Mark Beamon 01 - Der Auftrag
perfekter Kandidat für diese Operation.
Nach einigem Suchen entdeckte Hobart endlich die Pinata Verde. Eine Tür gab es nicht; man ging einfach durch ein Loch, das in eine verzinkte Blechwand geschnitten war. Die Kneipe war fast leer. Hier und da saßen an den Tischen ein paar müde Gäste stumm vor leeren Schnapsgläsern. Der Barkeeper auf einem Hocker hinter der Sperrholztheke konzentrierte sich auf eine amerikanische Quizshow mit spanischen Untertiteln und versuchte, rascher zu antworten als die Kandidaten der Sendung.
Niemand beachtete Hobart, der langsam durch den Raum ging und in die einzelnen Nischen schaute. Er schlüpfte in die letzte und betrachtete die Kritzeleien, die in den billigen Holztisch eingeritzt waren. Offenbar hatte sich Corey ein wenig verspätet.
Eine einsame Gestalt an der Bar erwachte zum Leben. Der Mann bestellte zwei Drinks, rutschte unsicher von seinem Hocker und kam auf die Nische zu, in der Hobart saß. Er war eindeutig kein Einheimischer. Sein verfilztes hellbraunes Haar hing ihm bis auf die Schultern und rahmte einen wirren Vollbart ein, und mit seinem Batikhemd, den weiten Shorts und Birkenstocksandalen wirkte er wie ein Relikt aus der Hippiezeit.
Der Mann schlüpfte zu ihm in die Nische, wobei sein umfangreicher Bauch an die Tischkante stieß, und schob Hobart ein volles Schnapsglas zu.
»Hätte dich fast nicht erkannt, John. Du siehst aus wie ein verfluchter Latino.« Reed Corey zündete sich eine Zigarette hinter der gewölbten Hand an, obwohl sich in der Kneipe kein Lüftchen regte. Als die Flamme kurz das Gesicht erhellte, erkannte Hobart seine Augen. Sie waren wässrig und rot gerändert, aber es war tatsächlich sein alter Freund. Wortlos musterte er die fremde Erscheinung seines ehemaligen Armeekameraden, der ruhig seinen Blick erwiderte. »Es ist schön, dich zu sehen, John. Lange her.« Corey fuhr sich schniefend mit dem Handrücken unter der Nase durch.
»Mich freut’s auch, Reed. Du … hast dich verändert.«
Corey lachte und tätschelte seinen runden Bauch. »Tja, ein bisschen zu üppig gelebt.« Er wischte sich erneut die Nase.
Es war eindeutig angebracht, auf Plan B umzuschwenken. Hobart war nach Kolumbien gekommen in der Erwartung, er könne Corey überreden, die Drogen zu vergiften. Mit seiner Ausbildung, seinem Können und seiner Landeskenntnis wäre er der perfekte Kandidat für diesen Einsatz. Doch der Mann, der vor ihm saß, sah aus, als würde es ihm ziemlich schwer fallen, auch nur zwei Treppenstufen hochzusteigen. Er konnte bloß hoffen, dass Corey ihm wenigstens ein paar Informationen geben konnte.
»Also, was treibst du in Bogotá? Und warum diese Aufmachung?« Corey rutschte etwas zur Seite, legte seine Füße auf die Bank und schniefte erneut.
»Ich arbeite an einer kleinen Operation«, erwiderte Hobart zögernd. Seinem alten Freund konnte man nicht mehr länger vertrauen. Coreys Zustand sprach Bände – er war eindeutig drogensüchtig. Das könnte zwar von Vorteil sein, was die nötigen Informationen betraf, aber er bezweifelte, dass er Corey dazu bringen konnte, auch den Mund zu halten. Süchtige vergaßen in ihrer Gier nach Stoff rasch jedes Versprechen und alle Angst.
Im Moment blieb ihm jedoch keine andere Wahl.
»Ich könnte ein paar Auskünfte gebrauchen, und da bist du mir eingefallen.«
»Was für Auskünfte?«
Hobart beugte sich näher zu ihm. »Über Kokainherstellung.«
Corey schaute ihn überrascht an und nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette. »Ich habe gehört, du bist bei der DEA rausgeflogen. Bist du jetzt doch wieder dabei?«
»Nee. Ich arbeite für mich selbst.«
Corey rutschte noch näher und verrenkte den Hals, sodass niemand in der Bar seinen Mund sehen konnte, obwohl in den schäbigen Kneipen Bogotás vermutlich eher selten Lauscher hockten, die von Lippen ablesen konnten.
»Was genau willst du denn wissen?«
»Ich suche nach einer großen Produktionsanlage, die Koks in die USA liefert. Ich muss ihre exakte Lage wissen, wer sie leitet und wo sie die nötigen Chemikalien herkriegen.«
»Welche?«
Hobart zuckte die Schulter. »Spielt eigentlich keine Rolle.«
Corey lachte und lehnte sich wieder zurück. »Was hast du vor?« Er zündete sich an der Kippe seiner Zigarette eine neue an.
»Das ist meine Sache.«
»Auch recht.«
»Ich könnte außerdem eine Pistole gebrauchen, Kaliber 22.«
»Herrgott, John. Sonst noch was? Vielleicht eine verdammte Einladung zu Luis Colombars Geburtstagsparty?«
Hobart
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