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Mark Brandis - Salomon 76 (Weltraumpartisanen) (German Edition)

Mark Brandis - Salomon 76 (Weltraumpartisanen) (German Edition)

Titel: Mark Brandis - Salomon 76 (Weltraumpartisanen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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knochiger, graubärtiger Mann, den irgendein Astronaut mit dem Spitznamen Frau Venus belegt hatte – gewiß nicht mit der Absicht, daß Björnsen ein Leben lang darunter zu leiden haben würde.
    Aber so war es.
    Der Spitzname blieb an dem Stationsmeister haften.
    Björnsen und ich waren gute alte Bekannte. Ich schätzte seine pedantische Redlichkeit und seinen herzhaften Redefluß.
    »Ich möchte wetten, Commander«, sagte er, »Sie haben wieder mal die Milchstraße gefegt! Ihr Vogel macht einen ziemlich ramponierten Eindruck.«
    »Meteoriten!« klärte ich ihn auf.
    »Und wie macht sich der Vogel sonst? Es heißt, man verspricht sich große Dinge davon. Das ist doch der, den Sie neulich in den Teich gesetzt haben?«
    »Das ist er!« bestätigte ich. »Ich glaube, er fängt an, flügge zu werden.«
    Björnsen sah sich um. Wir waren allein. Niemand konnte uns hören. »Sie wissen wohl noch nicht, Commander, daß man Harris inzwischen verknackt hat?«
    »Nein«, sagte ich.
    Björnsen seufzte. »Eigentlich sollte ich ja kein Mitleid mit ihm haben – bei all dem, was er angestellt hat. Um ein Haar hätte er das ganze VEGA-Programm zunichte gemacht. Aber hol‘s der Teufel: fünfundzwanzig Jahre Uranus, das ist für einen Mann in seinen Jahren das Todesurteil!«
    Einen Atemzug lang fühlte ich mich zurückgeworfen in jene rebellische Stimmung, die mich veranlaßt hatte, zu Villiers zu eilen. Fünfundzwanzig Jahre harter Zwangsarbeit auf dem lebensfeindlichen Uranus!
    Björnsen hatte recht. Für Harris war dies das Todesurteil.
    Die Stimmung hielt nicht an. Ich fand zur rechten Einstellung zurück. »Er wird es verdient haben«, sagte ich. »Wie war das Verfahren?«
    »Öffentlich«, sagte Björnsen. »Harris hat sich geschlagen wie ein Löwe. Aber in fünfzehn Minuten war alles vorbei. Die Beweise waren erdrückend. Grün konnte nicht gegenanstänkern. Nichts als eine Aufzählung alter Verdienste. Damit war kein Blumenpott zu gewinnen. Sind Sie nicht mit ihm befreundet gewesen, Commander?«
    »Das war vor seiner Verhaftung«, antwortete ich – und damit sagte ich mich endgültig von John Harris los. Er war ein verurteilter Verbrecher – ich hingegen ein freier Bürger mit untadeligem Leumund. Es gab nichts mehr, was uns verband.
    Björnsen bekam feuchte Augen. »Hol‘s der Teufel!« sagte er noch mal. »Es ist und bleibt zum Heulen. Ausgerechnet Harris!« Und dabei blickte er hoch zur Hallendecke.
    »Wonach halten Sie Ausschau?« fragte ich amüsiert. Er zuckte mürrisch mit den Achseln. »Eigentlich nach nichts«, sagte er. »Aber seit einiger Zeit habe ich das Gefühl, daß man kein Wort mehr sagen kann, ohne daß wer zuhört.«
    Ich lachte und schlug ihm auf die Schulter. »Sie fangen an, Gespenster zu sehen, Björnsen! Nehmen Sie sich ein paar Wochen Urlaub! Früher oder später beginnt auf der Venus ein jeder zu spinnen.«
    Die Crew zog es vor, die Nacht auf der Station zu verbringen. Ich selbst ließ mir ein Taxi kommen und fuhr ins Hotel. Nachdem ich zu Abend gegessen hatte, trank ich an der Bar noch einen doppelten Whisky – und dabei überkam mich die Müdigkeit.
    In meinem Zimmer angekommen, warf ich die Mütze in eine Ecke, streckte mich angekleidet auf dem Bett aus und schaltete das Fernsehen ein. Hinter mir lagen sechs Wochen der Einsamkeit unter den Sternen. Es war ein rechter Genuß, wie ich mich da durch die Vielzahl der Programme wühlte.
    Plötzlich war ein Gesicht auf der gläsernen Wand, das ich kannte: Henri Villiers.
    Ich begriff nicht gleich, warum dieses kluge und gute Gesicht in rotes Licht getaucht war – und als ich es begriff, flammte auch schon das weiße Licht auf, und die Kamera fuhr zurück und enthüllte die gesamte Szenerie: Henri Villiers, der ehemals mächtige Justiz- und Polizeiminister, der geistige Vater von SALOMON 76, angeschnallt auf dem elektronischen Sessel, eingeschlossen von den nüchternen grauen Wänden der schalldichten Kabine, die sich unter Wahrung alter Tradition Verhandlungssaal nannte.
    Auf einmal war ich entsetzt – und wußte doch, daß es dafür keinen vernünftigen Grund gab. Villiers selbst hatte mich von der Unfehlbarkeit von SALOMON 76 überzeugt. Gewiß hatte er damals noch nicht geahnt, daß er nur anderthalb Monate später selbst als Angeklagter vor Gericht stehen würde.
    Aber sosehr ich auch Verstand und Logik zum Zweck meiner Beruhigung zur Hilfe rief – das Entsetzen ließ sich nicht verscheuchen. Es stieg aus irgendwelchen dunklen Tiefen in mir

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