Mark Beamon 01 - Der Auftrag
tot und begraben gehalten hatte. Erinnerungen an Corey, der leise durch den asiatischen Dschungel glitt, durch zähen Schlamm oder dichte Schlingpflanzen, und stets die Führung übernommen hatte. Coreys Instinkte und seine scharfen Augen hatten seine Kameraden öfter als einmal davor bewahrt, weggepustet zu werden.
Aber einen Corporal Reed Corey gab es nicht mehr, nur noch einen verkommenen, drogensüchtigen Penner. Ein Schädling. Für Hobart war Corey bereits tot – er würde es einfach nur amtlich machen. Er bedauerte lediglich, dass die Erinnerungen an ihn nun für immer überschattet sein würden durch diese letzte Begegnung.
Es gab jedoch keine Alternative – allerdings hatte Hobart sich auch nur wenig Mühe gegeben, eine zu finden. Corey war ein unkalkulierbares Risiko. Sollte er zwei und zwei zusammenzählen und darauf kommen, dass Hobart hinter den Vergiftungen steckte, würde er diese Information zweifellos ohne Bedenken an den Meistbietenden verkaufen. Der Gedanke, vom FBI und gleichzeitig von Killern des Kartells gejagt zu werden, war alles andere als angenehm. Deshalb war diese Lösung am besten.
Gegen sieben Uhr bemerkte Hobart, dass die Morgendämmerung anbrach. Das erste Licht des aufziehenden Tages setzte ihn schutzlos allen Blicken aus, und er war hundemüde. Es war Zeit zu verschwinden. Corey würde sowieso nicht mehr kommen.
Mühsam stand er auf, aber sein Kreislauf kam rasch wieder in Schwung, als er hinüber zu Coreys Haus ging. Im Näherkommen bemerkte er einen Umschlag, der an die Tür geklebt war. Er war auf der rissigen weißen Farbe fast nicht zu sehen. Hobart sprang die Treppe hinauf und riss ihn ab in der Hoffnung, dass er ihm vielleicht irgendeinen Hinweis darauf geben würde, wo Corey steckte. Zu seiner Überraschung war er an ihn adressiert. Der Brief darin war in der gleichen präzisen Handschrift geschrieben wie die Liste mit Chemikalien in seinem Kofferraum.
John,
ich weiß nicht, was du vorhast, aber da ich dich kenne, ist es sicher ein größeres Ding. An deiner Stelle würde ich nicht wollen, dass irgendein kleiner Koksdealer herumläuft, der zu viel weiß. Du hasst unkalkulierbare Risiken sogar noch mehr als ich – erinnerst du dich an Pyon Te? Deshalb dachte ich, ich nehme dein Geld und verschwinde in einen kleinen Urlaub. Ich will dir aber versichern, dass die Informationen, die ich dir gegeben habe, korrekt sind und dass ich unser Gespräch mit ins Grab nehmen werde. Viel Glück – was auch immer es ist, das du vorhast.
Der Brief trug keine Unterschrift.
Ausgetrickst von einem Kokser. Hobart zerriss die Notiz in kleine Stücke, während er zurück zu seinem Wagen ging, und warf die Fetzen wütend auf den Boden.
Pyon Te.
Vage erinnerte er sich an den Namen. Ein Dorf irgendwo im Südosten Vietnams. Sein Trupp war dorthin geschickt worden gegen Ende der Regenzeit im Jahr – 1969? Es war ein Routineeinsatz gewesen. Die Bewohner sollten zusammengetrieben und befragt werden, da es Gerüchte gab, dass der Vietkong in dieser Gegend aktiv sei. Was war dort geschehen, dass Corey es mehr als zwanzig Jahre später erwähnte?
Es fiel ihm ein, als er den Schlüssel ins Schloss des Mietwagens steckte.
Der Regen war den ganzen Tag über wie ein Sturzbach heruntergeprasselt, wodurch Hobart und seine Truppe das Dorf mehr als zwei Stunden später erreicht hatten und es allmählich dunkel wurde. Sie hatten die Hütten umzingelt und waren langsam durch den Schlamm darauf zugekrochen, Corey wie immer vorneweg. Bis Hobart in der Dorfmitte angekommen war, knieten fast alle der ungefähr zwanzig Einwohner am Rand des angeschwollenen Flusses, der sich am Dorf vorbeischlängelte.
Hobart hatte gerade einen besonders starrköpfigen Bewohner befragt, als er ungefähr fünfzehn Meter südlich eine Bewegung erhaschte. Der Regen hatte so weit nachgelassen, dass er ein Kind von zehn oder elf Jahren erkennen konnte. Wortlos hatte er seine Pistole gehoben und einen einzigen Schuss abgegeben. Die Kugel hatte das Kind direkt ins Ohr getroffen.
Unerklärlicherweise war Corey darüber tief erschüttert gewesen. Eine ganze Weile hatte er in stummer Trauer bei der kleinen Leiche gestanden. Hobart hatte gar keine andere Wahl gesehen. Das Mädchen hätte in weniger als einer Stunde etliche umliegende Dörfer erreichen können, und falls sich in der Gegend tatsächlich Vietkongkämpfer herumtrieben, wäre seine Truppe in Teufels Küche gekommen. Corey hatte das nicht so gesehen.
Keine
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