Marissa Blumenthal 01 - Virus
Eingang zum Essex House im Auge behalten, um festzustellen, ob ihr jemand folge. Aber offenbar war niemand herausgekommen, um sie zu verfolgen. Daher hatte sie dem Fahrer gesagt, er solle erst einmal um den Block fahren. Noch immer dachte sie über die beste Methode nach, an das Serum zu kommen.
Der Fahrer murmelte etwas in seinen Bart, als er an der ersten Ecke rechts abbog. Marissa schaute nach dem auf der Fünften Avenue gelegenen Eingang zum Plaza-Hotel. Dort stand jede Menge Autos, und der kleine Vorplatz vor dem Hotel war mit Menschen dicht gefüllt. Pferdedroschken waren den Gehsteig entlang aufgereiht und warteten auf Kunden. Sogar einige berittene Polizisten mit glänzenden blauschwarzen Helmen waren zu sehen. Marissa fühlte neuen Mut. In einer derartigen Umgebung konnte sie wohl niemand überraschen.
Als sie wieder in der Neunundfünfzigsten Straße waren, sagte Marissa dem Fahrer, er möge doch bitte vor dem Plaza halten und dort einen Augenblick auf sie warten, während sie schnell etwas abhole.
»Meine liebe Dame, ich meine…«
»Das geht ganz schnell«, versicherte Marissa.
»Da stehen doch haufenweise Taxis rum«, wandte der Mann ein. »Warum nehmen Sie denn nicht anschließend eines von den denen?«
»Ich lege fünf Dollar auf den Fahrpreis drauf«, beschwor ihn Marissa, »und ich verspreche Ihnen, daß es nicht lange dauert.« Sie bedachte ihn mit dem freundlichsten Lächeln, das sie sich unter diesen Umständen abringen konnte.
Der Taxifahrer zuckte die Schultern. Seine Bedenken schienen durch die fünf Dollar Trinkgeld und Marissas Lächeln hinreichend zerstreut. Er bog zum Plaza ein. Der Hotelportier öffnete ihr die Tür, und Marissa stieg aus.
Sie war außerordentlich nervös und rechnete jede Sekunde mit dem Schlimmsten. Sie beobachtete, daß ihr Taxi ein paar Meter weiter zum Warten anhielt. Beruhigt betrat sie nun das Hotel.
Wie sie erwartet hatte, war die prunkvolle Eingangshalle voller Leute. Ohne Zögern ging Marissa zu einer Ausstellungsvitrine mit Schmuck und tat so, als sei sie völlig davon gefesselt. Sie nutzte die Spiegelung der Scheiben, um sich zu vergewissern, daß niemand sie beobachtete. Aber niemand schien ihr irgendwelche Aufmerksamkeit zu schenken.
Marissa durchquerte erneut die Eingangshalle und wartete mit klopfendem Herzen am Empfangsschalter, bis sie an die Reihe kam.
»Haben Sie irgendeinen Ausweis dabei?« fragte der Angestellte dort, als Marissa nach dem für sie bestimmten Päckchen fragte.
Für einen Augenblick verwirrt, antwortete Marissa, daß sie gerade keinen da hätte.
»Dann würde auch Ihr Zimmerschlüssel genügen«, meinte der Mann im Bestreben, ihr weiterzuhelfen.
»Aber ich habe mich noch nicht angemeldet«, mußte Marissa bekennen.
Der Mann lächelte. »Dann melden Sie sich doch bitte an und holen Sie anschließend Ihr Päckchen ab. Bitte haben Sie Verständnis - aber wir tragen ja auch eine gewisse Verantwortung.«
»Aber natürlich«, gab Marissa zurück. Wieder einmal war ihr Selbstvertrauen erschüttert - sie hatte das sichtlich nicht gründlich genug überdacht. In der Erkenntnis, daß ihr gar nichts anderes übrigblieb, schritt sie zum Anmeldeschalter.
Aber auch das war nicht so ganz einfach. Als sie sagte, sie wolle nicht per Kreditkarte bezahlen, forderte sie der Angestellte auf, zunächst an der Kasse einen gewissen Sicherheitsbetrag zu hinterlegen, ehe er ihr einen Zimmerschlüssel geben könne. Nachdem sie das erledigt hatte, konnte sie endlich, mit einem Zimmerschlüssel bewaffnet, ihr Päckchen in Empfang nehmen.
Noch im Gehen riß Marissa die Verpackung auf, holte das Röhrchen heraus und betrachtete es kritisch. Es wirkte echt. Sie warf die Verpackung in einen Abfallkorb und steckte das Röhrchen mit dem Serum in ihre Tasche. So weit, so gut.
Marissa trat aus der Drehtür und verharrte einen Augenblick, bis sich ihre Augen an das helle Mittagslicht gewöhnt hatten. Ihr Taxi stand noch am selben Platz, an dem sie es zuletzt gesehen hatte. Der Portier fragte, ob er ihr eine Fahrgelegenheit beschaffen solle, aber Marissa schüttelte lächelnd den Kopf.
Sie blickte die Neunundfünfzigste Straße hinauf und hinunter. Der Verkehr war allenfalls noch stärker geworden. Auf dem Gehsteig eilten Hunderte von Menschen dahin, als ob sie befürchten müßten, zu einer wichtigen Verabredung zu spät zu kommen. Es herrschte strahlender Sonnenschein und geschäftiges Treiben. Befriedigt ging Marissa die wenigen Stufen zur Straße
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