Mark Bredemeyer
also legte ich mich hin, um besser sehen zu können. Dabei stützte ich das Gewehr auf eine zusammengerollte Decke und konnte nun messerscharf erkennen, was in weiter Entfernung vor mir lag.
Ich hatte mich nicht geirrt! Hellgraue Rauchfahnen am Horizont zeigten mehrere Feuer an.
Was für ein Glück, dass ich diese Ausrüstung zur Verfügung hatte! Mit bloßem Auge war rein gar nichts zu sehen, im Fernrohr zeichneten sich die Rauchsäulen aber deutlich gegen den Himmel ab.
Ich schwenkte das Gewehr ein wenig nach links. Es war sehr schwierig, weitere Details auszumachen, da zahlreiche Hindernisse wie Bäume oder Sträucher im Weg lagen. Für den Bruchteil einer Sekunde meinte ich jedoch, eine Bewegung in einem Gebüsch vernommen zu haben, welches ich beim Absetzen des Gewehrs mit bloßem Auge nicht einmal sehen konnte!
Wie weit mochte das Gesehene entfernt sein?
Ich schätzte, dass es ein bis zwei Kilometer waren.
Nun wurde es also wieder ernst! Patrouillen konnten sich hier überall herumtreiben. Ich brauchte ein gutes Versteck und endlich einen Plan! Ich hatte den ganzen Tag hin und her überlegt, war aber aufgrund des anstrengenden Ritts noch nicht sehr weit gekommen.
Also erst einmal das Versteck!
Ich blickte mich um. Weiter vorne auf der linken Seite gab es wieder eines der vielen kleinen Auenwäldchen, die den Grenzbereich zwischen Flussufer und moorigem Hinterland säumten. Diese Wälder waren aber voller Mücken und hatten sogar jetzt im Sommer einen weichen, fast sumpfigen Boden. Ein längerer Aufenthalt würde hier sicher sehr zermürbend werden.
Anders sah es mit den Dünen aus. Die Sanddünen türmten sich teilweise bis zu zehn Meter auf und boten entsprechend tiefe Mulden und Senken dazwischen. Weder von der Flussseite noch von der Marschseite war es möglich, zwischen die Dünen in die Senken zu schauen. Ein idealer natürlicher Schutz! Auch die zufällige Entdeckung durch eine Patrouille war ausgeschlossen. Niemand würde auf die Idee kommen, freiwillig in dem weichen Sand zu marschieren, wenn keine hundert Meter weiter festerer Boden vorhanden war. Außerdem hätte ich von den Sandhügeln aus einen viel besseren Blick als von einem der Bäume.
Ich zog mein Pferd also ein Stück durch die Dünen, bis ich die ideale Senke gefunden hatte. Sie lag tief zwischen zwei besonders hohen und langen Sandbergen und bot so nach allen Seiten hin ausreichend Sichtschutz und Deckung.
Ich führte mein Pferd in die saftigen Wiesen, um es kurz grasen zu lassen, gab ihm dann genügend Wasser vom Fluss zu trinken und führte es wieder zu unserem Versteck. Erschöpft, aber zumindest gut versorgt legte es sich sogleich in den Schatten der Westdüne.
Ich kletterte erneut den Sandhügel hinauf und suchte das gesamte Gelände – auch am anderen Flussufer – ab. Doch ich gewann keine neuen Erkenntnisse. Patrouillen waren jedenfalls keine in unmittelbarer Nähe. Vermutlich hatten die Römer einige der hohen Bäume an der Hegirowisa als Ausgucke umfunktioniert und verschafften sich von dort aus einen guten Überblick über die Umgebung.
Bange Stunden aufreibenden Wartens lagen nun vor mir. Ich wusste ja nicht einmal, ob Frilike überhaupt noch lebte. Ich musste die Dunkelheit abwarten und würde mich dann zu Fuß auf den Weg machen. Schätzungsweise waren von hier aus noch etwa zwei bis drei Stunden Fußmarsch notwendig, um bis an die Hegirowisa zu kommen.
Aber was dann? Ich war alleine. Wie viele Römer mochten dort lagern? Es war das reinste Höllenkommando, doch ich würde es trotzdem durchziehen. Immerhin hatte ich ein Gewehr mit vierzig Patronen und ein gutes Messer. Ich würde mich mitten in der Nacht hineinschleichen, die Frauen losschneiden und dann jeden über den Haufen schießen, der sich mir in den Weg stellte. Die Verwirrung, die Panik und die Dunkelheit mussten mich dabei unterstützen!
Weiterhin baute ich auf die Angst vor meinen »Zauberkräften« bei den Legionären. Sie würden es nicht wagen, mich wegen einiger chaukischer Frauen zu verfolgen, wenn sie genau wussten, dass ich sie über weite Entfernungen töten konnte. Meine begrenzte Munition war allerdings ein Riesenproblem. Ich würde jeden einzelnen Schuss sehr gut abwägen müssen.
Langsam senkte sich die Dämmerung und schließlich Dunkelheit über das stille, weite Land. Je näher der Zeitpunkt meines Aufbruchs rückte, desto nervöser wurde ich. Von Müdigkeit spürte ich momentan rein gar nichts. Die Anspannung machte es mir beinahe
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