Vor dir nicht, dachte er, bloß vor den Folgen dessen, was er mit der Wucht einer Lokomotive auf sich zukommen sah, und er war der auf den Gleisen. Er spürte, wie er errötete, und schwieg.
    Judith erlöste ihn. »Wasser ist schon okay«, sagte sie.
    Er schenkte ihr ein Glas ein, stellte es auf den Tisch und setzte sich ans andere Ende. »Also, was kann ich für dich tun?«, fragte er, ahnend, dass er das eigentlich nicht wissen wollte.
    »Mich küssen?«
    Zinkel verschluckte sich vor lauter Schreck über ihre Direktheit. Er sprang auf und legte

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