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Marina.

Marina.

Titel: Marina. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafón
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immer geschlagen hatte. Marina blieb ungewöhnlich still und überließ das Gespräch Germán und mir. Ich fragte mich, ob ich irgendetwas gesagt oder getan hatte, was ihr auf die Nerven gegangen war. Nach dem Essen forderte mich Germán zu einer Schachpartie heraus.
    »Liebend gern, aber ich glaube, ich bin dran mit Spülen.«
    »Ich werde spülen«, sagte Marina schwach hinter mir.
    »Nein, im Ernst«, warf ich ein.
    Germán befand sich schon im anderen Zimmer und stellte trällernd die Bauern aufs Spielbrett. Ich wandte mich Marina zu, die wegschaute und zu spülen begann.
    »Lass mich dir helfen.«
    »Nein … Geh zu Germán. Tu ihm den Gefallen.«
    »Kommen Sie, Óscar?«, hörte ich Germán im Wohnzimmer fragen.
    Ich betrachtete Marina im Licht der auf der Konsole brennenden Kerzen. Sie wirkte blass, müde.
    »Geht’s dir gut?«
    Sie wandte sich um und lächelte mir zu. Bei ihrer Art zu lächeln fühlte ich mich immer klein und bedeutungslos.
    »Los, geh schon. Und lass ihn gewinnen.«
    »Das ist nicht schwer.«
    Ich gehorchte ihr, ließ sie in der Küche allein und gesellte mich im Wohnzimmer zu ihrem Vater. Dort setzte ich mich unter dem Quarzkandelaber vors Schachbrett, damit er eine angenehme Weile verbringe, wie es seine Tochter wünschte.
    »Sie ziehen, Óscar.«
    Ich zog. Er räusperte sich.
    »Ich darf Sie daran erinnern, dass Bauern nicht so springen, Óscar.«
    »Entschuldigen Sie.«
    »Nicht der Rede wert. Das ist das Feuer der Jugend. Glauben Sie, ich beneide Sie darum. Die Jugend ist wie eine launische Freundin. Wir wissen sie erst zu verstehen und zu schätzen, wenn sie mit einem anderen geht und nie mehr wiederkommt. Ach! Na, ich weiß auch nicht, was das sollte. Also …, Bauer …«
     
     
    Um Mitternacht riss mich ein Geräusch aus dem Schlaf. Das Haus lag im Halbdunkeln. Ich setzte mich auf den Bettrand und hörte es wieder. Ein gedämpfter ferner Husten. Unruhig stand ich auf und trat auf den Gang hinaus. Das Geräusch kam aus dem unteren Stock. Ich ging an Marinas Zimmer vorbei. Die Tür stand offen, das Bett war leer. Ich spürte einen ängstlichen Stich.
    »Marina?«
    Keine Antwort. Auf Zehenspitzen stieg ich die kalten Stufen hinunter. Am Fuß der Treppe leuchteten Kafkas Augen. Er miaute schwach und führte mich durch einen dunklen Gang. An dessen Ende sickerte unter einer geschlossenen Tür Licht heraus. Dahinter war der Husten zu hören. Schmerzhaft, japsend. Kafka ging zur Tür und blieb miauend stehen. Sacht klopfte ich an.
    »Marina?«
    Langes Schweigen.
    »Geh, Óscar.«
    Ihre Stimme war ein Wimmern. Ich ließ einige Sekunden vergehen und öffnete die Tür. Das weißgeflieste Bad wurde von einer Kerze auf dem Boden knapp erleuchtet. Da kniete Marina und lehnte die Stirn an den Waschbeckenrand. Sie zitterte, und der Schweiß hatte ihr das Nachthemd wie ein Totenhemd an den Leib geklebt. Sie verbarg ihr Gesicht, aber ich konnte trotzdem sehen, dass sie aus der Nase blutete und mehrere scharlachrote Flecken ihre Brust bedeckten. Ich war wie gelähmt, unfähig zu reagieren.
    »Was ist denn …?«, flüsterte ich.
    »Mach die Tür zu«, sagte sie bestimmt. »Mach zu.«
    Ich tat wie geheißen und trat zu ihr. Sie glühte vor Fieber. Das Haar klebte ihr im Gesicht, dieses war von kaltem Schweiß überströmt. Erschrocken wollte ich Germán holen, aber ihre Hand hielt mich mit einer Kraft fest, die ich ihr nie zugetraut hätte.
    »Nein!«
    »Aber …«
    »Es geht mir gut.«
    »Es geht dir nicht gut!«
    »Óscar, ich flehe dich an, ruf nicht Germán. Er kann nichts tun. Es ist schon vorbei. Es geht mir besser.«
    Die Gelassenheit in ihrer Stimme war erschreckend. Ihre Augen suchten meine. Etwas in ihnen brachte mich zum Gehorchen. Da streichelte sie mein Gesicht.
    »Keine Angst. Es geht mir besser.«
    »Du bist totenblass …«, stotterte ich.
    Sie nahm meine Hand und hielt sie sich an die Brust. Ich spürte ihren Herzschlag über den Rippen. Ich zog die Hand zurück und wusste nicht, was ich tun sollte.
    »Es geht mir bestens, siehst du? Versprichst du mir, Germán nichts von alledem zu sagen?«
    »Warum denn?«, protestierte ich. »Was ist los mit dir?«
    Unendlich müde senkte sie die Augen. Ich schwieg.
    »Versprich es mir.«
    »Du musst einen Arzt aufsuchen.«
    »Versprich es mir, Óscar.«
    »Wenn du mir versprichst, einen Arzt aufzusuchen.«
    »Abgemacht, ich verspreche es dir.«
    Sie machte ein Tuch nass und wischte sich das Blut aus dem Gesicht. Ich fühlte mich

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