Mark Brandis - Bordbuch Delta VII (Weltraumpartisanen) (German Edition)
mißverstanden.
Es war ihm nicht entgangen, daß ein Abhörwagen sich unweit des Hauses postiert hatte und keine Anstalten traf, weiterzufahren. Der Wagen selbst war zwar nicht zu sehen, aber seine Tentakel ragten hinter den Sträuchern hervor. Stroganow mußte auf seine Worte achten.
Mascha schenkte den Tee ein. »Sei jetzt gemütlich, Wanja«, sagte sie – mit einem leisen Vorwurf in der Stimme. »Wir haben uns doch vorgenommen, einen schönen Abend miteinander zu verbringen.« Stroganow kehrte vom Fenster zurück.
»Entschuldige«, sagte er. »Ich bin zerstreut.«
Gehorsam nahm er Platz und trank einen Schluck Tee – und dabei fiel ihm die Lösung ein, die so einfach war, daß er sich wundern mußte, nicht schon früher darauf gekommen zu sein. Er stellte die Tasse hin, stand auf, und unter den vorwurfsvollen Blicken seiner Frau holte er Bleistift und Papier.
»Kannst du deine Arbeiten nicht dann erledigen, wenn andere Menschen das auch tun?« fragte Mascha. »Du hast meinen Kuchen noch gar nicht probiert.«
Stroganow legte seine Hand auf die ihre.
»Mascha, Täubchen«, sagte er, »auf der Venus habe ich ein Kleid gesehen – wie für dich entworfen. Es sieht etwa so aus …
Und mit großen schweren Druckbuchstaben schrieb er auf, was er auf andere Weise nicht mitteilen konnte:
KEIN WORT. WIR WERDEN ÜBERWACHT. MEINEN MORGIGEN ANRUF ABWARTEN. DANN MIT BORIS ZUM GOLFPLATZ NORD KOMMEN. KEIN GEPÄCK. NICHT DARÜBER SPRECHEN.
Er löste den beschriebenen Zettel vom Block, gab ihn seiner Frau zu lesen und steckte ihn dann mit seinem Feuerzeug in Brand.
Mascha sagte: »Das Kleid ist wirklich wundervoll, Wanja.«
Etwa um die gleiche Zeit warf Antoine Ibaka einen verzweifelten Blick auf den Hausmeister, der in seiner Wohnung auf seinem Sessel saß, seine Zigaretten rauchte und seine Cocktails trank. Der Hausmeister hatte sich selbst eingeladen. »Man muß doch die Helden der Nation gebührend begrüßen«, hatte er gesagt – und dachte nicht daran, das Feld zu räumen.
Der Hausmeister machte keinen Hehl aus der Tatsache, daß er ein Anhänger der Reinigenden Flamme war.
»Man hat uns verfolgt und in den Untergrund getrieben«, sagte er, »aber wir sind wieder hervorgekommen, und jetzt sind wir die Herren.« Und er legte die Füße auf den Tisch und fühlte sich wie zu Hause, als er sein Glas hob: »Auf den General, der uns voranmarschiert!«
Es war eine vertrackte, ausweglose Situation, die jede Aussprache mit Lydia unmöglich machte. Die Anwesenheit des Hausmeisters vereitelte jede Verständigung. Andererseits ließ sich der unerwünschte Besucher nicht einfach vor die Tür setzen, denn das würde bedeuten, sich mit den neuen Machthabern anzulegen. Dabei war es unwichtig, ob der Hausmeister aus eigenem Antrieb gekommen war oder einen höheren Auftrag befolgte: Ibaka war sich darüber klar, daß er sich, so wie die Dinge standen, seine Feindschaft nicht leisten konnte.
Lydia kam herein und sagte: »Die Kinder beklagen sich, weil ihr so laut seid!«
Ibaka leerte das Glas, das er noch immer in der Hand hielt, pflichtschuldig auf das Wohl des Generals und stand auf. Es tat ihm leid, Lydia zu verletzen – aber die Zeit lief ihm davon.
»Als ich ein Kind war«, sagte er, »mußte ich Rücksicht nehmen auf die Erwachsenen, nicht umgekehrt.«
»Richtig«, sagte der Hausmeister, »zu viel Rücksicht bei der Erziehung führt zur Verweichlichung!« Anschließend schenkte er sich das Glas voll.
Es kam nicht oft vor, daß Lydia zornig wurde, aber jetzt war sie es – eine zornige schwarze Venus mit funkelnden Augen.
»Ihr seid betrunken«, sagte sie, »alle beide.«
Noch nie in seinem Leben hatte sich Ibaka so nüchtern gefühlt. Die Gelegenheit, Lydia zu verständigen, war gekommen. Sie selbst hatte sie herbeigeführt – und der Hausmeister hatte ihr dabei geholfen.
»Wir sind betrunken«, sagte er, »aber wir sind auch lustig. Und darum werden wir jetzt Musik machen, ob es dir und den Kindern paßt oder nicht.«
»Das werdet ihr nicht!« sagte Lydia.
»Und ob wir das werden!« sagte der Hausmeister. »Sie wissen wohl nicht, was ich jetzt bin? Ich befehle, daß auf der Stelle Musik gemacht wird.«
Ibaka holte aus der Ecke die große alte Buschtrommel hervor und schlug sie prüfend an.
»Damit?« sagte der Hausmeister zweifelnd.
»Damit!« sagte Ibaka. »Sie sollten mal mit nach Afrika kommen. Dort wird noch echte Musik gemacht – anders als hier.«
»Untersteh dich, Antoine!« sagte Lydia. »Du
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